L. IMeggen-orfers uni o rist is ch e Blätter.
Lfeute zum erstenmal war er schwach gewesen.
Auf dem Nachhausewege, kurz vor seiner Lfausthüre, hatte
er einen alten, lieben Freund, den er seit fünf Icchren nicht
gesehen hatte, getroffen. Mit diesem war er nach einem in
der Nähe liegenden großen Bierhause gegangen, und hier saß
er nun seit — zwei Stunden! Um sieben Uhc hatte er den
Freund getroffen, jetzt war es neunl
Als sein verführer eben eine neue „Lage" bestellen wollte,
fiel ihm plötzlich ein, daß er ja zu Lfause sein liebes tveibcheil
hatte, das ihn seit zwei Stunden jedenfalls sehnsüchtig erwartete.
Lr hatte ja versprochen, sxätestens um sieben Uhr zu bfause
zu sein.
Er sprang auf und griff nach seinem Ueberzieher. !
„Ich mutz nach Lfausel" rief er. „Meine Frau erwartet
mich seit zwei Stundenl"
„Aber kjans," sagte der andere ruhig, „dann wartet
Deine Frau noch ein paar Minuten länger."
Frau Ur. lVinter hatte Besuch bekommen. Ihre Busen-
freundin, eine hellblonde, zärtlich blickende junge Dame war
zum Kaffee erschienen.
Man hatte riesige CZuanten des schönen Getränks vertilgt,
sich dabei auf das Beste unterhalten, nachher die Modenzeitungen
durchgeblättert — dabei war es sieben Uhr geworden.
„Mein lieber Mann muß gleich erscheinenl" rief Frau
Or. winter, als eine Uhr im Nebenzimmer jetzt sieben schlug.
„Ist er noch immer so aufmerksam und in allem so
pünktlich wie früher?" fragte die Freundin.
„Leider, jal" seufzte die junge Frau.
„Leider sagst Du?"
„Ia er ist zu pünktlich, zu aufmerksaml"
„Du bist mir unverständlich I"
„Ls klingt ja sonderbar, aber ich kann nicht dafür. Llse,
ich fühle mich nicht so glücklich, wie es scheint, ich — ich — ja
— chans ist z u gut l"
„Nein, nein, ich
kann nicht langer bleiben l
wieviel Gläser hatten
wir zusammen?"
„Ich nehme es Dir
übel, chans, wenn Du
jetzt gehstl L>or allen
Dingen ist hier eine
frische Auflage; die trin-
ken wir noch aus und
nachher sehen wir wei-
ter."
Lr zog den jungen
Lhemann auf seinen
Stuhl zurück und stieß
mit ihm an.
„Sobald ich dieses
Glas Bier ausgetrunken
habe, gehe ich!" rief l)r.
k^ans bestimmt. „Meiue
ä>rau wird mir bittere
Vorwürfe machen, daß
ich sie so lange allein
gelassen habe."
„Stehst Du denn
unter'm jdantoffel?"
„Das nicht, aber
„Ach, sei doch nicht schwachl So viel Freiheit muß ein
Nann doch haben, daß er mit einem guten Freunde 'mal ein
Glas Bier trinken kannl Du bist doch nicht in schlechter
Gesellschaft I"
„Ich habe mir vorgenommen, nie ohne meine Frau aus-
zugehen. Meine Frau ist ein Musterweib, ich will ein Muster-
gatte seinl"
„Da hast Du Dich, oder richtiger, da hat Deine Frau
Dich aber sehr geändertl Friiher warst Du doch der Ausge-
lassenste und Skrupelloseste von allenl"
„Das stimmt. Mein Grundsatz ist eben: Vor der Lhe
alles, nach der Lhe garnichtsl"
„Na — prositl Ich werde mir morgen erlauben, mir
Deine liebe Frau anzusehen. Ietzt aber trinken wir noch eins!"
