Zeilschrifl für Humor und Aunsl
35
einen vergeblichen Versuch, ein 5tück Fleisch mit dem Lösfel zu
schneiden, und als ihn dcr Vbcrst mit einer lsaudbewegung
lächelnd darauf aufmerksam machte, ergriff er, um verzeihung
flehend, das Salzfläschchen und führte es hastig an den Mund.
Mittlerweile wurde das Gespräch ruhig weitergesxonnen.
„Dadurch," schloß der Dberst seine Rede, „daß beide Teile
ihrc Lippen aufeinander pressen, kann cine Uebertragung von
Bazillen staltfinden, die unter Umständen das Leben kostct."
Niemand antwortete sogleich, nur der kleine U)illi, der,
ohnc zu begreifen, andächtig gelauscht hatte, hüpfte am Schoße
seiner Tante auf und ab.
„Du, Großpapa," schrie er, „ich muß Oir 'was . .
Er stockte, denn Lena hatte sich zu
ihm herabgebeugt und überhäufte ihn
mit Küssen, indem sie ihn an sich zog.
Auch die Frau Dberst beeilte sich, die
so angstvolle Situation zu retten und
behauptete irgend etwas gänzlich Un-
mögliches.
Dcr Vberst schüttelte, da er natürlich
die Verlegenheit, die sich drückend über die
Ulienen verbreitete, wahrnahm, den Aopf.
„Was, zum bsenker, haben sie denn?"
fragte er sich verwundert.
Lcna liebkostc noch immer krampfhaft
den ^sungen und siüsterte ihm ins Dhr,
das cr mit der lsand zu decken suchte.
„U)enn Du ein U)ort sagst, U)illi, so
weine ich Tag und Nacht," drohte sie leise.
Da rang sich abcr der Kleine ener-
gisch los.
„Bist Du dumm, Tante," platzte er
zornig heraus, „ich will doch nicht
klatschen,daßDirderksans'was in
dcn Mund gesagt hat, ich will ja
nur Großpapa bitten, ob ich jetzt
wieder spielen darf."
Totcnstille herrschte im Zimmer.
Uom Fenstcr her schwirrte eine Uiückc
durch den Raum, man vernahm deutlich
das feine Gesumse. Alsdann das
Rücken eines Stuhles, das Fallen eines
beim Aufstehenumgeworfcnen U)einglases,
und im nächstcn Augenblick stand vetter
lsans in dienstlich strammer ksaltung vor
dem Dberstcn.
„Ich bitte gchorsamst um ein xaar
U)orte," sprach cr in fester Fassung.
Der Dberst zog die Brauen höher,
was als eines der schlimmsten U)etter-
zeichen galt, brummte etwas wie „das
lieb' ich während des Lssens", und ver-
schwand alsdann im Nebenzimmer.
kseftige Laute drangen herüber, cine
Türe flog mit krachendem Geräusche zu,
lsans kehrte nicht wieder zurück, sondern
nur der Vberst, der schweigend seinen
platz cinnahm. Reines wagte eine Silbc
zu sprcchen. Nur das ensant terrikle ver
ließ scincn Sitz, kletterte auf die Beine des
Großpapas und zupfte ihn am Schnurrbart.
„Du, Großpaxa," sagte er, „bittc,
darf ich zuschaucn, wenn Du jctzt der Lena
mit dcm SLbcl den Ropf abhaust?"
Das klang in seiuer wundervollen Naivität so überraschend,
daß trotz dcs Iammers einerseits und des Zorns anderseits die
beiden Gatten in ein langes, helles Lachen ausbrechen mußten.
Und diese kseiterkeit wirkte so versöhnend, daß der alte ksau-
degen mit sich reden ließ. Tinige Tage später, als der Getieral-
major crschien, stellte es sich heraus, daß er ja auch nicht so
sein konnte.
von der mere Utariniere in Genf war nicht länger die
Rcde und die hübsche Lena hat sich längst sehr ausgiebig über-
zeugt, daß das Küssen auch vom medizinischen Standpunkt nicht
so gefährlich ist, als es dargestellt wird.
Scm Wäscher-Toni sein Mick.
heirat'."
„No, machst D' a Glück?"
„V ja, sie hat vier ksäuscr."
„U)as, vier lsäuser hat s'?"
„Ia, vier ksäuser — wo sie waschen hingeht."
