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Meggendorfer-Blätter, München
meinen, eine wahrhaft
geniale Frau wird niemals
einen geistlosen Mann hei-
raten!"
„Ls hat jeder einmal
eine kleine Anwandlung von
Schwäche!" antwortete sie
schnippisch.
„Na, siehst Du!" lachte
er. „Da sind wir ja glücklich
bei der Friedenseiche ange-
langt. Deine Vhnmacht ist
der Herr Wesseling und meine
Schwäche ist ein Zigärrchen.
Uebrigens haben viele
geniale Männer geraucht,
oder willst Du in Abrede
stellen, daß starke Raucher
wie Milton, Voß, Walter
Scott, Lord Byron, Herder,
Kant Geistesgrößen waren?"
„Meinetwegen! Ich möchte
Dich nur bitten, die Stärke
Deiner Rauchwolken mit
Deiner Geistesgröße ins
rechte Verhältnis zu setzen,
ich werde dann nicht viel
Ursache zu bösen Worten
haben!" Damit eilte sie
hinaus, befriedigt von dem
kleinen Trumpfe, den sie
eben ausgespiclt hatte.
Wesseling erwiderte nichts.
Lr zündete sich eine frische
Zigarre an und schrieb weiter.
Frau Anny überlegte in-
zwischen in der Rüche, ob
sie auch nicht zuviel gesagt
habe. Wenn ihr Mann nichts
mehr entgegnete, so war
damit die äußerste Grenze
zwischen Krieg und Frieden
gegeben. Sie fühlte sich
schuldig, den Lhehimmel
bewölkt zu haben. Das
Schlimmste war, daß sie noch
immer nicht wußte, was sie
ihrem Gemahl schenken
sollte. Dder sollte sie ihm
wirklich nichts geben?
Am andern Tage besprach
sie sich mit einer Freundin,
einer sehr klugen Frau. Sie
riet zum guten. „Das
Klobenstein durch zwanzig Jahre Nörgeln," sagte sie, „ist den
Männern angeboren und die
.Gelehrten' sind erst recht
aus lauter Kritik zusammen-
gesetzt. Du mußt Deinen
Gatten mit einer Gabe ver-
söhnen, die ihm gerade in seiner Eigenschaft als Raucher
willkommen sein muß!" —
Anny beschloß, dem Lheherrn einen Zigarrenkasten zu
verehren, den sie eigenhändig mit Brandmalerei zieren wolle.
Herausgeplaht.
Kastellan- „In diesem Turm hielt der Raubritter Kunz von
hindurch seine Schwiegermutter gefangen!"
Schwiegersohn: „Ach ja, die guten alten Zeiten . . .1"
Der Professor war von der kleinen entschiedenen Wendung
belustigt.
„Nur der Herr Wesseling!" wiederholte er mit Humor.
„Denke nur, welcher Lichtglanz dabei auf Dich fällt! Ich sollte
Meggendorfer-Blätter, München
meinen, eine wahrhaft
geniale Frau wird niemals
einen geistlosen Mann hei-
raten!"
„Ls hat jeder einmal
eine kleine Anwandlung von
Schwäche!" antwortete sie
schnippisch.
„Na, siehst Du!" lachte
er. „Da sind wir ja glücklich
bei der Friedenseiche ange-
langt. Deine Vhnmacht ist
der Herr Wesseling und meine
Schwäche ist ein Zigärrchen.
Uebrigens haben viele
geniale Männer geraucht,
oder willst Du in Abrede
stellen, daß starke Raucher
wie Milton, Voß, Walter
Scott, Lord Byron, Herder,
Kant Geistesgrößen waren?"
„Meinetwegen! Ich möchte
Dich nur bitten, die Stärke
Deiner Rauchwolken mit
Deiner Geistesgröße ins
rechte Verhältnis zu setzen,
ich werde dann nicht viel
Ursache zu bösen Worten
haben!" Damit eilte sie
hinaus, befriedigt von dem
kleinen Trumpfe, den sie
eben ausgespiclt hatte.
Wesseling erwiderte nichts.
Lr zündete sich eine frische
Zigarre an und schrieb weiter.
Frau Anny überlegte in-
zwischen in der Rüche, ob
sie auch nicht zuviel gesagt
habe. Wenn ihr Mann nichts
mehr entgegnete, so war
damit die äußerste Grenze
zwischen Krieg und Frieden
gegeben. Sie fühlte sich
schuldig, den Lhehimmel
bewölkt zu haben. Das
Schlimmste war, daß sie noch
immer nicht wußte, was sie
ihrem Gemahl schenken
sollte. Dder sollte sie ihm
wirklich nichts geben?
Am andern Tage besprach
sie sich mit einer Freundin,
einer sehr klugen Frau. Sie
riet zum guten. „Das
Klobenstein durch zwanzig Jahre Nörgeln," sagte sie, „ist den
Männern angeboren und die
.Gelehrten' sind erst recht
aus lauter Kritik zusammen-
gesetzt. Du mußt Deinen
Gatten mit einer Gabe ver-
söhnen, die ihm gerade in seiner Eigenschaft als Raucher
willkommen sein muß!" —
Anny beschloß, dem Lheherrn einen Zigarrenkasten zu
verehren, den sie eigenhändig mit Brandmalerei zieren wolle.
Herausgeplaht.
Kastellan- „In diesem Turm hielt der Raubritter Kunz von
hindurch seine Schwiegermutter gefangen!"
Schwiegersohn: „Ach ja, die guten alten Zeiten . . .1"
Der Professor war von der kleinen entschiedenen Wendung
belustigt.
„Nur der Herr Wesseling!" wiederholte er mit Humor.
„Denke nur, welcher Lichtglanz dabei auf Dich fällt! Ich sollte
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Meggendorfer Blätter
Titel
Titel/Objekt
Herausgeplatzt
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Meggendorfer-Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
B 2529-158-1 Folio
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Kastellan: "In diesem Turm hielt der Raubritter Kunz von Klobenstein durch zwanzig Jahre hindurch seine
Schwiegermutter gefangen!" / Schwiegersohn: "Ach ja, die guten alten Zeiten...!"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1905
Entstehungsdatum (normiert)
1900 - 1910
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Zeitpunkt Aufnahme (normiert)
2013-11-21 - 2013-11-21
Aufbewahrungsort (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Meggendorfer-Blätter, 63.1905, Nr. 783, S. 152