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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

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Nr. 318
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https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0057
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VIeggendorfers Humoristische Blätter.

§7

Der Kadi von Vassora.
MN Bassora lebt' ein Kadi,
Mule'f den Iussuf mit Nanren,
hochberühmt ob seiner Weisheit,
So daß fernher Leute kamen,
Um in zweifelhaften Sachen
Zum Vermittler ihn zu machen.
Einst begab sich's, daß zwei Griechen
hilfesuchend sich ihm nahten
Und ihn flehentlichen Tones
Um Gehör und Urteil baten,
Alldieweil sie ihm vertrauten
Und auf seine Weisheit bauten.
„Herr", so sprach der eine Grieche,
„Neulich gingen wir zu wandeln
In des Halmenwaldes Schatten
Ein Geschäft dort zu verhandeln. —
Um uns stilles Schöpfungsweben,
In uns wonnevolles Beben.
plötzlich dringt zu unfern Ghren
Aus der Bäume hohen hallen
Süß melodischen Gesanges
Frühlingsgruß der Nachtigallen,
Und wir lauschten ihrem Schlagen
Lange Zeit mit bangem Zagen.
Endlich bricht mein Widerpart hier
Das bis jetzt bewahrte Schweigen:
,hörst Du, wie der Herr im Himmel
Seine Gnad' mir will erzeigen;
Denn dem Sänger hat der holden
Philomele Lied gegolten^
Darauf ich: mein lieber Bruder,
Du scheinst mir zu weit zu gehen,
höher als der Lieder-Sänger
Wluß des Liedes Sänger stehen,
Darum sag' ich: Jene Weise
Sang der Vogel mir zum Preise!" —
„Daß die Dichter höher stehn
Mag ein anderer Dir glauben;"
Spricht der Sänger, „aber mir sollst
Du nicht meine Meinung rauben:
Jene Nachtigallenlieder
Tönten mir zu Ehren wieder!"
Drauf der Kadi sich erhebend:
„Ihr bestelltet mich zum Richter,
Darum sag' ich, höher steh' i ch
Als der Sänger und der Dichter,
Und wenn wem, haben jene Lieder
Mir gegolten, meine Brüder,
Und die Nachtigallenmeisen
Sollten mich, den Richter, preisen!"
Sprach's und setzt' sich voller Würde;
Doch der Dichter und der Sänger
Sahn verblüfft darein und machten
Ein Gesicht je mehr, je länger,
Wandten dann zur Thür sich sachte —
Mule'f strich den Bart und lachte. G. S.

Von guten Anlagen.
Gouvernante: „Siehst Du, Moritzchen, das
ist der Goldfasan!"
Moritz (fünfjährig): „Zu wieviel Karat?"

^Möglich.


Gast: „Kellner, ist mein Hirn nicht ein biss'l angebrannt?"

Rätselhafte Gerichte.
- „Wie kocht denn Ihre junge Frau?"
— „Hm, sie giebt mir mit jeder Mahlzeit Rätsel auf."

Zn der Verlegenheit.
Zimmernachbar: „Als Sie letzte Nacht so spät nach Haus kamen, hörte
ich die erregte Stimme Ihrer Frau."
Pantoffelheld: „Ja, meine Frau hat einen sehr unruhigen Schlaf."

Spruch.
er, welcher die Schlauheit mit Löffeln gegessen,
Der wird auch so leicht nicht vom Glücke vergessen;
Doch wer sie gegessen von silbernen Tellern,
Der kann ein noch lustiger Liedchen trällern! Mnna.


Ursache und Wirkung.
- „Der junge Meier besitzt doch recht viel Zartgefühl."
- „Er war ja auch lange in einer Delikatessen-Handlung."

Verunglückter Trost.
Herr (bei der Aondolenz-visUe): „Trösten Sie sich, gnädige Frau — Ihr
Gatte ist jetzt glücklich; er hat das Schlimmste überstanden; Sie wißen,
wie er sich stets nach einem besseren Leben gesehnt hat!"
 
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