Zeitfdirift für Humor und Kunft
2OT
Haimanns erlter Jour (£)
So ging es fort in allen Tonarten. Das ganze Offizierskorps
war eine Spannung, eine Erwartung. Wie die zwei fidi aus
der Rffäre ziehen würden, das war die Trage, die auf allen
tippen fchwebte. (g
Inzwifchen kam der grofje Tag heran. (£)
Das Ehepaar hatte (ich glänzend herausftaffiert und fchwamm
in eitel Tiebenswürdigkeit. (g
Der Oberltleutnant klopfte den jüngeren Herren jovial auf
die Sthulter und tagte immer wieder: „Höchfte Zeit, dafj
Ihr Euch audi einmal bei uns blichen lägt — wirklich,
höchfte Zeit!“ (g
Und Frau Haimann, die nach Opoponar roch und fogar
Puder aufgelegt hatte, tätfchelte den kleinen Teutnantsfrauen
zärtlich die Wangen, fragte in einem Htem nach taufend
Dingen und fand die Toilette ihrer weiblichen Gälte .ent-
zückend und reizend füg“. Für jede hatte fie ein herzliches
Wort, eine liebe Bemerkung, überall brachte fie Leben und
heitere Aufgeräumtheit in das ßefpräch. (£)
Die Offiziere waren fprachlos. (g
Diefe freundliche Rufnahme, diefe fröhliche Ungezwungenheit
hatte niemand erwartet. So oft ein neuer Galt eintrat — und
die Gälte kamen in hellen Haufen — ergog (ich ein Strom des
Entzückens über ihn. Haimann wurde nicht müde, jedem
einzelnen die Hand zu drücken und ihn feiner befonderen
Wertfchätjung zu uerfichern. (g
Ihren Höhepunkt erreichte die allge¬
meine Ueberrafchung aber, als der Tee
(eruiert wurde. Da kamen Tabletten
zum Dorfchein, die unter der Eaft der
Sandwichs und belegten Brötchen zu
brechen drohten, da fchimmerten gold¬
gelbe, feine Eiköre in blank gefchliffenen
Karaffen und luden leckere Schaumtört-
chen zum Zugreifen ein. (g
Der Oberftleutnant füllte die ßläschen
immer wieder aufs neue und fchmun-
zelte: „Trinkt nur, Kinder, trinkt —
diesmal ift’s echt franzöfifcher und nicht
felbftbereiteter.“ (£)
So langten die Offiziere auch tüchtig
zu und taufchten zwifchen zwei Bitten
leife ihre Bemerkungen aus. ®
„Die Eeute mütten eine Erbfchaft ge¬
macht haben,“ vermutete der magere
Hauptmann Dufchig und belud feinen
Teller zum zweitenmal mit Trüffel-
paftete. (g
„Ich bin einfach fattungslos!“ konfta-
tierte fein nachbar, der Oberleutnant
Ernyei, der wegen feines guten Rppe-
tits berühmt war. „Wenn die zwei fo
weitermachen, haben fie mich bald jeden
Rbend zu 6aft, denn fo eine Gelegen¬
heit mulj man felthalten wie ein Wun¬
der.“ Und ag weiter, ag ausgiebig und
fchamlos — wie eine Ehoriftin. (g
Sogar der Herr Oberft machte feiner
Ueberrafchung in begeifterten Worten
Euft. ®
„Rber, ßnädigfte, das ift wirklich zu
viel, nein, wirklich zu reichlich! Das
ift ja kein Jour mehr, — das ift eine
Hochzeitstafel!“ (g
Frau Haimann fchlug die Rügen nieder
und lächelte, mit ihrem Rrmband tändelnd: „Gott, Herr Oberft,
wegen der paar Brötchen, ... das ift doch nicht der Rede
wert..." (g
Dann wendete fie (ich wieder den Damen zu, die mit fpitjen
Mäulchen an ihren Bonbons lutfchten und gerade die ver-
fchiedenen Rezepte der Hafelnufjtorte diskutierten. (g
„Was mich betrifft,“ warf fie beiläufig ein, „fo weig ich in
dergleichen wenig Befcheid. ... Wir latten immer alles Back-
werk aus der Confiferie kommen.“ f£)
„Confiferie .. .“ flüfterte eine blaffe Blonde ihrer Tlachbarin
zu und kniff fie heimlich in den Rrm.
Die andere quiekte leife auf und barg das ßeficht hichernd
in ihr Batifttüchlein. (g
Indeffen reichte der Oberftleutnant die Zigarrenkifte herum
und verforgte die Eeutnants mit Zigaretten. „Regyptifche . . .“
fagte er bedeutungsvoll und rieb ein Streichholz an. Und
fügte nach einer Weile, wie zufällig, hinzu: [£)
„Wie wär’s, meine Herren, wenn wir drüben in meinem
Rrbeitszimmer eine kleine Tarockpartie improvifierten? Wir
rauchenden Schlöte find ja den Damen immer noch ein
Greuel — und da ift es vielleicht beffer, wir ziehen uns auf
eine Stunde zurück ...” (g
Eine Paufe entftand, denn auf diefen Uorfchlag war niemand
gefaxt gewefen. Dag der Oberftleutnant Karten fpiele — der
ßedanhe war wirklich ungeheuerlich. (g
Rls erfter fagte fith der Herr Oberft.
