ZeitschrifL für Humor und Kunst
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Student: „Wenn ich von meiner Tante Geld brauche, muß ich immer
erst ihrem Mops und ihrem Kanarienvogel schön tun."
— „Das ist ja gar nichts! Ich habe drei Tanten, die zusammen wohnen.
Wenn ich die anpumpe, zwingen sie mich jedesmal, ihnen ihre sämtlichen
Briese vo» ihrcn drei seligen Liebhabern vorzulesen."
Murks
hatte. Dafür sollte sie eben gar nichts be-
kommen. Das ist die gerechte Strafe für den,
der zu viel haben will.
Murks gedieh prächtig, zur Freude des
§>errn Klebba und seiner Tante Paula, die
mit ihm zusammen wohnte und die kleine
Wirtschaft besorgte. Er war ein munteres
Tierchen. Mit besonderer Vorliebe hielt er
sich auf dem Balkon auf, der zu der Wohnung
seines loerrn gehörte; er sah auf die Straße
hinab und gab hin und wieder sein Interesse
an den dort sich abspielenden Vorgängen durch
Bellen kund.
So verging ein ganzes Iahr, ein Iahr,
in dem Eugen Klebba, wenn auch sonst nichts,
so doch unstreitig dreißig Mark gespart hatte.
Da zog in die Nebenwohnung Äerr Rentier
Schmierlich ein. Diese Wohnung hatte auch
einen Balkon, und eigentlich war es derselbe
Balkon wie der des Kierrn Klebba; er war
nur halbiert, in der Mitte durchschnitt ihn
ein Gitter, das in seinem oberen Teil noch mit
Brettern bekleidet war. So konnte man aus
der einen Seite des Balkons von den auf der
andern sich aufhaltenden Leuten nur die Beine
wahrnehmen, nicht die obere Lälste. Der
Erbauer des öoauses hatte wohl gedacht, daß
dann die Nachbarschaft weniger störend em-
Pfunden würde. Damit hatte er ja auch recht,
denn die Gesichter sind es, die am meisten
stören.
Äerr Rentier Schmierlich benühte seinen
Balkon recht eifrig. Während er nun von seinen
Nachbarn, nämlich Eugen Klebba und der Tante
Paula, nur die slnterpartien wahrnehmen
konnte, sah er Murks natürlich ganz und gar,
und dieser Anblick verdroß ihn, denn erwar kein
Lundefreund. Besonders erschwerend aber fiel
ins Gewicht, daß jener Lund sich nicht nur sehen,
sondern auch hören ließ, nämlich durch Bellen.
Äerr Schmierlich redete sich ein, daß ihn dieses
Bellen nervös machte, daß es seiner Gejundheit
schädlich wäre, und daß man etwas dagegen tun
müßte. Eine Folge dieser Aeberlegungen war, daß Lerr
Schmierlich die Meinung saßte, es würde eine zu niedrige, viel
zu niedrige Lundesteuer erhoben, und die Konsequenz dieses
Gedankens wiederum war es, daß der Nentier seine Augen
sorschend aus das schöne Lederband richtete, das Murks um
seinen schlanken Lals trug. Aha, das hatte man sich ja denken
können! Der Köter hatte keine Blechmarke; er oder viel-
mehr sein Lerr betrog die Gemeindekasse in nichtswürdiger
Weise um den pflichtigen Steuerbetrag. Es lüßt sich nicht
leugnen, daß diese Entdeckung Lierrn Schmierlich mit einer
gewissen Genugtuung erfüllte.
And eines schönen Tages, als Murksfiich in Gesellschaft
seines L>errn auf dem Balkon besand und gerade einem
die Straße passierenden Neufundländer-Kollegen nachge-
bellt hatte, da sprach Lerr Schmierlich laut und deutlich
die vielsagenden Worte: „And nicht einmal eine Steuer-
marke hat die Töle! Na, wenn das einer anzeigen würde!"
Er tat dabei, als äußerte er dies zu einer neben ihm
sitzenden Person, aber Eugen Klebba, der aufgehorcht hatte,
erkannte an der Zahl der sichtbaren Beine, daß sein Nach-
bar ganz allein auf dem Balkon war, seine Worte afio
mit niederträchtig drohender Absicht in die Luft gesprochen
hatte. Er erbleichte. Das konnte Lerr Schmierlich natürlich
nicht wahrnehmen, aber er ahnte es und verließ befriedigt
seine Lälste des Balkons.
Eugen Klebba verbrachte die beiden nächsten Nächte
schlaslos. Er wälzte sich aus seinem Lager, wie seingebildete
Leute sagen. Das war ja eine scheußliche Geschichte! Wenn
nun der böse Nachbar die Steuerhinterziehung zur Anzeige
brachte! Sollte er jetzt noch schnell hingehen und dreißig
Mark für seinen Murks erlegen? Ach Gott, er mußte ja
gerade jetzt jeden Pfennig zusammenhalten, denn er sparte
für eine kleine Sommerreise während seines Arlaubs. Nein,
unter keinen Llmständen wollte er diese ungerechte hohe
Steuer bezahlen. Aber er durfte die Dinge nicht an sich
herankommen lassen, er mußte ein Mann fein und handeln.
Llnd Eugen Klebba handelte. Er nahm Murks das
schöne Lalsband ab, band ihm einen elenden Bindfaden
um und führte ihn daran auf das Polizeiamt: Abteilung
für verlorene und gefundene Gegenstände. Lier saß ein
Mann, der gerade srühstückte. „Guten Tag!" sagtc Lerr
Klebba. Der Beamte sagte nichts. Lerr Klebba dachte.
