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Eine vollkommen begreif-
liche Angelegenheit

Der Privatier Theobald
Lempel, Mitglied des „Ver-
eins notleidender Kleinrent-
ner", saß im Park auf einer
Bank und sonnte sich, was
er immer gern tut, wenn er
Gelegenheit dazu hat. Ein
gewisser Diogenes liebte es
auch, sich zu sonnen. Dieser
Diogenes besaß sehr wenig,
so gut wie nichts; Theobald
Lempel besitzt zwar mehr,
aber heutzutage ist das auch
so gut wie nichts.

Nach einiger Zeit setzte
sich ein gleichfalls älterer,
aber in gewisscnBeziehungen
vo» Lempel doch recht abstechender Lerr aufdieselbe Bank. Wie
das bei älteren Lerren so geht, die nichts zu tun haben und im
Park auf einer Bank sitzen: die beiden kamen in ein Gespräch,
das aus irgendwelcher Veranlassung schließlich Fragen der
Gesundheit und vernünftigen Lebensweise zum Inhalt halte.
In diesem Zusammenhang nun erzählte der andere Lerr
dem Privatier Lempel das folgende:

Maß zu halten ist die Lauptsache. Es gibt viele gute
Gaben, und man darf von allen genießen, aber nie zu viel
auf einmal. Sonst muß man das in älteren Iahren gleich
spüren, und dann kommt der Arzt mit Verboten, und man
muß sich dies und jenes ganz und gar verkneifen. Deshalb
nehme ich mich zusamm n, Maß zu halten. Sehen Sie, ich
trinke gern morgens guten, siarken Bohnenkaffee. Aber nie
zu viel, — wegen des Lerzens. Nur zwei Tassen, zwei
mitlelgroße Tassen, mit Zucker und einem gehörigen Schuß
Milch. Dazu esse ich zwei Semmeln, die eine mit Butter,
aber tüchtig, denn Butter ist das am leichtesten verdauliche
Fett, die andere mit Lonig, nalürlich Bienenhonig. Zu
der Buttersemmel esse ich übrigens zwei weichgekochte Eier.

Dann gestatte ich mir eine
Zigarre, — nur eine einzige,
aber dafür muß sie gut sein,
mal eine slpmann, mal eine
Bock, mal eine Lenry Clay,
denn Abwechslung muß man
haben.

Bis zum Mittagesscn
genieße ich dann nichts. Ein
zweites Frühstück wäre ja
sehr nett, — aber nein, lieber
Maß gehaltenl Nur damit
der Magen nicht zu sehr
knurrt, nehme ich ein paar
Zwieback mit einem Gläschen
Rotwein. Deshalb darf ich
dann auch mit gutem Ge-
wissen beim Mittagessen ein
bißchen einhauen. Wissen
Sie: ich halte darauf, stets
mit einer klarcn Fleischbrühe zu beginnen, — sie regt den
Magen an, und dann verdaut er besser. Aber Gehalt muß
die Suppe haben, — ich laffe aus einem halben Pfund
Rindfleisch nur eine Tasse kochen. Dann Gemüse mit einem
Kalbsschnitzelchen oder einen guten Fisch oder Luhn mit
Neis oder sonst ein nettes, aber natürlich knapp gehaltenes
Zwischengericht. Vom Braten darf es dann schon etwas
mehr sein, zwei oder drei ordentliche Scheiben, oder wenn
es eine Gans ist — gestern hatte ich eine —, die Brust und
noch ein Keulchen dazu. Man muß nur die Vorsicht be-
obachten, nicht zu viel dabei zu trinken, — nur ein paar
Gläschen leichten Mosel oder Nheinwein. And wenn es
hinterher noch einen fetten Pudding gibt, — nur ein
Scheibchenl Lieber dann gleich, um nicht weiter in Ver-
suchung zu tommen, ein Zigarrchen nehmen. Ia, aber dann
kommt der Nachmittagskaffee, und da lasse ich mich allerdings
manchmal doch verführen. Ich esse dann nämlich gern
Kuchen, — so ein Stückchen Marzipantorte oder Baum-
kuchen, und da höre ich manchmal nicht früh genug auf.
Aber dafür bin ich beim Abendessen ganz mäßig. Nur
eine kalte Platte gibt 's — ein paar Scheibchen
westfälischen Schinken, ein bißchen Lachs und
so was. Ia, und dann raucht man natürlich
am Abend. Nun, vier oder fünf Zigarren,
wenn sie nur gut sind, darf man sich schließlich
erlauben, wenn man nachher das Nikotin durch
etwas frisches Obst neutralisiert, zwei Aepfel-

chen oder ein paar Pfirsiche oder-

Au! Au weh! Ia, was fällt Ihnen denn ein!
Zum Donnerwetter, — au, au weh!"

Nechtsanwalt Dr. Zange, der den Pnva-
tier Theobald Lempel nächstens in einer Srr-.ü-
sache wegen — allerdings nicht grade erbei
licher — Körperverletzung zu verteidigen ha,
beabsichtigt, die obigen Ausführungen des er
deren Lerrn wörtlich in sein Plaidoyer auf
zunehmen. Er hofft, damit die völligr Fre>-
sprechung seines Klienten zu erzielen.

Viel verlangt

Fräulein: „Aeber Ihre siebzig Iahre nnd di
weißen Laare würde ich mich hinwegssr :n
aber bin ich denn o .ch Ihre erste Liebe?"

Die Seltenheit - „Eine ganz außergewöhnliche Narität, gnädigeFrau."
— „Aber doch gar zu ausgefallen; das kann man stch doch eigentlich nicht
hinstellen." — „O bitte, — hunderte Stück hab' ich schon davon verkauft."
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Der Flegel — „A Dreschmaschin war ja scho praktisch,
aber a bißl a Vorübung sür die Kirweih is halt a notwendi."
 
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