I
LeHte ^offnung — „Meine Damen, ich will mit Ihnen noch einen Ausverkauf älterer Lagerbestände
veranstalten, wenn ich Sie dann noch nicht unter die Laube bringe, geb ich's auf."
Angeln
nur eine Droschke hielt in gemessener Entfernung. Schon
der erste Versuch meiner Frau brachte unerwartete Beute,
ein Lampion hing an der Angel. Ietzt packte auch mich das
Iagdfieber, und mit kühnem Schwunge entsandte ich die frisch-
beköderte Angel in das Dunkel der Nacht. Diesmal biß der
Zylinder eines vorübergehenden Lerrn an, der darob in un-
begründete Aufregung geriet und nur schwer zu bestimmen
war, von einer Anzeige Abftand zu nehmen. Mit vierzig
Mark Schadenersatz erklärte er sich schließlich zufrieden. Dafür
ließ er uns den Zylinder, den wir zu dem Lampion in den
Fangeimer legten.
Meine Frau wollte ängstlich nach Lause, aber ich war
nicht zu halten. Ein Schwung, ein elegantes Pfeifen, und
surrend saufte die Angel dahin. Diesmal wartete ich ge-
duldig. Es dauerte lange, bis es tuckte, dann holte ich mit
der sachlichen Ruhe eines alten Anglers die Schnur ein.
Diesmal hatten wir bestimmt etwas richtiges, und mit
Spannung hingen unsere Augen an dem Brückengeländer,
wo sich jeden Augenblick ein Lecht oder so etwas zeigen
konnte. Aber solange ich auch kurbelte, nichts dergleichen
geschah, die Schnur war aber auch unheimlich lang!
Ich war sicher, daß wir etwas schönes nach Lause ge-
bracht hätten, wenn sich nicht in dieiem Augenblick die ver-
maledeite Kutsche in Bewegung gesetzt hätte. Da war also
keine Zeit zu verlieren, wollten wir nicht noch einmal ertappt
werden. „Komm, komm," drängte meine Frau. Ich ließ die
Leine baumeln und eilte mit ihr davon, denn die Droschke
war schon ziemlich nahe.
46
Wir gingen langsam, wie unabsichtlich davon, mir tat
es um unseren Fang leid. Meine Frau, die den Fangeimer
trug, blieb plötzlich stehen. „Die Droschke!" sagte sie. Wirk-
lich, die Droschke verfolgte uns. Zweifellos, der Kutscher
hatte uns beobachtet und fuhr uns nach. Mit energischem
Nuck die Angelrute schulternd, setzte ich mich in Trab, mit
einem Satz verfiel aber auch der Droschkengaul in schnelleres
Tempo und zackelte hinter uns her. Wir machten die Probe
und verfleckten uns hinter einem Baum, zwei Bäume ent-
fernt stand das Fuhrwerk wie eine Mauer.
„Teilen wir uns I" schrie ich und nahm kurzen, aber innigen
Abschied von meiner Frau, und im nächsten Augenblick rannten
wir beide im rechten Winkel auseinander. Der satanijche Kut-
scher schien einen Moment zu schwanken, wohin er sich wenden
sollte, dann aber ließ er seinen Gaul eine energische Rechts-
wendung ausführen und polterte in meinem Kielwasser dahin.
Ich wählte die dunkelsten Straßen und lief im Zickzack,
ohne ihn los zu werden. Schon war ich erschöpft, als ich
den schlanken Mast einer Bogenlampe bemerkte und flink
an ihm hinaufkletterte, die Angel ruhte immer noch über
der Schulter. Entsetzen erfaßte mich, als auch der Gaul
Miene machte, an der Laterne hinaufzuklettern. Ich machte
es mir in einer Arabeske am obersten Endchen so bequem
als möglich und verharrte in dieser nngewöhnlichen Lage
bis zum Morgengrauen. Als die ersten Strahlen der Sonne
kamen, sah ich, daß ich das Droschkenpferd geangelt hatte.
Ein Kutscher war nicht zu sehen.
