L. Meggendorfers Lfunioristische Blätter.
Die Schulrevision.
n Schlappendorf liegt das Gasthans zur „Goldenen Gans"
dem Lchulhanse gerade gegennber und so konnnt es
denn oft, daß der Lehrer bjudler, wenn er die Schlappen-
dorfer Schulsngend entlafsen hat, iiber die Dorfstraße
fchlendert und sich in der „Gans" nach den heißen Sonuner-
schulstunden niit einein Schoppen siärkt, uni des bsalses Trocken-
heit zu beseitigen nnd den lästigen 5chnlstaub hinunter zu
spiilen. bserr ksudler ist iiberhaupt kein 5pielverderber und
allezeit gern bereit, beiin 5kat den dritten Nann zu machen.
So ein Skat kann niitnnter etwas lange dauern. Neulich ist
denn auch bserr bsudler bei seinem Lserrn Schulinspektor ange-
klagt worden, daß er alle Tage in der goldenen Gans sitze und
dort Rarten spiele bis in die Nacht. Der gestrenge bserr Schnl-
insxektor befürchtete niin, daß der Unterricht darunter leiden
könnte und beschloß, eine plötzliche Revision der Schlappendorfer
Schule vorzunehinen. Eines Morgens also erschien er uner-
erwartet ini Schnlziininer, traf aber alles in bester Grdnung
und konnte sich iiber Kenntnisse nnd chertigkeiten der kleinen
Echlappeudorfer nur lobend änßern. Aber sein Mißtrauen war
eininal wachgerusen. Deshalb nahin er sich vor, bald wieder
zn komnien, um dem Lserrn Lehrer noch einmal auf den Zahn
zu siihlen. Vielleicht, daß der Schlaue aus irgend eine IVeise
von der Anzeige wind bekommen und sich aus die Revision
vorbereitet hatte!
Es war an einem sehr heißen Augnsttage, als der Magen
des Lserrn Schulinspektors aus der Dorfstraße in Schlappendorf
hielt, aber merkwürdiger Weise nicht vor dem Echulhause,
sondern einige hnndert Schritte davon entfernt. So zwiscken
els und zwöls Uhr mochte es sein, gerade in der letzten l)or-
mittags-Echulstunde, als der bserr Schulinspektor in das wein-
umrankte Echulhaus eintrat. Schon in der bsausflur vernahm
er das leise Eummen und 5chwirren, das die Nähe vieler
Ainder verrät. Er horchte unwillkürlich an der Thüre des
5chulzimmers; aber er hörte keine laute 5timme, hörte weder
B. F. Schniidt.
Frage noch Antmort, sondern nur jenes gleichmäßige Geräusch,
östers unterbrochen von dem Rlappern der Tafelstifte und
Federkasten. 5ollte der therr Lehrer vielleicht nicht anwesend
sein? — Der Gestrenge össnete allmählich und leise die Thüre
und iibersah alsbald die Situation. Da saß der brave Lsudler
aus dem Ratheder, den Rops aus die bsände gestützt, und schlief
den sanften Schlaf des Gerechten, während die Rinder in süßer
Ruhe mit behaglicher Langsamkeit ihre schriftlichen Ansgaben
erledigten. Als einige von ihnen den eintretenden Lserrn
Schulinspektor sahen, wollten sie sich zum Gruße von ihren
jAätzen erheben; er aber winkte ihnen mehrmals leise zu, doch
sitzen zu bleiben, was denn auch gern befolgt wurde. 5till
setzte sich der bserr Schulinspektor auf eine Seitenbank und saßte
den schlummernden Lehrer ins Auge, indem er dachte: ich will
doch einmal sehen, wie lange der noch schlafen wirdl Ietzt
habe ich ja die schönste Gelegenheit, ihn mal ein bischen zu
kneifen und ihm sein spätes Sitzen im Wirtshause vorzuhalten.
Zusrieden mit der gelungenen Ueberrumpelung, sing der kserr
Schulinspektor allmählich an, sich auf seinem 5itze immer be-
haglicher zu sühlen. Nit würde lehnte er sich zurück und
schlug die Arme vor der Brust übereinander. Es war so heiß,
daß man sich nicht gerne bewegen mochte. Aein Laut drang
von der stillen Dorsstraße herein; hier aber in der niedrigen
5chulstube übte die schwüle Luft und das gleichmäßige Gesumm
der Schülerschar einen alle 5inne sanst betänbenden Linfluß
aus. Der b^err Schulinspektor saß im ksalbdunkel. Vor eineni
blendenden 5onnenstrahl, der durch das weinlaub, welches das
Fenster fast verhüllte, sich hindurchstahl, schloß er die Augen,
als wolle er seine Gedanken so recht innerlich sammeln und —
schlief ein.
