Lnsere möblterten Lerren
Sein Trick war, daß er niemals Miete bezahlte und
nie zu Lause war, wenn man ihn zur Nede stellen wollte.
„Er hat jetzt drei Monate nicht bezahlt," jammerte meine
Frau. „Wo er sich nur immer versteckt?"
Gerade ging die Türe, und Subterrestre kam nach Lause.
„Zch werde ihn gleich Farbe bekennen lassen," sagte
ich und klopfte an seiner Türe. Es war alles still. Ich trat
ein. Kein Mensch zu sehen. Was war das? Er war doch
eben erst hinetngegangen.
Zch blickte mich überall um. Das Zimmer hatte keine
Nischen, der Schrank stand weit auf, der einzige Ort, wo
er sich hätte verstecken können. Da sah ich, daß das Lino-
leum hin und herwogte. Dann wölbte sich der Teppich an
einer Stelle. Ich hob ihn auf und entdeckte ein großes Loch
im Fußboden. Kein Zweifel, Rotatorio hatte sich einen ge-
heimen Ausgang geschaffen. Ich schickte meine Frau in das
Theater, in dem er austrat, um etwas von ihm zu erfahren.
Sie kam wieder und sagte: „Er ist ein Wühlmenschl"
„Er hat ausgewühlt," triumphierte ich. Denn ich war
inzwischen nicht untätig gewesen. Ich hatte mir einen Bau-
unternehmer mit einem Sack Zement kommen lassen, und
Subterrestre war der Rückweg versperrt. Wir hatten ihm
sein Schlupfloch mit rasch trocknendem Eisenbeton zuge-
mauert.
Es dauerte nicht lange, da erhob sich im zweiten Stock
bei Kommerzienrat Silberfaden ein furchtbares Getöse.
Frau Silberfaden floh mit fliegendem Bubikopf auf die
Treppe. Subterrestre war beim Fünfuhrtee Plöhlich und
unvermittelt aus der Tapete hervorgekommen, dicht neben
einem echten Rubens, und war durch die erstarrte Five
o'clock-Gesellschaft ins Freie geflüchtet.
Die Miete hatte er natürlich nicht bezahlt.
Noch einmal wollten wir es versuchen. Es mußte doch
auch anständige Mieter geben. Auf Empfehlung eines be-
kannten Aniversitätsprofessors nahmen wir den jungen
Schweden Sven Eiderdaun bei uns auf, der im nächsten
Iahre eine Südpolarfahrt mitmachen wollte und sich darauf
trainierte.
Aber dies Training war nervenzerrüttend. Er aß nur
Lebertran und rohe Fische und ließ fich jeden Mittag nach
dem Essen zwischen zwei Eismaschtnen gefrieren, bis er
ganz steif war. Sein Zimmer war eine Eishöhle. Er machte
bei 20 Grad Kälte das Fenster nicht auf, weil es ihm von
draußen zu warm herein kam. Bei Kommerzienrat Silber-
faden bildeten sich Eiszapfen an der Decke, und eines Tages
mußten wir dem netten jungen Mann kündigen. Das
Wohnungsamt erklärte sich für unzuftändig und so über-
trugen wir seinen Abtransport einer Eisgenoffenschaft.
Am selben Tage wurde Onkel Boleslaw als geheilt
aus der Anstalt entlassen, und da wir uns mittlerweile ans
Vermieten gewöhnt haben, nahmen wir ihn mit Tränen
der Freude wieder bei uns auf.
Lirschkäfer und Stichlinge in der Suppe sind ja nichts
gegen das, was wir mit unsern Mietern erlebt haben.
A. W.
's HckckpIblElb Von sellere Sophie von Adelung
I hab mi net wondere kenne, noi, daß se ehm g'fallt:
en herzigeres Mädele hättet ehr em ganze Land oma-
sonscht suche kenne, so fei ond lieb ond schee. Auge wie
Veigele, e G'sichtle, wie Milch ond Blut, ond erscht die
Lärle — die Lärle — brau mit so eme goldige Schei'le,
ond lauder Leckle om de Kopf — koine so herg'richtete mit
der Brennscheer — (oder wie hoißt mer des Dengs, des
so kurios brenzelig schmeckt?) noi, ganz nadierliche, ganz
vo selbschtene — goldig, sag i eich, goldig. En Moler
hätt sei bissele Verschdand driber verlore. No, mei Ginther
hot freilich sein Verschdand net driber verlore, blos sei Lerz
— aber deeS grindlächt, sag i eich. Ond i han 's ehm et
verdenke kenne. (Forts«tzung Eette 87)
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Sein Trick war, daß er niemals Miete bezahlte und
nie zu Lause war, wenn man ihn zur Nede stellen wollte.
