Der Kragenknopf Don Artur Wugner
Wenn man sich an toten Gegenständen rächen kann, so
habe ich mich furchtbar an ihm gerächt. Doch davon später,
erst will ich seine Schandtaten erzählen. Sonst könnte ich
in den Verdacht der Roheit kommen.
Er hat mir surchtbar mitgespielt. Zuerst war er ein
treuer Beamter lange Zeit, er war zu jedem Dienst bereit,
er glänzte immer freundlich über das ganze Gesicht, er kat
widerspruchslos seine Pflicht.
Dann kam eine Zeit, wo er mit Vorliebe und mit spitz-
bübischer Niedertracht alle Löcher in Äemden und Kragen
vermied und sich in endlosen Spiralen und Kurve» auf dem
Fußboden erging, Fing ich ihn dann wieder ein, so setzte
er seinen Dickkopf auf und spielte mir gemeine Streiche.
Ich ging beispielsweise ins Theater, er ließ mich ruhig
hinein und tat einen halben Akt lang kunstverständig und
manierlich. Dann quietschte er nach allen zehn Worten laut
und schauerlich, wie man es von einem Kragenknopf nicht
für möglich halten sollte.
„Können Sie Ihren Äund nicht an der Garderobe ab-
geben?" fragte eine Dame neben mir. Ein Äerr aber holte
den Logenschließer. „Dieser Lerr hat einen entsetzlichen
Magenkatarrh I" sagte er. In diesem Augenblick kreifchte
mein Kragenknopf förmlich.
Der Logenschließer machte Augen wie Billardbälle.
„Sie haben wohl englische Doggen in der Westentasche?"'
fragte er. „Kommen Sie mit zur Direktionl"
So trieb er es eine Zeitlang, dann aber besann er stch
und würde plötzlich wieder lammfromm. Ich verzieh ihm
und schenkte ihm wieder volles Vertrauen.
KennenSieFräulein EllinorPummerer? Nicht? Das
ist schade. Sie ist ein so reizendes Geschöpfl Aber ihre
Mutter, die Emerentia, haben Sie sicher gekannt, das war
die bekannte Marktfrau. Davon lätzt sich aber Ellinor nichts
merken. Ich ging bei Pummerers aus und ein und wäre
jetzt sicher längst der Gatte der reizenden Ellinor. wenn nicht -
Ich stand in einem Blumenladen, um ein Bukett zu
kaufen, natllrlich für Ellinor. Ich hatte einen feierlichen
Lut und eine feierliche Miene aufgesetzt, und einen hohen
Kragen angezogen, denn heute sollte das entscheidende Wort
gesprochen werden. Beim Bezahlen fiel mir ein Markschein
hin und, höflich wie ich bin, bückte ich mich danach.
Ein Ruck, ein mir wohlbekanntes Rollen: der Kragenknopf
ist geplatzt. Ich war dem Weinen nahe, doch der Verkäufer
tröstete mich, er verstehe sich auf so was. Er suchte die beiden
Teile zusammen und verband sie mit Vlumendraht. Es
ging. Ich gab ihm 5 Mark Trinkgeld. Zwar wagte ich
nicht seitwärts zu schauen, aber ich war doch selig und klin-
gelle bei Pummerers.
Ellinor sagte beim Empsang: „Sie haben wohl heute
einen steifen Lals?" Das machte mich etwas verlegen, ich
suchte meinen Kopf frei und ungezwungen zu bewegen, aber
der Blumendraht hatte sich gelöst und machte sich an meiner
Gurgel zu schaffen. Ich mußte mir öfter als mir lieb war.
mit dem Finger hinter den Kragen fahren.
Poesie und Prosa — "Db die beiden den wohl erwischen?"
— „Wenn das eine Filmaufnahme ist — bestimmt,
wenn es ein wirklicher Dreb ist — bestimmt nicht!"
I5l
Wenn man sich an toten Gegenständen rächen kann, so
habe ich mich furchtbar an ihm gerächt. Doch davon später,
erst will ich seine Schandtaten erzählen. Sonst könnte ich
in den Verdacht der Roheit kommen.
Er hat mir surchtbar mitgespielt. Zuerst war er ein
treuer Beamter lange Zeit, er war zu jedem Dienst bereit,
er glänzte immer freundlich über das ganze Gesicht, er kat
widerspruchslos seine Pflicht.
Dann kam eine Zeit, wo er mit Vorliebe und mit spitz-
bübischer Niedertracht alle Löcher in Äemden und Kragen
vermied und sich in endlosen Spiralen und Kurve» auf dem
Fußboden erging, Fing ich ihn dann wieder ein, so setzte
er seinen Dickkopf auf und spielte mir gemeine Streiche.
Ich ging beispielsweise ins Theater, er ließ mich ruhig
hinein und tat einen halben Akt lang kunstverständig und
manierlich. Dann quietschte er nach allen zehn Worten laut
und schauerlich, wie man es von einem Kragenknopf nicht
für möglich halten sollte.
„Können Sie Ihren Äund nicht an der Garderobe ab-
geben?" fragte eine Dame neben mir. Ein Äerr aber holte
den Logenschließer. „Dieser Lerr hat einen entsetzlichen
Magenkatarrh I" sagte er. In diesem Augenblick kreifchte
mein Kragenknopf förmlich.
Der Logenschließer machte Augen wie Billardbälle.
„Sie haben wohl englische Doggen in der Westentasche?"'
fragte er. „Kommen Sie mit zur Direktionl"
So trieb er es eine Zeitlang, dann aber besann er stch
und würde plötzlich wieder lammfromm. Ich verzieh ihm
und schenkte ihm wieder volles Vertrauen.
KennenSieFräulein EllinorPummerer? Nicht? Das
ist schade. Sie ist ein so reizendes Geschöpfl Aber ihre
Mutter, die Emerentia, haben Sie sicher gekannt, das war
die bekannte Marktfrau. Davon lätzt sich aber Ellinor nichts
merken. Ich ging bei Pummerers aus und ein und wäre
jetzt sicher längst der Gatte der reizenden Ellinor. wenn nicht -
Ich stand in einem Blumenladen, um ein Bukett zu
kaufen, natllrlich für Ellinor. Ich hatte einen feierlichen
Lut und eine feierliche Miene aufgesetzt, und einen hohen
Kragen angezogen, denn heute sollte das entscheidende Wort
gesprochen werden. Beim Bezahlen fiel mir ein Markschein
hin und, höflich wie ich bin, bückte ich mich danach.
Ein Ruck, ein mir wohlbekanntes Rollen: der Kragenknopf
ist geplatzt. Ich war dem Weinen nahe, doch der Verkäufer
tröstete mich, er verstehe sich auf so was. Er suchte die beiden
Teile zusammen und verband sie mit Vlumendraht. Es
ging. Ich gab ihm 5 Mark Trinkgeld. Zwar wagte ich
nicht seitwärts zu schauen, aber ich war doch selig und klin-
gelle bei Pummerers.
Ellinor sagte beim Empsang: „Sie haben wohl heute
einen steifen Lals?" Das machte mich etwas verlegen, ich
suchte meinen Kopf frei und ungezwungen zu bewegen, aber
der Blumendraht hatte sich gelöst und machte sich an meiner
Gurgel zu schaffen. Ich mußte mir öfter als mir lieb war.
mit dem Finger hinter den Kragen fahren.
Poesie und Prosa — "Db die beiden den wohl erwischen?"
— „Wenn das eine Filmaufnahme ist — bestimmt,
wenn es ein wirklicher Dreb ist — bestimmt nicht!"
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