Or. Lfans ließ sich überreden. Das viele Bier, welches er
getrunken, hatte ihn schon schwach gemacht. Man trank noch
verschiedene „Lagen," brach dann um zwölf Uhr auf, geriet
aber noch in ein Lafs, saß hier auch noch einige Zeit und,
nun es war drei Uhr, als vr. Lsans seinem k^eim zutaumeltel
„Du bist närrischl"
„Mag seinl"
„wiekanneinMann
zu gut sein?I"
„Llse, ich kann Dir
das nicht recht erklären,
weil Du so ganz anders
geartet bist, als ich. Du
kannst mich vielleicht
gar nicht verstehen."
„Mir verstehen uns
doch in anderen Sachen."
„Ia, ja, aber das
ist ein ganz besonderer
Fall. Also kurz, kjans
ist mir — kjans ist mir
— langweiligl"
Sie war ganz erregt
geworden. Sie warf das
Zeitungsblatt, welches sie
in der bjand hatte, weit
fort und sprang auf.
„Langweilig ist Dir
Dein Mann?I"
„Ia, er ist entsetz-
lich langweiligl Lang-
weilig und süß zmn
Davonlaufen!"
„Du bist wirklich sonderbarl"
„Lr bringt mich um mit seinen süßen worten! Lr mordet
mich mit seinen Zärtlichkeitenl Bitteres, cherbes — Gift
will ichl"
„kja, ha, hal"
Die Blondine schüttelte sich vor Lachen. Ihre Freundin
kam ihr so drollig in ihrer Lrregung vor.
„Denke Dir, alles sieht er mir an den Augen ab, alles
bewilligt er mirl B>n ich böse, bittet er ab, ohne etwas ver-
brochen zu haben. ^mmer ist er der Gute, der Nachgiebige,
immer der — der Süße, der Göttliche. Das ist mir langweilig.
Ich habe keinen Gott geheiratet, sondern einen Menschen mit
menschlichen Schwächen. Mein Mann soll Dummheiten und
^sehler begehen, wie alle anderen Männer; er soll 'mal über
die Stränge schlagen, wie alle anderenl ksast Du mich ver-
standen, Llse? Mein Mann soll 'mal gut 'mal böse, 'mal süß
'mal zornig seinl Lr soll mich gut und schlecht behandeln,
Lr soll mich quälen, wie andere Männer ihre ^srauen quälen,
Lfeute zum erstenmal war er schwach gewesen.
Auf dem Nachhausewege, kurz vor seiner Lfausthüre, hatte
er einen alten, lieben Freund, den er seit fünf Icchren nicht
gesehen hatte, getroffen. Mit diesem war er nach einem in
der Nähe liegenden großen Bierhause gegangen, und hier saß
er nun seit — zwei Stunden! Um sieben Uhc hatte er den
Freund getroffen, jetzt war es neunl
Als sein verführer eben eine neue „Lage" bestellen wollte,
fiel ihm plötzlich ein, daß er ja zu Lfause sein liebes tveibcheil
hatte, das ihn seit zwei Stunden jedenfalls sehnsüchtig erwartete.
Lr hatte ja versprochen, sxätestens um sieben Uhr zu bfause
zu sein.
Er sprang auf und griff nach seinem Ueberzieher. !
„Ich mutz nach Lfausel" rief er. „Meine Frau erwartet
mich seit zwei Stundenl"
„Aber kjans," sagte der andere ruhig, „dann wartet
Deine Frau noch ein paar Minuten länger."
Frau Ur. lVinter hatte Besuch bekommen. Ihre Busen-
freundin, eine hellblonde, zärtlich blickende junge Dame war
zum Kaffee erschienen.
Man hatte riesige CZuanten des schönen Getränks vertilgt,
sich dabei auf das Beste unterhalten, nachher die Modenzeitungen
durchgeblättert — dabei war es sieben Uhr geworden.
„Mein lieber Mann muß gleich erscheinenl" rief Frau
Or. winter, als eine Uhr im Nebenzimmer jetzt sieben schlug.
„Ist er noch immer so aufmerksam und in allem so
pünktlich wie früher?" fragte die Freundin.
„Leider, jal" seufzte die junge Frau.
„Leider sagst Du?"