In der Ferne tauchte ein Schutzmann auf, und ich glitt
vom Maste herab. Nachdem meine Frau beruhigt war, ge-
LeHte ^offnung — „Meine Damen, ich will mit Ihnen noch einen Ausverkauf älterer Lagerbestände
veranstalten, wenn ich Sie dann noch nicht unter die Laube bringe, geb ich's auf."
Angeln
nur eine Droschke hielt in gemessener Entfernung. Schon
der erste Versuch meiner Frau brachte unerwartete Beute,
ein Lampion hing an der Angel. Ietzt packte auch mich das
Iagdfieber, und mit kühnem Schwunge entsandte ich die frisch-
beköderte Angel in das Dunkel der Nacht. Diesmal biß der
Zylinder eines vorübergehenden Lerrn an, der darob in un-
begründete Aufregung geriet und nur schwer zu bestimmen
war, von einer Anzeige Abftand zu nehmen. Mit vierzig
Mark Schadenersatz erklärte er sich schließlich zufrieden. Dafür
ließ er uns den Zylinder, den wir zu dem Lampion in den
Fangeimer legten.
Meine Frau wollte ängstlich nach Lause, aber ich war
nicht zu halten. Ein Schwung, ein elegantes Pfeifen, und
surrend saufte die Angel dahin. Diesmal wartete ich ge-
duldig. Es dauerte lange, bis es tuckte, dann holte ich mit
der sachlichen Ruhe eines alten Anglers die Schnur ein.
Diesmal hatten wir bestimmt etwas richtiges, und mit
Spannung hingen unsere Augen an dem Brückengeländer,
wo sich jeden Augenblick ein Lecht oder so etwas zeigen
konnte. Aber solange ich auch kurbelte, nichts dergleichen
geschah, die Schnur war aber auch unheimlich lang!
Ich war sicher, daß wir etwas schönes nach Lause ge-
bracht hätten, wenn sich nicht in dieiem Augenblick die ver-
maledeite Kutsche in Bewegung gesetzt hätte. Da war also
keine Zeit zu verlieren, wollten wir nicht noch einmal ertappt
werden. „Komm, komm," drängte meine Frau. Ich ließ die
Leine baumeln und eilte mit ihr davon, denn die Droschke
war schon ziemlich nahe.
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Wir gingen langsam, wie unabsichtlich davon, mir tat
es um unseren Fang leid. Meine Frau, die den Fangeimer
trug, blieb plötzlich stehen. „Die Droschke!" sagte sie. Wirk-
lich, die Droschke verfolgte uns. Zweifellos, der Kutscher
hatte uns beobachtet und fuhr uns nach. Mit energischem
Nuck die Angelrute schulternd, setzte ich mich in Trab, mit
einem Satz verfiel aber auch der Droschkengaul in schnelleres
Tempo und zackelte hinter uns her. Wir machten die Probe
und verfleckten uns hinter einem Baum, zwei Bäume ent-
fernt stand das Fuhrwerk wie eine Mauer.
„Teilen wir uns I" schrie ich und nahm kurzen, aber innigen
Abschied von meiner Frau, und im nächsten Augenblick rannten
wir beide im rechten Winkel auseinander. Der satanijche Kut-
scher schien einen Moment zu schwanken, wohin er sich wenden
sollte, dann aber ließ er seinen Gaul eine energische Rechts-
wendung ausführen und polterte in meinem Kielwasser dahin.
Ich wählte die dunkelsten Straßen und lief im Zickzack,
ohne ihn los zu werden. Schon war ich erschöpft, als ich
den schlanken Mast einer Bogenlampe bemerkte und flink
an ihm hinaufkletterte, die Angel ruhte immer noch über
der Schulter. Entsetzen erfaßte mich, als auch der Gaul
Miene machte, an der Laterne hinaufzuklettern. Ich machte
es mir in einer Arabeske am obersten Endchen so bequem
als möglich und verharrte in dieser nngewöhnlichen Lage
bis zum Morgengrauen. Als die ersten Strahlen der Sonne
kamen, sah ich, daß ich das Droschkenpferd geangelt hatte.
Ein Kutscher war nicht zu sehen.
In der Ferne tauchte ein Schutzmann auf, und ich glitt
vom Maste herab. Nachdem meine Frau beruhigt war, ge-