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Meggendorfer-Blätter — 52.1903 (Nr. 627-640)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16702#0153
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Zeitschrift für kfumor uud Auust


verfehlte Spekulation.

Zweifel also, der alie Sündenbock, der Geldpresser, lauerte in
seinem gewohnten versteck und freute sich gewiß schon heiden-
mäßig auf die zu erwartende Aontribution.

Aber — o tsiminell — welcher Schreck mag dem „Börsenspeku-
lanten" durch die Glieder gefahren sein? Denn plöhlich wurde
der Deckel wie der Blitz zugeschlagen und durch cinen si>flock
sest verschlossen. Und wie der überlistete „Diogenes" auch
dagegen drückt und stößt, wie sehr er auch abwechselnd wettert
und fleht, droht, bittet und schimpft, der Iubel der Studenten
über den gelungenen Streich übertönt sein Lamento und man
überhört es natürlich auch absichtlich. Uut der Zeit indessen
wird es im Innern dcr Tonnc ruhig, ihr Bewohner scheint sich
iu das Unabänderliche zu fügen, oder er wartet mit ängstlicher
5pannung, was wohl noch weiter kommen wird.

Und was da kommt, ist selbst für bösartige Nachtwächter
kein Genuß. Denn jetzt rollcn die Studenten die Tonne samt
Inhalt über das holperige Pflaster des Städchen und selbst wenn
der arme Teufel innen von Lisen gewesen wäre, so hätte er

doch sicher mehr als eine Beule an Aopf, Armen und Beineu
davongetragen. — — —

Lchon über gar manchc Uutat im Leben hat die Nacht ihren
§chleier gebreitet, aber so dicht und finster er auch jemals gewesen
sein mag, immer noch hat ihn das strahlendc Tagesgestirn
schonungslos zerrissen, um zu sehen, welche Frevcltat sich etwa
darunter verborgen hätte.

Auch diesmal tat Frau Sonne ihre Pflicht, indem sie eine
Eruppe erregter Leute beschien, die sich um den Uiarktbrunncn
des Städtchens drängte nnd in ratloser Verwunderung eine große
Tonne betrachtcte, die bis über die ksälfte in dem feuchten
Elemente stand. Die lscllcbarde des Nachtwächters lag oben-
auf. Allerlei Vermutungeu und Andeutungen über den sonder-
barcn Fund schwirrten durcheinander; man hatte den nächtlichen
Tärm wohl gehört und blickte voll Unwillen und verhaltenem
Zorn auf eine Anzahl von Studenten, die sich unter die schau-
lustige Uienge gemischt hatten und unter der sich auch Spund
l>efand. Aber so groß auch die Neugier der spießbürgerlichen
Uiännlein und Meiblein war, so wagten sie doch nicht die
2-onne zu öfsnen aus Bcsorgnis, es könnte irgend eine Gefahr
sür sie mit dieser kjeldentat vcrbunden sein. Indesscn, da teilt
slch auch schon die Uienge und der alte Nachtwächter erscheint.

Die Studenten waren beim Anblick der legitimen Grlsgewalt
Uarr vor Staunen. Sie glaubten den Nachtwächter in der Tonne
uud statj dessen stand er vor dem Brunnen und schnitt
^rohende Grimmassen. Uiit einem Satz hatten ibn Spund und
soine Aommilitonen umringt und zwar gerade in dem Uioment,
^ls der wächter dcn Deckel der Tonne emporschlng. Abcr ihr

Staunen wandelte sich in Schrecken und Bestürzung, als sie aus
dem unkommentmäßigen Naß gleich einem ergrimmten Nieer-

gott — Faßl, ihren Faßl auftauchen sahen.

Doch schnell, ehe die müßigen Gaffer sich noch hinzudrängen
konnten, schlugen die Studenten den Deckel wieder zu, hoben
die Tonne aus dem wasser und trugen sie mit sichtlicher Zer-
knirschung und reumütiger Zärtlichkeit über den Niarktxlatz
nach der nahen Stammkneipe. ksinter dcm seltsamen Zuge her

aber schlich der alte Nachtwächter, in der ksand das Abzeichen
seiner würde, um bei kommender Gelegenheit Uiantel und
Laterne, die ihm während eines Schläfchens in der vergangcncn
Nacht abhanden gekommen waren, zu requirieren. Vb es Faßl
war, der ihm diese unentbehrlichen Attribute entführt hatte,
vielleicht in der Absicht, einmal zum Nachteil seiner benebelten
Aommilitonen die nächtliche Lrxresserrolle zu sxielen, ist nie an
den Tag gekommen, denn sowohl die Studenten als auch der
Nachtwächter schwiegen darüber

Dicse Aranen!

— „Was? Lure thochzeit wurde verschoben?"

Bräutigam: „Leider! Meißt Du, am lveg zum Standes-
amt sah meine Braut in einer Auslage ein Brautkleid,
das ihr besser gefiel, als das ihrige, da ging sie mir
nicht mehr weiter mit dem altenl"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Verfehlte Spekulation
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Engelhard, Paul Otto
Entstehungsdatum (normiert)
1902 - 1902
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Student
Laterne
Hellebarde
Nachtwächter
Nacht
Fass
Versteck
List
Streich <Scherz>
Brunnen
Ärger

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-10-16 - 2013-10-16
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 52.1903, Nr. 639, S. 149
 
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