Meine Frau kocht Bohnen
jedoch, wie ein Versuch ergab, wesentlich schwieriger zer-
treten.
Still trat tch abseits und verbrannte das Kochbuch.
Meine Frau flüchtete wieder zur Lausmeisterin und
kam strahlenden Antlitzes mit der Meldung zurück, man
müffe doppeltkohlensaures Natron in die Bohnen tun, dann
würden sie sofort weich.
Ich rannte zur Drogerie und holte für 50 Pfg. Natron.
Meine Frau goß den Inhalt der Tüte in den Topf und
fiel im nächsten Moment in Ohnmacht. Ein dumpfes Brausen
wie das des Ozeans bei Windstärke 9 setzte ein, schwoll
jählings an, gelber Schaum spritzte aus dem Topf, sämt-
liche Bohnen flogen explosionsartig in der Küche herum und
zertrümmerten sämtliche Glassachen, der Lerd erbebte in
seinen Grundfesten — —
Mein schmerzender, bohnenüberlrommelter Schädel be-
griff sprunghaft den fymbolischen Inhalt der Worte: „Erd-
bebenherd" und „blaue Bohnen", während meine zitternden
Lände sich um meine ohnmächtige Frau bemühten. Sie er-
wachte bald und sah verstört um sich. „Last du Brausepulver
in die Suppe getan?" fragte ich hastig. „Nein," stöhnte ste
matt, „ich habe alles ganz ordnungsgemäß gemacht — ich
habe sogar, weil die Bohnen doch süß-sauer werden sollten,
ein Pfund Zucker und eine Flasche Weinessig hineinge'
geben-"
Ich schwieg erschüttert und begriff. Leilige Chemie l Wir
hatten Bohnenselterwaffer fabriziert...
Zwei Stunden lang beschäftigten wir uns damit, die fünf
Pfund Bohnen aus den Ecken, unter den Schränken, hinter
den Glastrümmern hervorzusuchen. Denn unser Ehrgeiz
war geweckt. Die Bohnen sollten kochen, bis fie windelweich
wurden. Es ging um den Sieg menschlicher Energie über
die Tücke des Objekts. Wir stellten den Topf wieder aufs
Feuer und gingen ins Gasthaus, um zu essen.
Als wir zurückkamen, bemerkten wir, daß es erstens im
ganzen Lause fürchterlich stank, und daß zweitens unsere
Wohnungstüre erbrochen war. Ahnungsvoll rannten wir in
die Küche, wobei der Gestank mit jedem Schritte zunahm.
Am des Gaslichts gesell'ge Flamme sammelten sich die Laus-
bewohner. Aber sie zeigten sich ungesellig, als ich bestürzt
fragte, ob es denn brenne. Iawohl, eröffneten sie uns
brutal, unsere Bohnen hätten gebrannt, und das ganze
sei eine-na ja. Lier versagt die Schriftsprache. Ich
warf die rücksichtslose Gesellschaft hinaus. Die Laushäl-
terin erklärte noch unter der Tür, Suppen müßten über
kleinem Feuer kochen, und sie werde sich ans Wohnungsamt
wenden.
Ich sah in den Topf. Aeber einer steinharten, ziegel-
gelben Maffe ftand etwas Wasser. Darin schwammen drei
Bohnen, die nicht verbrannt, aber auch steinhart waren.-
So. Ich habe diese Geschichte trotz stärksten inneren
Widerstrebens geschrieben, weil ich hoffe, durch sie eventuell
Geld in die Finger zu bekommen. Denn wir haben vier
Wochen lang im Lotel gegessen, und das koftet Geld. Wir muß-
ten aber im Lotel effen, weil unsere Bohnen seit vier Wochen
über kleinem Feuer kochen. And man will mich pfänden,
weil ich die wolkenkratzerhaft hohe Gasrechnung nicht be-
zahlen kann.
Mit der inzwijchen platinstahlhart gewordenen Bohnen-
ziegelsteinplatte hoffe ich jedoch ein gelegentlich der Explo-
sion entstandenes Loch im Lerd ausbessern zu können.
InS6rLt6LLQI1LiuU6: Kuüolk Nosse, ^uuouo6u-^x^6(1itiou.
