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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 21.1895 (Nr. 223-235)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16559#0134
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j50

Ale g g e nd o r fe r s I) u m o ri st i sch e Blätter.

„Miß . . .

entscheidet!" „pflücken Sie!" war die Antwort. Ls hieß: sie
liebt inich; ich erqrisf ihre Esand und bedeckte sie, Feuerglut im
Lserzen, init heißen Rüssen an der Stelle, wo sie sich mit ihrem
schönen Arme vereinigte. Sie erbebte, ich fühlte es; es schien
mir, als sehe sie in die Ferne, ins Leere, vorbei an mir, sich
ganz der Lmpfindnng hingebend. Da fühlte ich mich plötzlich
von ihren Armen nmschlnngen, fühlte, wie ihre Lippen auf den
ineinen branntcn nnd wie sich im nächsten Augenblick ein Blond-
kopf mit duftenden Locken, wie Schntz snchend, an meine Brust
schmiegte; dann rief sie plötzlich: „da ist Mr. . . .1" Sie muß
ihn schon vorher gesehen haben, war mein erster Gedanke, den
ich bald wieder vergaß.

Mr.... war herangekommen,
wir standen neben einander; er
begrüßte uns steif und sagte
init ziemlichemjdhlegma, Miß...
schars ansehend: „Ich störe,
ich habe Sie längst gesehen, altes;
ich werde j)apa begrüßen."

Ich schwannn in Seligkeit;
auf dem Bückwege sprach ich
sast allein; Aitt'f, so hieß „Sie",
hörte mir andächtig zn. In
der Nacht sah ich ihr Bild immer
und immer wieder; wieder
schante ich sie als Bire ans dem
chelsen, ich schwamm durch die
chlut, ich kletterte am FAse"
empor; da glitt ich aus und
stürzte in das brandende Ele-
ment; sie stieß einen Schrei aus,
von dcm ich erwachte. Ou
willst sosort zu jdapa gehen
und seierlich mit ihm redcn, >
dachte ich; da klopfte cs. Der
Portier brachte mir eincn Brief.

Ich erbrach ihn und las:

. . . Georg ist nicht mein
Bruder, ich liebe ihn und bin
mit ihm verlobt ohne Missen
meines Baters, der die bfeirat
nicht zugeben will; ich soll Mr....
heirathcn; cr weilt deswcgen
hier. Ich werde es nie thnn.

Ich wollte mich von ihm be-
sreien. Da erschienen Sie. Der
lferr, dem Sie so ähnlich sehen
in Gestalt und Adesen, ist Georg.

Um mich zu besreien, beschloß
ich die Aomödie mit Ihnen zu
spielen, die ich gespielt habe,
was mir schwer wnrde, da ich
mir zugleich stets sagen mußte,
daß es Aomödie bleibcn müsse
und ich — besonders gestern —

Gefahr lief, aus der Rolle zu
sallen und anzunehmen, Sie
hießen auch Georg. Bergeben
Sie mir! Lassen Sie uns ein
Miedersehen meidenl Ich reise
heute mit meinem Bater nach
England. vergessen Sie mich,

wie ich versuchen werde, Sie zu vergessen! Leben Sie wohll
Sie werden mich jetzt ganz verstehen. K.

Ich war wie vom Schlage gerührt; in meinen Ghren
branste es. Ich saß lange, ehe ich mich ganz erholt hatte. Ich
las den Bries nochmal: „nie", „Aomödie", „versnchen", „jetzt"
und „verstehen" waren unterstrichen. Ich verstand sie. Ich
packte meine Aosfer, um aus Zermatt zu fliehen. Beim Ber-
lassen des kfotels fragte der Lsansdiener: „kserr v. S . . .
wollen das Gabelhorn nicht besteigen?" „Echasskops,nein," sagte
ich und drückte ihm ein Trinkgeld in die lhand.

Gb ich sobald wieder die Bekanntschast einer Miß versuchcn
werde, ist mir zweifelhaft.

Veröluffendes Valögespräch.

Mein Fräulein, möchten Eie licber iin Dnjexr oder im

Schüchterner Iüngling
Dnjestr ein Bad nebmen?"

Bedaktion: Alax Lchreiber. Drnck und Berlag von j). L. Schreiber, beide in Ltzlingen bei Stnttgart.

Grfchäftsstelle in München: Corneliusstraste 19.
 
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