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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

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Nr. 317
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https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0049
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Bäeggendorfers Humoristische Blätter.

39

Die Hauptsache.


Bräutigam: „In wenigen Minuten werden wir fürs Leben verbunden. Mein
Lieb, bist Du bereit?"
Sie: „Einen Augenblick, Geliebter, schau doch schnell mal nach, ob mein Kleid
nicht durch das Fahren gelitten hat?"

Auf dem iKahnhof.
i I böse Uhr, willst wohl mich necken ?
Frug ich dich jeden AugenblickI
Die Zeiger kriechen wie die Schnecken
Und gehn statt vorwärts, scheint's, zurück!
Zu Monden wachsen die Minuten;
wie sehr hab' ich das Warten satt!
Flink, stink I Ihr dürft euch wirklich sputen,
Ihr Renner auf dein Zifferblatt!

Seit einer vollen Stunde gehe
Ich auf dein Bahnsteig hin und Herl
Noch immer nichts! und wie ich spähe,
Die blanken Schienen bleiben leer.
Die Mutter schalt. Mit vieler Mühe
war die Erlaubnis erst bereit;
Daß sich der Zug vielleicht verfrühe,
Das hielt sie für Unmöglichkeit.

Was macht denn nur der Herr Direktor
Heut für ein pfiffiges Gesicht?
Und auch der alte Bahninspektor
Ruft mir ganz laut: „Er kommt noch nicht."
Was nur die beiden denken müssen?
Sie haben sich gewiß geirrt!
wie, oder sollten sie schon wissen,
Wen mir der Zug jetzt bringen wird?

Nun sind's schon über vierzehn Wochen,
Seit er den Rock des Königs trägt,
Und brieflich hat er ja versprochen,
Daß noch für mich sein Herze schlägt.
Doch meint die Mutter, daß Soldaten
Recht toll in Liebesstreichen sind.
Ach! hätt' er wirklich mich verraten,
Ich meinte mir die Augen blind.
An ihn gedacht' ich unterdessen
Im Wachen, Traum und im Gebet.
Nicht einen Augenblick vergessen
Könnt ich sein Bild von früh bis spät.
Das macht wohl, weil ich ihm so gut bin,
Schlimm darf das enden, geht's so fort.
Wenn ich nicht emsig auf der Hut bin,
Wird mein Pantoffel leeres Wort!
Halt! was ist das? Kling, kling! Ich höre
Das Ankunitszeichen I Brave Uhr l
Schon schließt der Wärter die Barriere
Und stellt sich stramm in Positur. —
Da hält der Zug! Und aus der Thüre,
wer springt heraus mit einem Satz?
Der hübscheste der Grenadiere,
Mein Peter, mein geliebter Schatz I
R. K.

Töol.

Line bedenkliche Historie von Or. Vwlglaß.

einen Tropfen Alkohol mehr, Herr wanftlerl" hatte der
Doktor gesagt. Und der Frau Partikulier wanstler hatte
er vor der Thüre nochmals dringend eingeschärft, dem leber-
kranken Gemahl alle geistigen Getränke vor der Nasewegzuräumen.
„Gehört Himbeersaft auch dazu?"
„Nein, Verehrteste!" verabschiedete sich der Doktor.
Etliche Tage ging die schwierige Angelegenheit des Ab-
stinierens recht gut von statten. Herr wanstler mit einem leb-
haften Sinn für Romantik ausgerüstet, dünkte sich überaus
interessant und ein Musterbild männlicher Energie. Freilich, je
länger die Geschichte dauerte, umso ungemütlicher wurde ihm; und
schon begann er in seiner Seele bedenkliche Pläne herumzuwälzen.
„Ach was, so ein bissel wein hie und da, nur eben um
den Lebensmut wieder aufzufrischen — das wird doch nichts
schaden! — — Kann nichts schaden, wenn's mit Maß geschieht.
Natürlich mit Maß; wozu ist man ein Mann? Und über-
haupt: soll man sich so binden und fesseln lassen? . . Nein,
nein, das wäre unwürdig."

Er versank in tiefes Nachsinnen.
So ganz offen konnte er's natürlich nicht treiben; denn er
hatte gewaltigen Respekt vor seiner Gattin Babette. Die
hatte überall ihre guten Freundinnen und hätte jeden Schritt
abseits vom Wege sogleich erfahren. Er mußte sich ein ganz
raffiniertes Mittel ausdenken. Und er sann mit wild arbeiten-
der Phantasie nach.
.... Wie das Ehepaar in der Abenddämmerung des-
selben Tags beisammen saß, Hub Herr Wanstler auf einmal an
„Du, Frau, man geht doch eigentlich mit seiner Gesund-
heit recht leichtsinnig um."
Die Gattin Babette schaute ihn scharf an und entgegnete:
„So, Alter, geht Dir doch auch einmal ein Licht auf?"
„Ich mein's nicht so. Da hab' ich eben in der Zeitung
einen Artikel über das Gdol gelesen. Es ist ganz unverant-
wortlich, wie man seine Zähne vernachlässigt; aber die schlimmen
Folgen bleiben nicht aus .... beim heiligen Bimbam, ich spür
aach schon die allerhand Beschwerden, die da geschildert werden."
 
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