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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 20.1895 (Nr. 210-222)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16558#0102
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L. Meggendorsers ^urnoristische Blätter

9^

(Zrschwerender Amlkand.

Richter: „Ls ist zweifeUos eine gro>fe Uiizukömm-
lichkeit, >)aß Sie der Angeklagte einen Vchsen
geßeißen. Aber vielleichr sind 5ie zn einem
Ausgleich geneigt?"

Aläger: „Unter keiner Bedingungl Um so

weniger, als ich vegetarianer bin!"

'Reingesall'en.

^>.ie Lserren Strohmeier, Rlette und Miiller saßen
gemütlich beim Frühschoppen im Garten zum
Anker. Endlich erhob sich Alette, der besonders
ausgeräumt gewesen war, um sich zu verabschieden.
„Bis heut' Abend" sagte er sreundlich zu Btroh-
meier, ihm die Lsand reichend, „grüß' mir Deine
liebe chrau I"

„Nein, mir steht der Berstand still I" rief Müller
aus, als bserr Klette außer Lsörweite war,
„wie kominen Sie xlötzlich zu diesem herzlichen ver-
hältuis mit schtlette? Sie, der 5ie den Nenschen
srüher gar nicht ausstehen konnten, der Bie bei

jeder Gelegenheit ihn Ihre Abneigung merkcn ließen, Eie haben gar
ämollis mit ihm getrunken I Noch gestern abend schimpsten Bie über ihn
wie ein Rohrspatz und ließen kein gutes Lsaar an ihm, und nun nein,
ich weiß wahrhaftig nicht, was ich sagen soll!"

Lserr Strohmeier, der sich schon vorher nicht sehr behaglich gefühlt
zu haben schien, war bei diesen Worten flammend rot geworden und suchte
vergebens nach einer Erwiderung. „Lieber bserr Müller," sagte er endlich
kleinlaut, „ich muß mich jemand äußern. tvenn Sie wüßten, wie
jämmerlich mir 's zu Mute ist l Ich weiß, 5ie sind mein Freuud, ich will
Ihnen mein Lserz ausschütten. Aber es bleibt unter unsl"

„Darauf können Bie sich verlassen," versetzte cherr Müller, „da bin
ich denn doch begierigl" Er bestellte sich ein srisches Glas und mit dem
behaglichen Gefühl eines Nannes, dessen Neugierde befriedigt werden
i soll, sah er seinen Freund erwartungsvoll an. Diesem aber schien die Mit-
teilung außerordentlich schwer zu werden; er schaute zerknirscht vor sich nieder.
„Nun, heraus damit!" ermunterte kserr Müller in höchster Spannung.
„Gestern abend saß ich noch allein bei meinem Bchoppen," begann
kferr Etrohmeier mit ritzeliger Miene; da kommt aus eiumal wieder
' dieser Rlette und setzt sich zu mir. Es war schon zehn Uhr und um
diese Zeit geht er regelmäßig nach ksaus. T>a ich nun fiirchtete, er möchte
auf mich warten und mich begleiten wollen, ließ ich mir noch ein frisches
Glas geben. wenn er das fieht, denk' ich, dann macht er sich schon
sort. Aber es kam anders. Ah, Sie trinken noch ein Glas Bier? sagt
er. Dann trink ich auch noch eins, der Etosf is heut abend famosl Und
richtig, er bestellte sich noch ein Glas. wart', ich trink' dich doch noch
heim, dacht' ich ingrimmig. wie er nur noch einen kleinen Rest hatte,
ließ ich mir schnell wieder einen neuen Echoppen geben. Aber, was
that der Aerl? Er trinkt aus und bestellt sich auch noch ein Glas. Ei,
zum Dounerwetter, dacht' ich, ich kriege dich doch heim, und ich mach's
noch einmal so. Er aber auchl Und nun, ich weiß nicht, wie's kam,
wir wurden aus einmal so gemiitlich zusammen; wir kneixten immer
weiter. Es kam endlich so eine Art Rührung über mich und ich dacht',
du hast dem Aerl am End doch Unrecht gethan. Uurz, so kams aus einmal,
daß wir Smollis tranken. U)ie wir dann nach ksaus kamen, weiß ich
selber nicht mehrl" — „Nun, wer hat denn den Smollis angeboten?"
fragte 6err Müller mit boshafter Neugierde. — wiederum iiberzog eiue
dunkle Röte das Antlitz des biedern Lserrn Strohmeier. „Ich weiß das nicht
mehr recht," sagte er zögernd und sehr kleinlaut. „Aber," sügte er nach einem
tiefen Atemzug hinzu, „derMoralische, mit dem ich heut' morgen wachwurde!
Der ärgste Ratzenjammer ist ein paradiesisch Gefühl dagegenl" A.

Der verkannie Rehbock.

Uer wildxrethändler hat heute gar einen Rehbock aus das Fenster gcstellt.
 
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