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Die große PleiLe

Kunde: „Nun, was werd ich für mein Wertpapier be-
kommen?"

Bankier: „Den Papierwert!"

Ein heimtückischer Hund

Neulich hat mir Spillinger — er hatte ein bißchen ge-
trunken, und sein Äerz floß über — ein kleines Geheimnis
verraten. „Also ganz unter uns gesagt: ich bin verlobt.

Oder wenigstens beinahe, sozusagen noch sreibleibend-

von seiten meiner noch nicht ganz entschlossenen Braut näm-
lich. Leider, leider. Sehr nettes Mädchen, auch Geld da,
Aussteuer, Wohnung usw., — alles, was 'n vernünftiger
Mensch sich heutzutage wllnschen kann. Bloß eine einzige
eigensinnige Idee hat das Mädel. Sie schwört nämlich auf
Landschriftendeutung. Alles andere kann trügen, sagt sie,
bloß die Landschrift nicht. Äandschrift ist Spiegel der Seele,
Enthüllung des Charakters bis in seine geheimsten Falten
und alles so 'n Mumpitz. Sie kennt da auch eine Grapho-
login, die ganz verblüffende Arteile abgeben soll. Einfach
baff soll man sein. Schön, — da hab' ich ihr eine längere
Landschrifkprobe geben müssen, und von dem Ausfall wird
sie ihr definitives Iawort abhängig machen. Blödsinnig,
was? Zum Glück hat sie noch nie was Landschriftliches von
mir gekriegt. Wiffen Sie: ich hab' mir nämlich srüher mal
meine Landschrift deuten lassen. Aus Iux, verstehen Sie.
Mir sind damals Dinge gesagt worden, die mich einiger-
maßen peinlich hätten berühren müssen, wenn ich die qanze

Sache nicht sür Llnsinn hielte. Aber natürlich hab' ich —
den Deibel auch — mich jetzt gehütet, meiner noch nicht
ganz entschlossenen Braut von mir was Schrifiliches zu
geben. Laha — wissen Sie, was ich gemacht habe? Ich
hab' mir von Bemperlein ein Gedicht abschreiben lassen.
Sie kennen doch Äugo Bemperlein. Eine Seele von Mensch,
nicht wahr? Ein offener, lauterer Charakter, herzensgut,

aufopserungsvoll, dabei gescheit, tüchtig-na, kurzum

ein prima Individuum. Meine^noch nicht ganz entschlossene
Braut wird jedenfalls ein erstklassigcs Zeugnis erhalien;
sie wird entzückt sein, sie wird mit beiden Länden nach mir
greifen, die Sache wird persekt werden. Passen Sie auf:
demnächst kann ich Zhnen meine Verlobungsanzeige schicken."

5deute habe ich Spillinger wieder getroffen. Er trug
den rechten Arm in einer Schlinge hochgebunden und sah
auch sonst etwas mitgenommen aus. „Was ich da habe?
Das Landgelenk hab' ich mir verstaucht. Eklig kann ich
Zhnen sagen. Wie ich dazu gekommen bin? Ich habe Bem-
perlein verhauen, ganz furchtbar verhauen. Meine noch nicht
ganz entschlossen gewesene Braut hat mir nämlich abge-
schrieben. Sie können sich gar nicht denken, was für ein
ekelhafter Absagebries das gewesen ift. Die Deutung meiner
Äandschrift, schreibt sie, hätte ein die allerschlimmsten Vor°
stellungen weit überfteigendes Nesultat ergeben. Na, was
sagen Sie dazu? Da bin ich vor Wut Bemperlein sofort
aus die Bude gerückt. Aber hälten Sie so was von dem
Kerl gedacht? Das muß ja ein ganz verkrochener Charakter
sein, ein ganz heimtückischer Lund!" Perer Robmson

.Laben Sie meinen Gedichtband ,Dunkle Quellen' gelesen
Fa, aber ich habe bei den meisten die Quellen sofort erkannt.

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