35
einen vergeblichen Versuch, ein 5tück Fleisch mit dem Lösfel zu
schneiden, und als ihn dcr Vbcrst mit einer lsaudbewegung
lächelnd darauf aufmerksam machte, ergriff er, um verzeihung
flehend, das Salzfläschchen und führte es hastig an den Mund.
Mittlerweile wurde das Gespräch ruhig weitergesxonnen.
„Dadurch," schloß der Dberst seine Rede, „daß beide Teile
ihrc Lippen aufeinander pressen, kann cine Uebertragung von
Bazillen staltfinden, die unter Umständen das Leben kostct."
Niemand antwortete sogleich, nur der kleine U)illi, der,
ohnc zu begreifen, andächtig gelauscht hatte, hüpfte am Schoße
seiner Tante auf und ab.
„Du, Großpapa," schrie er, „ich muß Oir 'was . .
Er stockte, denn Lena hatte sich zu
ihm herabgebeugt und überhäufte ihn
mit Küssen, indem sie ihn an sich zog.
Auch die Frau Dberst beeilte sich, die
so angstvolle Situation zu retten und
behauptete irgend etwas gänzlich Un-
mögliches.
Dcr Vberst schüttelte, da er natürlich
die Verlegenheit, die sich drückend über die
Ulienen verbreitete, wahrnahm, den Aopf.
„Was, zum bsenker, haben sie denn?"
fragte er sich verwundert.
Lcna liebkostc noch immer krampfhaft
den ^sungen und siüsterte ihm ins Dhr,
das cr mit der lsand zu decken suchte.
„U)enn Du ein U)ort sagst, U)illi, so
weine ich Tag und Nacht," drohte sie leise.
Da rang sich abcr der Kleine ener-
gisch los.
„Bist Du dumm, Tante," platzte er
zornig heraus, „ich will doch nicht
klatschen,daßDirderksans'was in
dcn Mund gesagt hat, ich will ja
nur Großpapa bitten, ob ich jetzt
wieder spielen darf."
Totcnstille herrschte im Zimmer.
Uom Fenstcr her schwirrte eine Uiückc
durch den Raum, man vernahm deutlich
das feine Gesumse. Alsdann das
Rücken eines Stuhles, das Fallen eines
beim Aufstehenumgeworfcnen U)einglases,
und im nächstcn Augenblick stand vetter
lsans in dienstlich strammer ksaltung vor
dem Dberstcn.
„Ich bitte gchorsamst um ein xaar
U)orte," sprach cr in fester Fassung.
Der Dberst zog die Brauen höher,
was als eines der schlimmsten U)etter-
zeichen galt, brummte etwas wie „das
lieb' ich während des Lssens", und ver-
schwand alsdann im Nebenzimmer.
kseftige Laute drangen herüber, cine
Türe flog mit krachendem Geräusche zu,
lsans kehrte nicht wieder zurück, sondern
nur der Vberst, der schweigend seinen
platz cinnahm. Reines wagte eine Silbc
zu sprcchen. Nur das ensant terrikle ver
ließ scincn Sitz, kletterte auf die Beine des
Großpapas und zupfte ihn am Schnurrbart.
„Du, Großpaxa," sagte er, „bittc,
darf ich zuschaucn, wenn Du jctzt der Lena
mit dcm SLbcl den Ropf abhaust?"
Das klang in seiuer wundervollen Naivität so überraschend,
daß trotz dcs Iammers einerseits und des Zorns anderseits die
beiden Gatten in ein langes, helles Lachen ausbrechen mußten.
Und diese kseiterkeit wirkte so versöhnend, daß der alte ksau-
degen mit sich reden ließ. Tinige Tage später, als der Getieral-
major crschien, stellte es sich heraus, daß er ja auch nicht so
sein konnte.
von der mere Utariniere in Genf war nicht länger die
Rcde und die hübsche Lena hat sich längst sehr ausgiebig über-
zeugt, daß das Küssen auch vom medizinischen Standpunkt nicht
so gefährlich ist, als es dargestellt wird.
Scm Wäscher-Toni sein Mick.
heirat'."
„No, machst D' a Glück?"
„V ja, sie hat vier ksäuscr."
„U)as, vier lsäuser hat s'?"
„Ia, vier ksäuser — wo sie waschen hingeht."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Dem Wäscher-Toni sein Glück
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: - "I heirat'." / - "No, machst D' a Glück?" / - "O ja, sie hat vier Häuser." / - "Was, vier Häuser hat s'?" / - "Ja, vier Häuser - wo sie waschen hingeht."
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 62.1905, Nr. 760, S. 33
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg