L. INeggendorfers ^umoristische Blätter.
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Nur praküsch.
Besuch: „5ag' inir nur, wo Dn diese Ntasse von Mein kerbekominst? Deine Verhältnisse
sind ja doch nicht zu glänzendl"
bserr des Lsanses: „Das alles siat inich nur eine eininalige Annoncc gekostet: .Grosie
C)nantitäten Wein werden zu kanfen gesucht, s)robebo n tei llen wollen abgegeben werden
. . . .' solgt natllrlich ineine Adressel"
Der Schwiegersohn.
err Boll stand zeitlebens unter dem jdantossel, erst unter
demjenigen der Gattin, und später, als diese das Zeit-
liche segnete, unter jenem seines Töchterleins. Nnd da
Fräulein Eugenie Boll nicht in der Lage war, einen andern
Mann zu t'srannisiereii, so ließ sie isire Launen an ihrem j?axa
aus, der sich auch alles niögliche und einiges unmögliche gesal-
len ließ. Dasür rächte er sich wieder dnrch Grobheit an seinen
Aunden und Mietern. Ljerr Boll besaß näinlich ein großes
dreistöckiges Lsaus in der Lsauptstraße; im Erdgeschoß befand
sich das Bollsche Geschäftslokal und warenmagazin, im ersten
Stock die Familienwohnung, während der zweite ätock an ver-
schiedene parteien vermietet worden war.
Nanchmal sreilich wurde es Ljerrn Boll zu arg und er empsand
eine unbezähmbare Sehnsucht nach einem Schwiegersohn, der
wie ein Blitzableiter alle die Liebenswnrdigkeiten der holden
Eugenie auffangen sollte. Allein mit der Zeit schwand diese
Lsoffnung mehr und mehr. Fränlein Eugenie war zu wenig
verschwenderisch mit irdischen Reizen ausgestattet, als daß sie
eine große Anziehungskraft auf die Nännerwelt auszuüben
vermocht hätte; doch sei der wahrheit gemäß berichtet, daß sie
einige Freier, die gar zu unverschämt nach dem Geldschranke
des bserrn Boll schielten, abgewiesen hatte. Iahr um Iahr
vergieng, ohne daß der Lrsehnte kam und nur mit dem Nnte
der verzweiflung versuchte Fräulein Lugenie nach außen die
Ziktion ausrecht zu erhalten, daß
sie immer noch neunundzwanzig
Iahre alt sei.
Lines Tages nun erschien
ein Lserr im Bollschen bsause,
der stch als Nusiker Gröhler
vorstellte und ein Zimmer mieten
wollte. Es war nachmittags
gegen drei Uhr, wo Lserr Boll
gerade wie alltäglich in süßen
Schlnmmer lag; um ihn vor-
zeitig zu wecken, hätte man
ganz außergewöhnliche veran-
staltnngen treffen müssen. Da-
rum nnternahm es die Tochter
des thanses selbst, das Geschäft
des vermietens zn besorgen.
Es kam auch zu Stande und
erhielt gewissermaßen eine ro-
mantische weihe dadnrch, daß
die junge Dame ihr therz sofort
an den neuen Nieter verlor.
Wie das gekommen war, darüber
wußte sie sich keine Rechenschaft
zu geben; ein süßer Schauer
überfiel sie und eine innere
Stimme sagte ihr, daß Lserr
Gröhler der ihr vom Schicksal
zugedachte Gatte sei.
Lserr Gröhler konnte sich
nur einer sehr entfernten Aehn-
lichkeit mit Apollo rühmen.
Sein Ropswar entschieden dicker,
als nötig erschien, und seine
wasserblauen Augen würde ein
weniger höflicher Berichterstatter
vermutlich als Glotzaugen bezeichnen. Ieder seiner Rörper-
teile strebte nach möglichster Rundnng: sein Bäuchlein hatte
Rugelgeftalt angenommen, die Arme glichen walzen und seine
Finger erinnerten an Franksurter wnrstchen. Zwar setzten
seine Beine wie bei andern Nenschenkindern am Rumpse ein,
dann aber schienen sie sür immer von einander Abschied
nehmen zu wollen und erst spät kehrten sie im Gesühle der
Znsammengehörigkeit wieder zu einander zurück. Auf solche
weise bildeten sie nahezu einen Rreisbogen, ein Umstand, der
bserrn Grählers Freunde veranlaßt hatte, ihm den Sxitznamen
„Tunnel" beizulegen. Nochte nun aber der Ansbau Gröhlers
nicht nach den Regeln einer strengen Schönheit erfolgt sein
aus das liebebedürstige therz Lugeniens machte der Ankömmling
den günstigsten Eindruck und da sie mit der Feinsühligkeit des
liebenden weibes erriet, daß ein solennes vesxer am ersten
geeignet sei, die Saiten des Gröhlerschen Gemütes in Schwing-
ungen zu versetzen, so lud sie ohne weiteres den neuen Mieter
ein. In der That hatte ste das Richtige getroffen; bei der
Auffordernng überflog ein sonniges Lächeln bjerrn Gröhlers
Züge, das von Fräulein Eugenie als das erste Zeichen einer
aufkeimenden Liebe gedeutet ward. Bald saß man gemütlich
zusammen — es war inzwischen den vereinigten Rrästen des
Lsausknechts und der Röchin gelungen, Lserrn Boll aus seinem
Schlase zu wecken — und labte sich an allerlei guten Sachen.
Lserr Gröhler entwickelte dabei eine staunenswerte Meisterschaft
in der Bewältigung des Gebotenen; kaltes Geflügel, Bchinken,
Taviar, geräucherter Lachs schmolzen unter seinen Bemühungen
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Nur praküsch.