„Er hat jetzt drei Monate nicht bezahlt," jammerte meine
Frau. „Wo er sich nur immer versteckt?"
Gerade ging die Türe, und Subterrestre kam nach Lause.
„Zch werde ihn gleich Farbe bekennen lassen," sagte
ich und klopfte an seiner Türe. Es war alles still. Ich trat
ein. Kein Mensch zu sehen. Was war das? Er war doch
eben erst hinetngegangen.
Zch blickte mich überall um. Das Zimmer hatte keine
Nischen, der Schrank stand weit auf, der einzige Ort, wo
er sich hätte verstecken können. Da sah ich, daß das Lino-
leum hin und herwogte. Dann wölbte sich der Teppich an
einer Stelle. Ich hob ihn auf und entdeckte ein großes Loch
im Fußboden. Kein Zweifel, Rotatorio hatte sich einen ge-
heimen Ausgang geschaffen. Ich schickte meine Frau in das
Theater, in dem er austrat, um etwas von ihm zu erfahren.
Sie kam wieder und sagte: „Er ist ein Wühlmenschl"
„Er hat ausgewühlt," triumphierte ich. Denn ich war
inzwischen nicht untätig gewesen. Ich hatte mir einen Bau-
unternehmer mit einem Sack Zement kommen lassen, und
Subterrestre war der Rückweg versperrt. Wir hatten ihm
sein Schlupfloch mit rasch trocknendem Eisenbeton zuge-
mauert.
Es dauerte nicht lange, da erhob sich im zweiten Stock
bei Kommerzienrat Silberfaden ein furchtbares Getöse.
Frau Silberfaden floh mit fliegendem Bubikopf auf die
Treppe. Subterrestre war beim Fünfuhrtee Plöhlich und
unvermittelt aus der Tapete hervorgekommen, dicht neben
einem echten Rubens, und war durch die erstarrte Five
o'clock-Gesellschaft ins Freie geflüchtet.
Die Miete hatte er natürlich nicht bezahlt.
Noch einmal wollten wir es versuchen. Es mußte doch
auch anständige Mieter geben. Auf Empfehlung eines be-
kannten Aniversitätsprofessors nahmen wir den jungen
Schweden Sven Eiderdaun bei uns auf, der im nächsten
Iahre eine Südpolarfahrt mitmachen wollte und sich darauf
trainierte.
Aber dies Training war nervenzerrüttend. Er aß nur
Lebertran und rohe Fische und ließ fich jeden Mittag nach
dem Essen zwischen zwei Eismaschtnen gefrieren, bis er
ganz steif war. Sein Zimmer war eine Eishöhle. Er machte
bei 20 Grad Kälte das Fenster nicht auf, weil es ihm von
draußen zu warm herein kam. Bei Kommerzienrat Silber-
faden bildeten sich Eiszapfen an der Decke, und eines Tages
mußten wir dem netten jungen Mann kündigen. Das
Wohnungsamt erklärte sich für unzuftändig und so über-
trugen wir seinen Abtransport einer Eisgenoffenschaft.
Am selben Tage wurde Onkel Boleslaw als geheilt
aus der Anstalt entlassen, und da wir uns mittlerweile ans
Vermieten gewöhnt haben, nahmen wir ihn mit Tränen
der Freude wieder bei uns auf.
Lirschkäfer und Stichlinge in der Suppe sind ja nichts
gegen das, was wir mit unsern Mietern erlebt haben.
A. W.
's HckckpIblElb Von sellere Sophie von Adelung
I hab mi net wondere kenne, noi, daß se ehm g'fallt:
en herzigeres Mädele hättet ehr em ganze Land oma-
sonscht suche kenne, so fei ond lieb ond schee. Auge wie
Veigele, e G'sichtle, wie Milch ond Blut, ond erscht die
Lärle — die Lärle — brau mit so eme goldige Schei'le,
ond lauder Leckle om de Kopf — koine so herg'richtete mit
der Brennscheer — (oder wie hoißt mer des Dengs, des
so kurios brenzelig schmeckt?) noi, ganz nadierliche, ganz
vo selbschtene — goldig, sag i eich, goldig. En Moler
hätt sei bissele Verschdand driber verlore. No, mei Ginther
hot freilich sein Verschdand net driber verlore, blos sei Lerz
— aber deeS grindlächt, sag i eich. Ond i han 's ehm et
verdenke kenne. (Forts«tzung Eette 87)
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