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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 20.1895 (Nr. 210-222)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16558#0107
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Uraküsch.

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Fremder (abends): „warum halten hier alle die Dienstmänuer mit !)nndwagen?"
Linheimischer: „Um später die Studenten nach haus zu fahreu: in der Aueipe lster wird
näinlich steute ein Lommers gefeiert!"

9er Ätuch öer bösen Tbat.

^a es war die große Tragödiu Rittel-Rnittclstuger, welcher
er damals in Aleiustädtel, aus Langeweile und wegen momeu-
tanem Mangel an Besserein, die Rur gemacht und dann so
schändlich hatte sitzen lasfen, indem er, um sie sich vom Lsalse
zu schasfen, meuchliugs eineu sechswöchentlichen Urlaub erbeten
und bei Nacht und Nebel angetreten hatte — sitzen hatte lassen
als Gpfer ihrer Gläubiger. Er ließ damals auch sdädel zuriick
dem die Guälereieu Gretels ein täglich schlechteres Aussehen
brachten, so daß ihm der Stabsarzt schließlich rettend die psorten
des Lazarets öffnete.

„j)ädel!?I?" machte nach unheiinlich laug^r pause der
Lieutenant. j)ädel aber brachte nur „kse . . . he . . . he . . ,
die . . . die . . . die . . . da . . . da . . . da . . ." hervor —
da kam sie auch schon tragischen Schrittes die Treppe empor
öffnete die Thüre und stuud, wie die Göttin der Rache, im
Rahmen derselben — die Rittel-Anittelsinger natürlich. —
j)ädel hatte beim Eintritt der Tragödin einen surchtbar
langen ^als gemacht, um den Norplatz überblicken zu könuen
und da er die Lust rein sand, war er mit drei Sprüngen hinter
der Uuittelfinger weg ins Freie geeilt, um sich in seiner Stube
einzuschließen — armer Aerl, er machte die Rechnung ohne
Gretel, denn kaum hatte er den Schlüffel zweimal von innen
umgedreht, als er sah, daß er dieselbe miteingeschlossen
hatte:

„Das Gliick sollt' er finden in meinen Netzen,

Nähm' er mich ein in den rettenden Rahn."

Der Fluch der bösen Thcit.

hatte Gretel gedacht uud da sie
die Gelegenheit kannte, legte
sie sich hier iu den Lsinterhalt

— — — überlassen wir j)ädel
seinem Schicksale, Gretel zahlt
ihm heim, was er an ihrem und
anderen kserzen verschuldet, keh-
ren wir in die erste Ltage zuriick,
denn auch dort rast der See und
will sein Gpfer haben. —

„Geuug", hatte die Rittel
mit j)rinzessin Lboli vor sich
hingemurmelt, als sie, ehe sie
von drüben ihren weg antrat,
mit der j)uderguaste in wahnsin-
niger Lile iiber das Gesicht suhr,
um sich des Leidens Farbe zu
geben:

— — — — „Genug,

Lr ist erhascht. Ich schone ihn

nicht länger,

Der schlaue Radder ist erhascht.
Deu Vberst,

Ganz Spanien und mich hat
er betrogeu."

Ietzt, nachdem sie ihrem Vpfer
gegeuüber stand, sprach sie srei,
aber, nachdem sie einmal ausge-
zogen, jambte sie uubarmherzig
weiter:

„lcher endlich find' ich Dich,
Treuloser,

wie hab' ich Dich gesucht, nach
Dir geforscht!

Nun? Sprichst Du nicht? Lsast
Du, grausam, vergessen

Barbar, daß Du — ich war kauin achtzehn Lenze —

Mich schnöd' verlassen."

„Aber beste Rittel," uuterbrach sie der Lieutenaut, über
den, iin Anblick der unabweudbaren Gefahr, der Galgenhumor
kam, „iibertreiben Sie doch nicht — ein paar fidele Soupers ...
iibrigens die ganze welt weiß doch, daß Sie damals schon in
den besten Iahren . . ."

„Lr höhnt, er höhut, bserz kanust Du läuger schlagen?

Du kanust es nicht, ich sühl's .. ich .. ich .. oh .oh ..."

Vom Fortissimo bis zum ersterbeudeu Lispeln klang's also
von den Lippen der schwer gekränkten Rittel, welche darauf
mit ihrem langen Aörxer so geschickt manöverierte, daß sie dem
Lieutenant, trotz dessen entsetzteu Ausweichens, mit Behemenz
an die Brust sank.

„bsel" wehrte sich der, „Sapperlot, gebeu Sie doch acht,
wo Sie hinfallen, au, Donnerwetter, Sie drückeu mir ja den
Brustkasten entzwei . . . na, da haben wir's, jetzt miint sie eine
Ohnmacht . . . 's ist gräßlich . . . so seien Sie doch vernünftig,
Rittelchen, und machen Sie sich nicht so unsiiinig steis, da kaun
Sie der Deubel auf den Fauteuil kriegen . . . uff . . . Gott
sei Dank, da liegt sie . . . Schockschwerenot, da kloxft's auch
noch . . . alle wetter, was thun?"

„Na, allen Resxekt, Lserr von Radder, Sie debütieren gar
nicht übel in der Residenz . . . auch bei der Dienerschaft geht's
hoch her, wie ich im vorübergehen hörte . . . Sie entschuldigen
mein Lindringen, aber ich kloxste schon zum zehntenmal. . .

„wie, seh' ich recht? Sie, lieber Stabsarzt," entgegnete
 
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