222
Meggendorfer-Blätter, München
Nr. 1253
Dreizehn Schliige um Mittcrnachl
Wenn sie, die ich so treu geliebt,
Im stillen manchmal mein gedenkt
And mir, herzinniglich betrübt,
Ein Tränlein der Erinn'rung schenkt.
Ach, war das schön! In seinem Glück vergaß Gottlieb
ganz, daß er ja einen Reim auf Lohn hatte suchen wollen,
daß sein Gedicht eine ganze Zeile zuviel hatte. In der
Erregung des Schaffens übersieht eben der Dichter manch-
mal selbst grobe Fehler. And nun, da es Mitternacht war,
und er die vier Schläge auf der kleineren, hell tönenden
Glocke getan hatte, da deklamierte Gottlieb Veenekamp sein
Gedicht und ließ nach jedem Vers den Lammer an die große
anschlagen. von dem ersten: Ach, käme doch der bittre Tod!
bunnn — bis zum letzten: Ein Tränlein der Erinn'rung
schenkt, bumm. Ia das waren nun dreizehn Schläge gewesen.
Aber die Münsterwalderer hatten nur auf den ersten Schlag
geachtet; dann hatten sie die Gläser erhoben und klingend
angestoßen, hatten sich ein frohes Neues Iahr gewünscht
und allerlei Lärm gemacht.
Ein einziges Ohrenpaar jedoch hatte den dreizehnten
Schlag wohl vernommen, und das waren die Ohren der
Witwe Ehristiane Dettloff gewesen. Am acht Ahr war sie
mit Renate bei Madame Kosmack erschienen. Die hatte das
Silberzeug herausgegeben, und auf sestlicher Tafel bramtten
zwölf Kerzen. Nun, auf die kam es in diesem Lause ja »icht
an. Lerr Kosmack, der Sohn war in einem Staatsgewand
erschienen, dem noch kein Geruch von Seife undFett anhaf-
tete, aber er nahm sich darin nvch kühler, noch gewappneter
aus gegen freündliche Regungen. Diesmal setzte er sich neben
Renate. Lin und wieder verzog er den Mund wie einen
schlecht geölten Mechanismus zu einer Art Lächeln, ja, er
legte ihr sogar persönlich ein paar besonders gute Bissen auf
den Teller. Aber man mertte ihm an, wie ungewohnt solches
Tun ihm war,und daß er auch ganz und gar nicht die Absicht
hatte, es je zu einer Gewohnheit werden zu lassen.
Nach dem Essen blieben noch über drei Stunden bis
Mitternacht. Die Witwe Dettloff wunderte sich über sich
selbst, daß sie vor dieser langen Frist etwas erschrak. Was
sollte man reden? Womit die Zeit verbringen? Da fiel,
ganz unversehens, der Name irgend eines Bürgers, mit
dem das Laus Kosmack geschäftliche Beziehungen hatte, und
Mutter und Sohn begannen von Kapitalien und Interessen
zu sprechen, von sicheren und unsicheren Leuten und allem
möglichen Geldumtrieb. Christiane Dettloff und Iungfer
Renate saßen still und kümmerlich da, und aus allen Ecken
des festlichen Zimmers schien Kälte auf sie los zu kriechen.
Nicht einmal eine Ahr, die unterhaltend getickt hätte, war
da, fiel es der Witwe Dettloff auf, — Madame Kosmack
duldete keine Ahr um stch, das Ticken störte sie.
Dann aber war es auf einmal doch Zeit geworden, daß
Lerr Kosmack den Punsch mischte, eilfertig, ohne Liebe zum
Werk. And dann kam der Augenblick, da er sich, als hätte
er etwas Nebensächliches dabei vergessen, zu Renate beugte:
„Also, werte Demo selle, — auf daß uns beiden das neue
Iahr recht viel Schönes bringe!" — Da schlug drüben über
dem Marktplatz die Nathausuhr, und die Witwe Dettloff,
erschreckt durch Lerrn Kosmacks kühles Gesicht, zählte ganz
mechanisch mit. And gerade als Lerr Kosmack Renate in
dieAugen zu schauen versuchte, tat es den dreizehnten Schlag.
Bald darauf gingen Mutter und Tcchter nach Lause.
Aber die Witwe Dettloff konnte in dieser Nacht nicht ein-
^lk. 1253. 31. 1914. Illsei-UonsZsbükren 4A6spaIt. Honpareillereils 1 Llsrlc. Lllsinigk IllserLleri-LnnüIrQre bel üuäolf IVI0886, älilillliLKII-ltllöliiiillll.
IVIÜnolien.Lttss!, Lsrlin. Lresiau, Luärlpe8i..6keinnji2, OOIn, vresäen, Vti886l6nrk,k'ranjrkui t, Ikaindure, I^eip^ix, ^laZäebnrZ. ölanndeiw, ^ürnberb.Lra^.Strassburxj.L., LtuttZai t, VVjen»2ür!l I>.
kssteliunLen auk c!is VVvedsnaosffads bei allen Lueti- unä XuuslkauälunLen, 2sltunxs-1i.xpeäitionen unä l-'ostärntern. tzuurtalpreis (13 I^ummsrn) in veutsedianä A. 3. — ,
k'ostderuk A. 3.05, unter XreuLbanä A. 3.25. In Oesterrsieb-IInxarn L 3.60, t'ostberux L 8.85, unter Lreurbanä L 4.—. Lür äie anäereu b.änäer äes ^eltpostvsrsin^
unter Lreu/.banä Al. 4.30 — Lr. 5.50. Linrlelne bluinmer 30 pfxr. oä. 36 d. — Ikettausxsde (141ästix) isbrl. 26 Hekte ä 60 kfzr. oä. 60 d nur äureb äen Kuebbanäel.
Wenn Lie 4n sinem Oesebäkt xexen
KusLvn, Hsiserbeit, Leuoddustvn, Ver-
«elileimunx, Latarrd, sedmerr.enllen ^
l'LuneL kauken, äann muss isäes
b'a.kst 2u 25 unä 30 k'kx. u. )säa
Oo8s 2U 50 u. 60 k'kx. äis Lebutx-
_ marks 3 I'aiiuen traxsn. Ois miltlionsn-
Lis sieb vor Naebabmunxen u. äsm vvsrtlossn ^uoksrr:ug. k'r. Laissr, VV'aidünxeu.
^uob Labrikant äes bekannten Laisvi'L Linäermvdl.
Orixinalpaekun» vksiü-xrün-rot u. birma
SLivIi. 8vl>r»!delrt «LOo., obem. babrik
HVeinbOIrla - Olre^rlei».
Vlao verlanxs ausärüokliek ,,iriii«".
Leste unäbilli^stsLs-
2U8S<kU6lls tür soliäs
Lboto§r. ^.pparats in s
slvkaodsr bis ksinstsr ^
ämsküdrunx u. sLmtl.Leäarksartibel.
äilustr. Lrslsllstv Nr. 6 kostsnl.
vlrsktsrVsrsanä naeb sttsnV/slttsUsn ^
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bvl! ,Nld. uur bl. 3- — 1002 nnrd. cv R- ^
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KIsx Nsi'dLr, »sälLlld , ttsmbui'g I
.ff' Alle BeinkrUmmunben ver-
A deckt elegant nur mem mech.
s oyne Polstrr odrr Miskll.
^ Calalog gral.
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