L. ^eggendorfers tfumoristische Biätter.
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Drei lvochen sxäter finden wir unsere Lselden ties im Feindesland.
cheute aber war Ruhetag, da wollte Nepomuk sich inal ordeut-
lich erholen. Ties aus dem Boden seines Tornisters schlummerte
eine lVurst, welche ihm seine Iette beim Abschiednehmen zuqe-
steckt — die wollte er heute versxeisen und dabei in Wehmut
der schönen Zeit gedenken, die er an Iettes Seite verlebt.
Um zu der Wurst gelangen zu köuuen, mustte er den ge-
samten Inhalt des Tornisters ausxacken. Dabei zeigte sich,
daß die Lmballage der jdatronen des therrn Lieutenants sich
an der einen Tcke gelockert hatte.
Greuadier Schueevogel erfreute sich eines vorziiglicheu
Auges, naturgemäß fiel ihm die absonderliche Form der patrone
auf, welche dort aus dem Riß neugierig in die R)elt schaute.
In der nächsten Bekunde löste sich ein grunzender Tou —
halb Ueberraschung, halb chrohlocken — von des Grenadiers
Lixpen, dann drehte er behutsam eiue jdatrone zwischen den
Fingern uud betrachtete dieselbe mit liebevollen Blicken.
Nepomnk war ein treuer und ehrlicher Uiener, aber
wo hat man schon gehört, daß sich diese löblichen Tigenschaften bei
einem Dffiziersburschen auch aus seines bserrn Zigarren erftrecken?
Ueinen Utenschen wird es wundern, wenn er ersährt, daß
Nepomuk bereits in den nächsten Ulinuten den würzigen Rauch
einer ksavanua in die Lust blies. Und indem ermitinnigeui Behageu
den blauen N)olken nachschaute, kam ihm ein glorioser Gedanke:
„Merd' ich immer, wenn ich hab' geraucht Zigarre, stecken
an ihre Stelle ein jdaket richtige Patronen."
In den nächsten Tagen wunderten sich die Uameraden uicht
wenig, daß Schneevogel an Stelle seines berüchtigten .Stinka-
dorius', wie sie seinen gewöhnlichen Tabak getauft, eiue so
feine Zigarre rauchte. Aus bezügliche Zragen hatte er so etwas
wie .Uriegsbeute' gemurmelt uud damit beruhigte nian sich.
Schneevogel aber verpaffte in größter Seelenruhe eine
Zigarre nach der andern und endlich kam der Tag, an welchem sich
in dem jdaket nur noch wirkliche jdatronen befanden.
Da aber erwachte sein Gewissen und beunruhigte ihn lebhast.
„U)as wird sagen cherr Lieuteuant, weun ersährt er Be-
scheerung — wird das geben großen Rrachl"
„Schneevogel, nächstens verlange ich auch mein j)aket zu-
rück," sprach Lieutenant von Ellerheim kurz daraus. „Ich
werde die j)atronen bald gebrauchen."
Schneevogel schreckte zusammen wie ein Berbrecher. „Ie
— o je," stöhnte er iunerlich, „was wird das werden?"
Am andern Tage aber kam eine Stunde, in welcher Bchnee-
vogel seine Ulissethat zunächst gänzlich vergaß.
Auf Rekoguoszierung war Lieutenant von Lllerheim mit
seinem kleiuen Lsäufiein von einer an Zahl wohl sünffach über-
legenen Franktireurbande angegriffen worden. Bie hatten sich in
das nächfte Bauernhaus geworsen, die Thüren verbarrikadiert
und durch die Fenster ein wirksames Feuer eröffnet, welches
die Feinde bis jetzt zurückgehalten. „Zeit gewounen, alles ge-
wonnenl" ries aufmunternd Ljerr von Lllerheim, deun er wußte,
daß im Laufe des Nachmittags eine deutsche Ravalleriepatrouille
das Dorf passieren mußte. In eiuer halben Btunde konnte die
rettende Verstärkung eintreffen.
Aber dann kam ein schrecklicher Augenblick. „cherr Lieute-
nant, wir haben soeben die letzte j)atrone verschossenl"
Dieser inhaltsschweren INitteiluug des Unterosfizieis solgte
banges Schweigen. Das wußte jeder, kam der Feiud einmaldichtan's
bsaus, so waren sie der erdrückenden Uebermacht gegenüber verloren.
„Nun, dann wollen wir unser Leben wenigstens teuer ver-
kaufen," sprach ernst der Mffizier.
Düster blickten die Grenadiere, von den sanatischen Frei-
schützen war j)ardon kaum zu erwarten. Noch hatten sie der
Deutschen Nerlegenheit nicht bemerkt, noch hielten sie sich in
sicherer Deckung — aber wie lange?