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Student: „Wenn ich von meiner Tante Geld brauche, muß ich immer
erst ihrem Mops und ihrem Kanarienvogel schön tun."
— „Das ist ja gar nichts! Ich habe drei Tanten, die zusammen wohnen.
Wenn ich die anpumpe, zwingen sie mich jedesmal, ihnen ihre sämtlichen
Briese vo» ihrcn drei seligen Liebhabern vorzulesen."
Murks
hatte. Dafür sollte sie eben gar nichts be-
kommen. Das ist die gerechte Strafe für den,
der zu viel haben will.
Murks gedieh prächtig, zur Freude des
§>errn Klebba und seiner Tante Paula, die
mit ihm zusammen wohnte und die kleine
Wirtschaft besorgte. Er war ein munteres
Tierchen. Mit besonderer Vorliebe hielt er
sich auf dem Balkon auf, der zu der Wohnung
seines loerrn gehörte; er sah auf die Straße
hinab und gab hin und wieder sein Interesse
an den dort sich abspielenden Vorgängen durch
Bellen kund.
So verging ein ganzes Iahr, ein Iahr,
in dem Eugen Klebba, wenn auch sonst nichts,
so doch unstreitig dreißig Mark gespart hatte.
Da zog in die Nebenwohnung Äerr Rentier
Schmierlich ein. Diese Wohnung hatte auch
einen Balkon, und eigentlich war es derselbe
Balkon wie der des Kierrn Klebba; er war
nur halbiert, in der Mitte durchschnitt ihn
ein Gitter, das in seinem oberen Teil noch mit
Brettern bekleidet war. So konnte man aus
der einen Seite des Balkons von den auf der
andern sich aufhaltenden Leuten nur die Beine
wahrnehmen, nicht die obere Lälste. Der
Erbauer des öoauses hatte wohl gedacht, daß
dann die Nachbarschaft weniger störend em-
Pfunden würde. Damit hatte er ja auch recht,
denn die Gesichter sind es, die am meisten
stören.
Äerr Rentier Schmierlich benühte seinen
Balkon recht eifrig. Während er nun von seinen
Nachbarn, nämlich Eugen Klebba und der Tante
Paula, nur die slnterpartien wahrnehmen
konnte, sah er Murks natürlich ganz und gar,
und dieser Anblick verdroß ihn, denn erwar kein
Lundefreund. Besonders erschwerend aber fiel
ins Gewicht, daß jener Lund sich nicht nur sehen,
sondern auch hören ließ, nämlich durch Bellen.
Äerr Schmierlich redete sich ein, daß ihn dieses
Bellen nervös machte, daß es seiner Gejundheit
schädlich wäre, und daß man etwas dagegen tun
müßte. Eine Folge dieser Aeberlegungen war, daß Lerr
Schmierlich die Meinung saßte, es würde eine zu niedrige, viel
zu niedrige Lundesteuer erhoben, und die Konsequenz dieses
Gedankens wiederum war es, daß der Nentier seine Augen
sorschend aus das schöne Lederband richtete, das Murks um
seinen schlanken Lals trug. Aha, das hatte man sich ja denken
können! Der Köter hatte keine Blechmarke; er oder viel-
mehr sein Lerr betrog die Gemeindekasse in nichtswürdiger
Weise um den pflichtigen Steuerbetrag. Es lüßt sich nicht
leugnen, daß diese Entdeckung Lierrn Schmierlich mit einer
gewissen Genugtuung erfüllte.
And eines schönen Tages, als Murksfiich in Gesellschaft
seines L>errn auf dem Balkon besand und gerade einem
die Straße passierenden Neufundländer-Kollegen nachge-
bellt hatte, da sprach Lerr Schmierlich laut und deutlich
die vielsagenden Worte: „And nicht einmal eine Steuer-
marke hat die Töle! Na, wenn das einer anzeigen würde!"
Er tat dabei, als äußerte er dies zu einer neben ihm
sitzenden Person, aber Eugen Klebba, der aufgehorcht hatte,
erkannte an der Zahl der sichtbaren Beine, daß sein Nach-
bar ganz allein auf dem Balkon war, seine Worte afio
mit niederträchtig drohender Absicht in die Luft gesprochen
hatte. Er erbleichte. Das konnte Lerr Schmierlich natürlich
nicht wahrnehmen, aber er ahnte es und verließ befriedigt
seine Lälste des Balkons.
Eugen Klebba verbrachte die beiden nächsten Nächte
schlaslos. Er wälzte sich aus seinem Lager, wie seingebildete
Leute sagen. Das war ja eine scheußliche Geschichte! Wenn
nun der böse Nachbar die Steuerhinterziehung zur Anzeige
brachte! Sollte er jetzt noch schnell hingehen und dreißig
Mark für seinen Murks erlegen? Ach Gott, er mußte ja
gerade jetzt jeden Pfennig zusammenhalten, denn er sparte
für eine kleine Sommerreise während seines Arlaubs. Nein,
unter keinen Llmständen wollte er diese ungerechte hohe
Steuer bezahlen. Aber er durfte die Dinge nicht an sich
herankommen lassen, er mußte ein Mann fein und handeln.
Llnd Eugen Klebba handelte. Er nahm Murks das
schöne Lalsband ab, band ihm einen elenden Bindfaden
um und führte ihn daran auf das Polizeiamt: Abteilung
für verlorene und gefundene Gegenstände. Lier saß ein
Mann, der gerade srühstückte. „Guten Tag!" sagtc Lerr
Klebba. Der Beamte sagte nichts. Lerr Klebba dachte.