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Glyzerin.Heliurnsäure Von Alfred Manns

Zn San Diego. Kalifornien. tvohnte der'Psycho-Mediko-
Physikprofeffor Fullmouth Lieliler. Im Volksmund hieß
er die „Erfindungsmitrailleuse." Ganz stark übertrieben war
das nicht.

Aber nun waren volle drei Tage seit den letzten beiden
Erfindungen verflossen, einem Fliegenfänger durch Mufik
und einem Rezept, wie man aus altem Stockfisch erstklassigen
Sekt bereitet.

Die Beamten des Patentamtes wurden unruhig, sie
wußten, es stand etwas ganz Großes bevor, und sie täuschten
sich nicht.

Lieliker hatte feftgestellt, daß die Stinkdrüsen beim Opos-
sum dieselbe Physiologische Zusammensetzung haben, wie die-
jenige Gehirnmaterie, die phrenologisch beim Menschen den
Naum für Wahrheitsliebe ausfüllt.

Aber nicht genug an dieser theoretischen Wiffenschaft,
Lieliker verlieh ihr eine praktische Bedeutung von ungeheurer
Größe, die das Menschengeschlecht um ein Äaar der Ver-
nichtung preisgegeben hätte.

Der Prosessor nämlich extrahierte dem Drüseninhalt
des Oposiums die Glyzerin-Leliumsäure und brachte das
Produkt auf die Membrane seines Funksenders unrer Ein-
schaltung des l^-Stroms. And alsbald wurde jeder mensch-
liche Empfängerapparat — in diesem Falle die Gehirnfalte
mit der Wahrheitsliebe — mit Glyzerin-Leliumsäure voll-
kommen gesättigt.

Morgens früh um 6 Ahr begann Lieliker zu senden.
Am Abend waren seine ausgedehnten Laboratorien, Tier-
parks und Speicher von der rasenden Volksmenge ausge-
brannt, und Fullmouth Lieliker lag tot unter den Trümmern.
Man hatte ihn gezwungen, den noch undestillierten Drüsen-
saft von 2000 Opossums, den er bereit hielt, auszutrinken-
Das konnte er nicht vertragen.

DieEntwicklung hatte aber folgenden Verlausgenommen.
Als um 7 Ahr der Milchhändler Froggy Ioe den Kunden
die Milch brachte, sagte er jedem einzelnen, daß er, der
Käufer, ein Esel sei, wenn er von ihm, Froggy Ioe, die
Milch nähme, die grundsätzlich fünfzig Prozent Wasser
enthielt.

Der erste Kunde lachte, die nächsten aber glaubten Ioe,
und Iimmy Pigtail gab ihm einen saftigen Kick an den
Kopf, dann folgten die anderen.

Als es Ioe endlich geglückt war, zu entwischen, brüllte
ihm Iimmy noch ein derbes Schimpfwort nach; plötzlich
fuhr er sich mit der Äand auf den Kopf, wie suchend fingerte

Oskar — ich bin bei dir l"

— „2a — nicht wahr — das fürchte ich auch."

er daran herum, dann begann er sich zu kratzen, als ob etwas
an ihm säße, was nicht beliebt war. Weit riß er die Augen
auf und wandte sich zum Publikum:

„Ein Schuft ist dieser Milchpantscher, aber eigentlich
hat er Recht, große Leuochsen seid ihr, daß ihr nicht ge-
merkt habt, wie das Mehl, was ihr bei mir kauft, seit Iahren
ein drittel Schwerspath enthält."

Während das Volk nunmehr über Iimmy herfiel, ftan-
den die beiden intimen Freundinnen Mrs. Paw und Mrs.
Poo beieinander und unterhielten sich. In dieser Beschäf-
tigung ließen sie sich zwischen 7 und 8 morgens weder durch
Wolkenbruch, Blizzard noch Äauszusammensturz stören, es
ging um wichtiges : um den lieben Nächsten — „Vou know —

Leute nahm Frau Paw, ohne den Schlachlen um Ioe
und Iimmy die geringste Beachtung zu schenken, Frau Poo
vertraulich beiseite. „Äören Sie, meine Liebe, Sie glauben
garnicht, wie ich Sie gestern, als ich zufällig mit Frau Pee
zusammenkam, wie ich Sie da durch den Dreck gezogen habe.
Ich gebe zu, daß es meistens gemeine Lügen waren, und
deshalb ist es mir ein wirkliches Lerzensbedürfnis, Ihnen
das mitzuteilen, weil wir doch schon vertrauensvoll jahre-
lang-".

Lier schwieg Frau Emma Paw, was daher kam, daß
sich in diesem Augenblick ihre falschen Zähne erst in den
Länden und dann unter den Füßen von Frau Poo be-
fanden, worauf Frau Paw strähnenweise mit der Perrllcke
von Frau Poo Vielliebchen spielte.

„So eine gemeine Person," kreischte letztere, „so eine
Falschheit von Ihnen, wo ich immer Ihre aufrichtige Freun-
din war, wenn ich Sie auch bei unseren Bekannten derbe
herunterriß-das dürfen Sie glauben-."

Aeberall in der Stadt spielten sich ähnliche haar-
sträubende Szenen ab, in den Straßen sowohl wie in den
Läusern.

Al Potstoke umarmte sein holdes Bräutchen Pussy Pee

und siüsterte ihr zärtlich int Ohr: „Glaubfi du, dumme Gant,

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