Greuadier Nexomuk Bchneevogel hatte den Ernst der
Bituation völlig erkanut.
„Armes Iette," murmelte er leise, „wirst Du köunen
Nepomuk nicht mehr geben immer so schöues, großes U)urst."
Uud dabei wurde ihm ganz trübselig zu Ulute.
Aber xlötzlich erhellten sich die Züge des Ljünen. „Nepomuk,
wo hast Du gehabt Deines Gedauken — so gute Gelegenheit."
Und laut sprach er: „bserr Lieutenant, habe ich ja noch
gauze j)aket mit patronen sür Ihr Gewehr in mein Tornister,
könucn wir uns damit noch gute U)eile halten Rothosen von ksals l"
Bchon war der Tornifter heruutergerissen und das j)aket
herausgenommen.
Lieutenant von Ellerheim lächelte schmerzlich. „Armcr
Rerl, beuiühe Dich nicht! Mit meiuen Zigarren werden wir
die cheiude nicht zurückhalten. Ich wollte wohl, es steckten
j)atroncn in dem j)a-" U)eiter kam Lieutenant von Eller-
heim uicht — sörmlich erstarrt schaute er auf die .Zigarreh
welche Echueevogel da aus dem j)aket langte.
„j)anie Lieuteuaut — wollen wir geben Franzuski zu
riecheu vou Ihre Zigarren." Und Schneevogels Gesicht verklärte
sein allerbreitestes Griusen.
Gleich daraus sausten den Franktireurs wieder die blauen
Bohuen um die Röpfe. Bparsam schießen und schars zieleill war
die Losung, es galt ja, dem Feind den Mangel an Muuition
bis zum Eintreffeu der Ulanen nicht merken zu lassen.
Da, endlich kamen die Ersehnten und besreiten die Rameraden.
Nach der ersten Begrüßung mit dem Ravalleriesührer wandte
sich Lieutenant von Ellerheim wieder seinen Leuten zu.
„Greuadier Nepomuk Schueevogel!" „kherr Lieuteuant?"
„Schneevogel, Du bist ein Erzschelm ... - hier hast Du
dicses Goldstück, kaufe Dir neue Zigarren — wirst ja jetzt wohl
an eine seine 5orte gewöhut sein." —
wo is der jetzt hin?" — Bauer: „Dumme chrag'I Der
hat Durst 'kriegt! In den Aeller 'nunter!"
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Drei lvochen sxäter finden wir unsere Lselden ties im Feindesland.
cheute aber war Ruhetag, da wollte Nepomuk sich inal ordeut-
lich erholen. Ties aus dem Boden seines Tornisters schlummerte
eine lVurst, welche ihm seine Iette beim Abschiednehmen zuqe-
steckt — die wollte er heute versxeisen und dabei in Wehmut
der schönen Zeit gedenken, die er an Iettes Seite verlebt.
Um zu der Wurst gelangen zu köuuen, mustte er den ge-
samten Inhalt des Tornisters ausxacken. Dabei zeigte sich,
daß die Lmballage der jdatronen des therrn Lieutenants sich
an der einen Tcke gelockert hatte.
Greuadier Schueevogel erfreute sich eines vorziiglicheu
Auges, naturgemäß fiel ihm die absonderliche Form der patrone
auf, welche dort aus dem Riß neugierig in die R)elt schaute.
In der nächsten Bekunde löste sich ein grunzender Tou —
halb Ueberraschung, halb chrohlocken — von des Grenadiers
Lixpen, dann drehte er behutsam eiue jdatrone zwischen den
Fingern uud betrachtete dieselbe mit liebevollen Blicken.
Nepomnk war ein treuer und ehrlicher Uiener, aber
wo hat man schon gehört, daß sich diese löblichen Tigenschaften bei
einem Dffiziersburschen auch aus seines bserrn Zigarren erftrecken?
Ueinen Utenschen wird es wundern, wenn er ersährt, daß
Nepomuk bereits in den nächsten Ulinuten den würzigen Rauch
einer ksavanua in die Lust blies. Und indem ermitinnigeui Behageu
den blauen N)olken nachschaute, kam ihm ein glorioser Gedanke:
„Merd' ich immer, wenn ich hab' geraucht Zigarre, stecken
an ihre Stelle ein jdaket richtige Patronen."
In den nächsten Tagen wunderten sich die Uameraden uicht
wenig, daß Schneevogel an Stelle seines berüchtigten .Stinka-
dorius', wie sie seinen gewöhnlichen Tabak getauft, eiue so
feine Zigarre rauchte. Aus bezügliche Zragen hatte er so etwas
wie .Uriegsbeute' gemurmelt uud damit beruhigte nian sich.