Eiferfiichtig
iiW i £3 J®
Br
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Haimanns erlter Jour (£)
So ging es fort in allen Tonarten. Das ganze Offizierskorps
war eine Spannung, eine Erwartung. Wie die zwei fidi aus
der Rffäre ziehen würden, das war die Trage, die auf allen
tippen fchwebte. (g
Inzwifchen kam der grofje Tag heran. (£)
Das Ehepaar hatte (ich glänzend herausftaffiert und fchwamm
in eitel Tiebenswürdigkeit. (g
Der Oberltleutnant klopfte den jüngeren Herren jovial auf
die Sthulter und tagte immer wieder: „Höchfte Zeit, dafj
Ihr Euch audi einmal bei uns blichen lägt — wirklich,
höchfte Zeit!“ (g
Und Frau Haimann, die nach Opoponar roch und fogar
Puder aufgelegt hatte, tätfchelte den kleinen Teutnantsfrauen
zärtlich die Wangen, fragte in einem Htem nach taufend
Dingen und fand die Toilette ihrer weiblichen Gälte .ent-
zückend und reizend füg“. Für jede hatte fie ein herzliches
Wort, eine liebe Bemerkung, überall brachte fie Leben und
heitere Aufgeräumtheit in das ßefpräch. (£)
Die Offiziere waren fprachlos. (g
Diefe freundliche Rufnahme, diefe fröhliche Ungezwungenheit
hatte niemand erwartet. So oft ein neuer Galt eintrat — und
die Gälte kamen in hellen Haufen — ergog (ich ein Strom des
Entzückens über ihn. Haimann wurde nicht müde, jedem
einzelnen die Hand zu drücken und ihn feiner befonderen
Wertfchätjung zu uerfichern. (g
Ihren Höhepunkt erreichte die allge¬
meine Ueberrafchung aber, als der Tee
(eruiert wurde. Da kamen Tabletten
zum Dorfchein, die unter der Eaft der
Sandwichs und belegten Brötchen zu
brechen drohten, da fchimmerten gold¬
gelbe, feine Eiköre in blank gefchliffenen
Karaffen und luden leckere Schaumtört-
chen zum Zugreifen ein. (g
Der Oberftleutnant füllte die ßläschen
immer wieder aufs neue und fchmun-
zelte: „Trinkt nur, Kinder, trinkt —
diesmal ift’s echt franzöfifcher und nicht
felbftbereiteter.“ (£)
So langten die Offiziere auch tüchtig
zu und taufchten zwifchen zwei Bitten
leife ihre Bemerkungen aus. ®
„Die Eeute mütten eine Erbfchaft ge¬
macht haben,“ vermutete der magere
Hauptmann Dufchig und belud feinen
Teller zum zweitenmal mit Trüffel-
paftete. (g
„Ich bin einfach fattungslos!“ konfta-
tierte fein nachbar, der Oberleutnant
Ernyei, der wegen feines guten Rppe-
tits berühmt war. „Wenn die zwei fo
weitermachen, haben fie mich bald jeden
Rbend zu 6aft, denn fo eine Gelegen¬
heit mulj man felthalten wie ein Wun¬
der.“ Und ag weiter, ag ausgiebig und
fchamlos — wie eine Ehoriftin. (g
Sogar der Herr Oberft machte feiner
Ueberrafchung in begeifterten Worten
Euft. ®
„Rber, ßnädigfte, das ift wirklich zu
viel, nein, wirklich zu reichlich! Das
ift ja kein Jour mehr, — das ift eine
Hochzeitstafel!“ (g
Frau Haimann fchlug die Rügen nieder
und lächelte, mit ihrem Rrmband tändelnd: „Gott, Herr Oberft,
wegen der paar Brötchen, ... das ift doch nicht der Rede
wert..." (g
Dann wendete fie (ich wieder den Damen zu, die mit fpitjen
Mäulchen an ihren Bonbons lutfchten und gerade die ver-
fchiedenen Rezepte der Hafelnufjtorte diskutierten. (g
„Was mich betrifft,“ warf fie beiläufig ein, „fo weig ich in
dergleichen wenig Befcheid. ... Wir latten immer alles Back-
werk aus der Confiferie kommen.“ f£)
„Confiferie .. .“ flüfterte eine blaffe Blonde ihrer Tlachbarin
zu und kniff fie heimlich in den Rrm.
Die andere quiekte leife auf und barg das ßeficht hichernd
in ihr Batifttüchlein. (g
Indeffen reichte der Oberftleutnant die Zigarrenkifte herum
und verforgte die Eeutnants mit Zigaretten. „Regyptifche . . .“
fagte er bedeutungsvoll und rieb ein Streichholz an. Und
fügte nach einer Weile, wie zufällig, hinzu: [£)
„Wie wär’s, meine Herren, wenn wir drüben in meinem
Rrbeitszimmer eine kleine Tarockpartie improvifierten? Wir
rauchenden Schlöte find ja den Damen immer noch ein
Greuel — und da ift es vielleicht beffer, wir ziehen uns auf
eine Stunde zurück ...” (g
Eine Paufe entftand, denn auf diefen Uorfchlag war niemand
gefaxt gewefen. Dag der Oberftleutnant Karten fpiele — der
ßedanhe war wirklich ungeheuerlich. (g
Rls erfter fagte fith der Herr Oberft.
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