Besuch: „5ag' inir nur, wo Dn diese Ntasse von Mein kerbekominst? Deine Verhältnisse
sind ja doch nicht zu glänzendl"
bserr des Lsanses: „Das alles siat inich nur eine eininalige Annoncc gekostet: .Grosie
C)nantitäten Wein werden zu kanfen gesucht, s)robebo n tei llen wollen abgegeben werden
. . . .' solgt natllrlich ineine Adressel"
Der Schwiegersohn.
err Boll stand zeitlebens unter dem jdantossel, erst unter
demjenigen der Gattin, und später, als diese das Zeit-
liche segnete, unter jenem seines Töchterleins. Nnd da
Fräulein Eugenie Boll nicht in der Lage war, einen andern
Mann zu t'srannisiereii, so ließ sie isire Launen an ihrem j?axa
aus, der sich auch alles niögliche und einiges unmögliche gesal-
len ließ. Dasür rächte er sich wieder dnrch Grobheit an seinen
Aunden und Mietern. Ljerr Boll besaß näinlich ein großes
dreistöckiges Lsaus in der Lsauptstraße; im Erdgeschoß befand
sich das Bollsche Geschäftslokal und warenmagazin, im ersten
Stock die Familienwohnung, während der zweite ätock an ver-
schiedene parteien vermietet worden war.
Nanchmal sreilich wurde es Ljerrn Boll zu arg und er empsand
eine unbezähmbare Sehnsucht nach einem Schwiegersohn, der
wie ein Blitzableiter alle die Liebenswnrdigkeiten der holden
Eugenie auffangen sollte. Allein mit der Zeit schwand diese
Lsoffnung mehr und mehr. Fränlein Eugenie war zu wenig
verschwenderisch mit irdischen Reizen ausgestattet, als daß sie
eine große Anziehungskraft auf die Nännerwelt auszuüben
vermocht hätte; doch sei der wahrheit gemäß berichtet, daß sie
einige Freier, die gar zu unverschämt nach dem Geldschranke
des bserrn Boll schielten, abgewiesen hatte. Iahr um Iahr
vergieng, ohne daß der Lrsehnte kam und nur mit dem Nnte
der verzweiflung versuchte Fräulein Lugenie nach außen die
Ziktion ausrecht zu erhalten, daß
sie immer noch neunundzwanzig
Iahre alt sei.
Lines Tages nun erschien
ein Lserr im Bollschen bsause,
der stch als Nusiker Gröhler
vorstellte und ein Zimmer mieten
wollte. Es war nachmittags
gegen drei Uhr, wo Lserr Boll
gerade wie alltäglich in süßen
Schlnmmer lag; um ihn vor-
zeitig zu wecken, hätte man
ganz außergewöhnliche veran-
staltnngen treffen müssen. Da-
rum nnternahm es die Tochter
des thanses selbst, das Geschäft
des vermietens zn besorgen.
Es kam auch zu Stande und
erhielt gewissermaßen eine ro-
mantische weihe dadnrch, daß
die junge Dame ihr therz sofort
an den neuen Nieter verlor.
Wie das gekommen war, darüber
wußte sie sich keine Rechenschaft
zu geben; ein süßer Schauer
überfiel sie und eine innere
Stimme sagte ihr, daß Lserr
Gröhler der ihr vom Schicksal
zugedachte Gatte sei.
Lserr Gröhler konnte sich
nur einer sehr entfernten Aehn-
lichkeit mit Apollo rühmen.
Sein Ropswar entschieden dicker,
als nötig erschien, und seine
wasserblauen Augen würde ein
weniger höflicher Berichterstatter
vermutlich als Glotzaugen bezeichnen. Ieder seiner Rörper-
teile strebte nach möglichster Rundnng: sein Bäuchlein hatte
Rugelgeftalt angenommen, die Arme glichen walzen und seine
Finger erinnerten an Franksurter wnrstchen. Zwar setzten
seine Beine wie bei andern Nenschenkindern am Rumpse ein,
dann aber schienen sie sür immer von einander Abschied
nehmen zu wollen und erst spät kehrten sie im Gesühle der
Znsammengehörigkeit wieder zu einander zurück. Auf solche
weise bildeten sie nahezu einen Rreisbogen, ein Umstand, der
bserrn Grählers Freunde veranlaßt hatte, ihm den Sxitznamen
„Tunnel" beizulegen. Nochte nun aber der Ansbau Gröhlers
nicht nach den Regeln einer strengen Schönheit erfolgt sein
aus das liebebedürstige therz Lugeniens machte der Ankömmling
den günstigsten Eindruck und da sie mit der Feinsühligkeit des
liebenden weibes erriet, daß ein solennes vesxer am ersten
geeignet sei, die Saiten des Gröhlerschen Gemütes in Schwing-
ungen zu versetzen, so lud sie ohne weiteres den neuen Mieter
ein. In der That hatte ste das Richtige getroffen; bei der
Auffordernng überflog ein sonniges Lächeln bjerrn Gröhlers
Züge, das von Fräulein Eugenie als das erste Zeichen einer
aufkeimenden Liebe gedeutet ward. Bald saß man gemütlich
zusammen — es war inzwischen den vereinigten Rrästen des
Lsausknechts und der Röchin gelungen, Lserrn Boll aus seinem
Schlase zu wecken — und labte sich an allerlei guten Sachen.
Lserr Gröhler entwickelte dabei eine staunenswerte Meisterschaft
in der Bewältigung des Gebotenen; kaltes Geflügel, Bchinken,
Taviar, geräucherter Lachs schmolzen unter seinen Bemühungen