Schneevogel aber verpaffte in größter Seelenruhe eine
Zigarre nach der andern und endlich kam der Tag, an welchem sich
in dem jdaket nur noch wirkliche jdatronen befanden.
Da aber erwachte sein Gewissen und beunruhigte ihn lebhast.
„U)as wird sagen cherr Lieuteuant, weun ersährt er Be-
scheerung — wird das geben großen Rrachl"
„Schneevogel, nächstens verlange ich auch mein j)aket zu-
rück," sprach Lieutenant von Ellerheim kurz daraus. „Ich
werde die j)atronen bald gebrauchen."
Schneevogel schreckte zusammen wie ein Berbrecher. „Ie
— o je," stöhnte er iunerlich, „was wird das werden?"
Am andern Tage aber kam eine Stunde, in welcher Bchnee-
vogel seine Ulissethat zunächst gänzlich vergaß.
Auf Rekoguoszierung war Lieutenant von Lllerheim mit
seinem kleiuen Lsäufiein von einer an Zahl wohl sünffach über-
legenen Franktireurbande angegriffen worden. Bie hatten sich in
das nächfte Bauernhaus geworsen, die Thüren verbarrikadiert
und durch die Fenster ein wirksames Feuer eröffnet, welches
die Feinde bis jetzt zurückgehalten. „Zeit gewounen, alles ge-
wonnenl" ries aufmunternd Ljerr von Lllerheim, deun er wußte,
daß im Laufe des Nachmittags eine deutsche Ravalleriepatrouille
das Dorf passieren mußte. In eiuer halben Btunde konnte die
rettende Verstärkung eintreffen.
Aber dann kam ein schrecklicher Augenblick. „cherr Lieute-
nant, wir haben soeben die letzte j)atrone verschossenl"
Dieser inhaltsschweren INitteiluug des Unterosfizieis solgte
banges Schweigen. Das wußte jeder, kam der Feiud einmaldichtan's
bsaus, so waren sie der erdrückenden Uebermacht gegenüber verloren.
„Nun, dann wollen wir unser Leben wenigstens teuer ver-
kaufen," sprach ernst der Mffizier.
Düster blickten die Grenadiere, von den sanatischen Frei-
schützen war j)ardon kaum zu erwarten. Noch hatten sie der
Deutschen Nerlegenheit nicht bemerkt, noch hielten sie sich in
sicherer Deckung — aber wie lange?
Greuadier Nexomuk Bchneevogel hatte den Ernst der
Bituation völlig erkanut.
„Armes Iette," murmelte er leise, „wirst Du köunen
Nepomuk nicht mehr geben immer so schöues, großes U)urst."
Uud dabei wurde ihm ganz trübselig zu Ulute.
Aber xlötzlich erhellten sich die Züge des Ljünen. „Nepomuk,
wo hast Du gehabt Deines Gedauken — so gute Gelegenheit."
Und laut sprach er: „bserr Lieutenant, habe ich ja noch
gauze j)aket mit patronen sür Ihr Gewehr in mein Tornister,
könucn wir uns damit noch gute U)eile halten Rothosen von ksals l"
Bchon war der Tornifter heruutergerissen und das j)aket
herausgenommen.
Lieutenant von Ellerheim lächelte schmerzlich. „Armcr
Rerl, beuiühe Dich nicht! Mit meiuen Zigarren werden wir
die cheiude nicht zurückhalten. Ich wollte wohl, es steckten
j)atroncn in dem j)a-" U)eiter kam Lieutenant von Eller-
heim uicht — sörmlich erstarrt schaute er auf die .Zigarreh
welche Echueevogel da aus dem j)aket langte.
„j)anie Lieuteuaut — wollen wir geben Franzuski zu
riecheu vou Ihre Zigarren." Und Schneevogels Gesicht verklärte
sein allerbreitestes Griusen.
Gleich daraus sausten den Franktireurs wieder die blauen
Bohuen um die Röpfe. Bparsam schießen und schars zieleill war
die Losung, es galt ja, dem Feind den Mangel an Muuition
bis zum Eintreffeu der Ulanen nicht merken zu lassen.
Da, endlich kamen die Ersehnten und besreiten die Rameraden.
Nach der ersten Begrüßung mit dem Ravalleriesührer wandte
sich Lieutenant von Ellerheim wieder seinen Leuten zu.
„Greuadier Nepomuk Schueevogel!" „kherr Lieuteuant?"
„Schneevogel, Du bist ein Erzschelm ... - hier hast Du
dicses Goldstück, kaufe Dir neue Zigarren — wirst ja jetzt wohl
an eine seine 5orte gewöhut sein." —
wo is der jetzt hin?" — Bauer: „Dumme chrag'I Der
hat Durst 'kriegt! In den Aeller 'nunter!"