„Ia er ist zu pünktlich, zu aufmerksaml"
„Du bist mir unverständlich I"
„Ls klingt ja sonderbar, aber ich kann nicht dafür. Llse,
ich fühle mich nicht so glücklich, wie es scheint, ich — ich — ja
— chans ist z u gut l"
„Nein, nein, ich
kann nicht langer bleiben l
wieviel Gläser hatten
wir zusammen?"
„Ich nehme es Dir
übel, chans, wenn Du
jetzt gehstl L>or allen
Dingen ist hier eine
frische Auflage; die trin-
ken wir noch aus und
nachher sehen wir wei-
ter."
Lr zog den jungen
Lhemann auf seinen
Stuhl zurück und stieß
mit ihm an.
„Sobald ich dieses
Glas Bier ausgetrunken
habe, gehe ich!" rief l)r.
k^ans bestimmt. „Meiue
ä>rau wird mir bittere
Vorwürfe machen, daß
ich sie so lange allein
gelassen habe."
„Stehst Du denn
unter'm jdantoffel?"
„Das nicht, aber
„Ach, sei doch nicht schwachl So viel Freiheit muß ein
Nann doch haben, daß er mit einem guten Freunde 'mal ein
Glas Bier trinken kannl Du bist doch nicht in schlechter
Gesellschaft I"
„Ich habe mir vorgenommen, nie ohne meine Frau aus-
zugehen. Meine Frau ist ein Musterweib, ich will ein Muster-
gatte seinl"
„Da hast Du Dich, oder richtiger, da hat Deine Frau
Dich aber sehr geändertl Friiher warst Du doch der Ausge-
lassenste und Skrupelloseste von allenl"
„Das stimmt. Mein Grundsatz ist eben: Vor der Lhe
alles, nach der Lhe garnichtsl"
„Na — prositl Ich werde mir morgen erlauben, mir
Deine liebe Frau anzusehen. Ietzt aber trinken wir noch eins!"
Or. Lfans ließ sich überreden. Das viele Bier, welches er
getrunken, hatte ihn schon schwach gemacht. Man trank noch
verschiedene „Lagen," brach dann um zwölf Uhr auf, geriet
aber noch in ein Lafs, saß hier auch noch einige Zeit und,
nun es war drei Uhr, als vr. Lsans seinem k^eim zutaumeltel
„Du bist närrischl"
„Mag seinl"
„wiekanneinMann
zu gut sein?I"
„Llse, ich kann Dir
das nicht recht erklären,
weil Du so ganz anders
geartet bist, als ich. Du
kannst mich vielleicht
gar nicht verstehen."
„Mir verstehen uns
doch in anderen Sachen."
„Ia, ja, aber das
ist ein ganz besonderer
Fall. Also kurz, kjans
ist mir — kjans ist mir
— langweiligl"
Sie war ganz erregt
geworden. Sie warf das
Zeitungsblatt, welches sie
in der bjand hatte, weit
fort und sprang auf.
„Langweilig ist Dir
Dein Mann?I"
„Ia, er ist entsetz-
lich langweiligl Lang-
weilig und süß zmn
Davonlaufen!"
„Du bist wirklich sonderbarl"
„Lr bringt mich um mit seinen süßen worten! Lr mordet
mich mit seinen Zärtlichkeitenl Bitteres, cherbes — Gift
will ichl"
„kja, ha, hal"
Die Blondine schüttelte sich vor Lachen. Ihre Freundin
kam ihr so drollig in ihrer Lrregung vor.
„Denke Dir, alles sieht er mir an den Augen ab, alles
bewilligt er mirl B>n ich böse, bittet er ab, ohne etwas ver-
brochen zu haben. ^mmer ist er der Gute, der Nachgiebige,
immer der — der Süße, der Göttliche. Das ist mir langweilig.
Ich habe keinen Gott geheiratet, sondern einen Menschen mit
menschlichen Schwächen. Mein Mann soll Dummheiten und
^sehler begehen, wie alle anderen Männer; er soll 'mal über
die Stränge schlagen, wie alle anderenl ksast Du mich ver-
standen, Llse? Mein Mann soll 'mal gut 'mal böse, 'mal süß
'mal zornig seinl Lr soll mich gut und schlecht behandeln,
Lr soll mich quälen, wie andere Männer ihre ^srauen quälen,