Nach einiger Zeit erwachte bsudler und gewahrte zu
seinem größten Bchrecken den 5chulinspektor, der aber mit
vornübergebeugtem Aopse sriedlich stille dasaß und nickte. Er-
schrockcn sah bsudlcr nach seiner Uhr, um sestznstellen, wie spät
Die Schulrevision.
n Schlappendorf liegt das Gasthans zur „Goldenen Gans"
dem Lchulhanse gerade gegennber und so konnnt es
denn oft, daß der Lehrer bjudler, wenn er die Schlappen-
dorfer Schulsngend entlafsen hat, iiber die Dorfstraße
fchlendert und sich in der „Gans" nach den heißen Sonuner-
schulstunden niit einein Schoppen siärkt, uni des bsalses Trocken-
heit zu beseitigen nnd den lästigen 5chnlstaub hinunter zu
spiilen. bserr ksudler ist iiberhaupt kein 5pielverderber und
allezeit gern bereit, beiin 5kat den dritten Nann zu machen.
So ein Skat kann niitnnter etwas lange dauern. Neulich ist
denn auch bserr bsudler bei seinem Lserrn Schulinspektor ange-
klagt worden, daß er alle Tage in der goldenen Gans sitze und
dort Rarten spiele bis in die Nacht. Der gestrenge bserr Schnl-
insxektor befürchtete niin, daß der Unterricht darunter leiden
könnte und beschloß, eine plötzliche Revision der Schlappendorfer
Schule vorzunehinen. Eines Morgens also erschien er uner-
erwartet ini Schnlziininer, traf aber alles in bester Grdnung
und konnte sich iiber Kenntnisse nnd chertigkeiten der kleinen
Echlappeudorfer nur lobend änßern. Aber sein Mißtrauen war
eininal wachgerusen. Deshalb nahin er sich vor, bald wieder
zn komnien, um dem Lserrn Lehrer noch einmal auf den Zahn
zu siihlen. Vielleicht, daß der Schlaue aus irgend eine IVeise
von der Anzeige wind bekommen und sich aus die Revision
vorbereitet hatte!
Es war an einem sehr heißen Augnsttage, als der Magen
des Lserrn Schulinspektors aus der Dorfstraße in Schlappendorf
hielt, aber merkwürdiger Weise nicht vor dem Echulhause,
sondern einige hnndert Schritte davon entfernt. So zwiscken
els und zwöls Uhr mochte es sein, gerade in der letzten l)or-
mittags-Echulstunde, als der bserr Schulinspektor in das wein-
umrankte Echulhaus eintrat. Schon in der bsausflur vernahm
er das leise Eummen und 5chwirren, das die Nähe vieler
Ainder verrät. Er horchte unwillkürlich an der Thüre des
5chulzimmers; aber er hörte keine laute 5timme, hörte weder
B. F. Schniidt.
Frage noch Antmort, sondern nur jenes gleichmäßige Geräusch,
östers unterbrochen von dem Rlappern der Tafelstifte und
Federkasten. 5ollte der therr Lehrer vielleicht nicht anwesend
sein? — Der Gestrenge össnete allmählich und leise die Thüre
und iibersah alsbald die Situation. Da saß der brave Lsudler
aus dem Ratheder, den Rops aus die bsände gestützt, und schlief
den sanften Schlaf des Gerechten, während die Rinder in süßer
Ruhe mit behaglicher Langsamkeit ihre schriftlichen Ansgaben
erledigten. Als einige von ihnen den eintretenden Lserrn
Schulinspektor sahen, wollten sie sich zum Gruße von ihren
jAätzen erheben; er aber winkte ihnen mehrmals leise zu, doch
sitzen zu bleiben, was denn auch gern befolgt wurde. 5till
setzte sich der bserr Schulinspektor auf eine Seitenbank und saßte
den schlummernden Lehrer ins Auge, indem er dachte: ich will
doch einmal sehen, wie lange der noch schlafen wirdl Ietzt
habe ich ja die schönste Gelegenheit, ihn mal ein bischen zu
kneifen und ihm sein spätes Sitzen im Wirtshause vorzuhalten.
Zusrieden mit der gelungenen Ueberrumpelung, sing der kserr
Schulinspektor allmählich an, sich auf seinem 5itze immer be-
haglicher zu sühlen. Nit würde lehnte er sich zurück und
schlug die Arme vor der Brust übereinander. Es war so heiß,
daß man sich nicht gerne bewegen mochte. Aein Laut drang
von der stillen Dorsstraße herein; hier aber in der niedrigen
5chulstube übte die schwüle Luft und das gleichmäßige Gesumm
der Schülerschar einen alle 5inne sanst betänbenden Linfluß
aus. Der b^err Schulinspektor saß im ksalbdunkel. Vor eineni
blendenden 5onnenstrahl, der durch das weinlaub, welches das
Fenster fast verhüllte, sich hindurchstahl, schloß er die Augen,
als wolle er seine Gedanken so recht innerlich sammeln und —
schlief ein.
Nach einiger Zeit erwachte bsudler und gewahrte zu
seinem größten Bchrecken den 5chulinspektor, der aber mit
vornübergebeugtem Aopse sriedlich stille dasaß und nickte. Er-
schrockcn sah bsudlcr nach seiner Uhr, um sestznstellen, wie spät