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jedoch, wie ein Versuch ergab, wesentlich schwieriger zer-
treten.
Still trat tch abseits und verbrannte das Kochbuch.
Meine Frau flüchtete wieder zur Lausmeisterin und
kam strahlenden Antlitzes mit der Meldung zurück, man
müffe doppeltkohlensaures Natron in die Bohnen tun, dann
würden sie sofort weich.
Ich rannte zur Drogerie und holte für 50 Pfg. Natron.
Meine Frau goß den Inhalt der Tüte in den Topf und
fiel im nächsten Moment in Ohnmacht. Ein dumpfes Brausen
wie das des Ozeans bei Windstärke 9 setzte ein, schwoll
jählings an, gelber Schaum spritzte aus dem Topf, sämt-
liche Bohnen flogen explosionsartig in der Küche herum und
zertrümmerten sämtliche Glassachen, der Lerd erbebte in
seinen Grundfesten — —
Mein schmerzender, bohnenüberlrommelter Schädel be-
griff sprunghaft den fymbolischen Inhalt der Worte: „Erd-
bebenherd" und „blaue Bohnen", während meine zitternden
Lände sich um meine ohnmächtige Frau bemühten. Sie er-
wachte bald und sah verstört um sich. „Last du Brausepulver
in die Suppe getan?" fragte ich hastig. „Nein," stöhnte ste
matt, „ich habe alles ganz ordnungsgemäß gemacht — ich
habe sogar, weil die Bohnen doch süß-sauer werden sollten,
ein Pfund Zucker und eine Flasche Weinessig hineinge'
geben-"
Ich schwieg erschüttert und begriff. Leilige Chemie l Wir
hatten Bohnenselterwaffer fabriziert...
Zwei Stunden lang beschäftigten wir uns damit, die fünf
Pfund Bohnen aus den Ecken, unter den Schränken, hinter
den Glastrümmern hervorzusuchen. Denn unser Ehrgeiz
war geweckt. Die Bohnen sollten kochen, bis fie windelweich
wurden. Es ging um den Sieg menschlicher Energie über
die Tücke des Objekts. Wir stellten den Topf wieder aufs
Feuer und gingen ins Gasthaus, um zu essen.
Als wir zurückkamen, bemerkten wir, daß es erstens im
ganzen Lause fürchterlich stank, und daß zweitens unsere
Wohnungstüre erbrochen war. Ahnungsvoll rannten wir in
die Küche, wobei der Gestank mit jedem Schritte zunahm.
Am des Gaslichts gesell'ge Flamme sammelten sich die Laus-
bewohner. Aber sie zeigten sich ungesellig, als ich bestürzt
fragte, ob es denn brenne. Iawohl, eröffneten sie uns
brutal, unsere Bohnen hätten gebrannt, und das ganze
sei eine-na ja. Lier versagt die Schriftsprache. Ich
warf die rücksichtslose Gesellschaft hinaus. Die Laushäl-
terin erklärte noch unter der Tür, Suppen müßten über
kleinem Feuer kochen, und sie werde sich ans Wohnungsamt
wenden.
Ich sah in den Topf. Aeber einer steinharten, ziegel-
gelben Maffe ftand etwas Wasser. Darin schwammen drei
Bohnen, die nicht verbrannt, aber auch steinhart waren.-
So. Ich habe diese Geschichte trotz stärksten inneren
Widerstrebens geschrieben, weil ich hoffe, durch sie eventuell
Geld in die Finger zu bekommen. Denn wir haben vier
Wochen lang im Lotel gegessen, und das koftet Geld. Wir muß-
ten aber im Lotel effen, weil unsere Bohnen seit vier Wochen
über kleinem Feuer kochen. And man will mich pfänden,
weil ich die wolkenkratzerhaft hohe Gasrechnung nicht be-
zahlen kann.
Mit der inzwijchen platinstahlhart gewordenen Bohnen-
ziegelsteinplatte hoffe ich jedoch ein gelegentlich der Explo-
sion entstandenes Loch im Lerd ausbessern zu können.
InS6rLt6LLQI1LiuU6: Kuüolk Nosse, ^uuouo6u-^x^6(1itiou.
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