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Meggendorfer-Blätter — 63.1905 (Nr. 771-783)

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https://doi.org/10.11588/diglit.19790#0011
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Zeitschrift für Humor und Aunst



Selbsterkenntnis.


dagegen schien der Henker gesegnet zu
haben. Zwei angcbrannle Hühner,
ein durch unfern Dackel beim Metzger
entferntes Filet, ein Herr, der auf
unserer zu naß gewischten Treppe aus-
rutschte, der Besuch zweier mißgünstiger
alter Tanten und ein unvermuteter
Haussturz mit bväschercvision durch
meine Schwiegermutter, all dieses und
noch viel mehr kam auf meine Rech-
nung. Aber ich trug's, schweigend trug
ich es, verwundert zwar, über den son-
derbaren Zufall, aber in herber männ-
licher Vertragstreue.
Run ereignete es sich aber einmal
an cincni ihrer Tage, daß ich mittags
eben im Begriffe war, das tvcinglas
in die Hand zu nehmen, im selben
Augenblick wo Nclly mir ein Stück
Fleisch auf den Teller legen wollte.
Das Resultat dieses Zusammenstoßes
war, daß ich den Rötel auf meine
neue graue Hose schüttete, was mich
um so schmerzlicher berührte, weil ich
dieses Kleidungsstück noch gar nicht
bezahlt halte.
Infolgedessen widmete ich ihr einen
raurigcn Blick, nicht meiner Frau,
sondern der Hose, und ließ die Reini-
gungsvcrsuche, die wahrscheinlich zweck-
losen, ohne ein bvort zu verlieren,
wer die Schuld trage, resigniert über
mich ergehen.
Ich sah es ihr an, welche un-
geheure Zurückhaltung cs ihr kostete,
hierüber nicht eine kleine Diskussion
in die lvcge zu leiten. Sic schluckte
aber alles hinunter, tapfer und gefaßt.
Richt eine Silbe äußerte sic zur Sache
und ich gestehe offen ein, daß mich
das riesig freute. Das war nämlich
eine Leistung allererster Güte. Nack-
mittags und abends, wo ich sie kur;
traf, war sic zurückhaltend, viel kühler
als sonst. Nachts kam ich von einer
Lihnng spät nach Hause und fand sie
trotzdem noch wach. Sie hatte gestickt.
lVie immer wünschte sic mir freundlich
„Gute Nacht", aber ich hatte trotzdem
das Gefühl, daß irgend etwas in der
Lust schwebe. Ich tat aber nicht der-
gleichen, als ob ich das merkte, legte
mich ruhig zu Bett und schlief sofort,
ermüdet wie ich war, fest ein.
Gegen Morgen wache ich auf.
Ich reibe mir die Augen und sehe
denn düstern Schein des Nachtlichts
tueine kleine Frau aufrecht im Bette
sitzen und leidenschaftlich mit den
Händmr agieren. Dazu spricht sie, oder
richtiger murmelt sie allerlei unverständliches Zeug. Ich wecke
s>e und frage, was sic habe. Sie antwortet aber nicht und
legt sich auf die andre Seite.


aus, als

Iockele (vor dem Spitzel): „Herrgottsakra, da saget immer d' Leut, i säh domnicr
s i be', seil ka' i net finda."

Des nächsten Morgens erinnere ich sie an ihre Träume.
Aber sie gibt vor, nichts zu wissen. Beim Mittagessen rührt
sie keinen Bissen an. Abends nascht sie ein wenig Konfitüren,
(jortzetzung Seite re)
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
Selbsterkenntnis
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Jockele (vor dem Spiegel): "Herrgottskra, da saget immer d' Leut, i säh dommer aus, als i be', sell ka' i net finda."

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reiß, Fritz
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Esslingen am Neckar

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Mann
Spiegel
Spiegelbild
Tabakspfeife
Selbsterkenntnis

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 771, S. 11
 
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