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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 28.1897 (Nr. 314-326)

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Nr. 318
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https://doi.org/10.11588/diglit.28504#0058
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BI e g g e n d o r f e r 5 u m o r i st i sch e Blätter.



Nißgunlt.
Mann: „Du, willst Du nicht der Dame
vor uns sagen, sie möchte ihren gro-
ßen Hut abnehmen?"
Frau: „Ach was, das Ballet brauchst
Du gar nicht so genau zu sehen I"

Vornehm.
„Kellner ein Feldhuhn — ich will
aber nur eines, das von einer Hofjagd
stammt!"

Neue Krankheit.
— „Was fehlt denn, Herr Doktor,
meiner Frau?"
— „Sie hat Toilettenkrämpfe
bekommen!"

Der Jungbrunnen.
n grauer Vergangenheit gab es im fernen Osten ein
Ländchen, Aphor geheißen, dessen Bewohnerin einem
Kriege mit einem Nachbarlande die feindliche Königin
in ihre Gewalt gebracht. Diese Königin war eine mächtige
Fee. Und sie sprach zu dem Könige von Aphor: „Thu' einen
Wunsch, und ich werde ihn Dir gewähren, so Du mich frei
läsfest!" Da besann sich der König. Dann sprach er: „Ich bin

alt, und Unlust füllt mein Herz; mein Auge hat keine
Freude mehr an der Welt, noch mein Sinn am Trei-
ben der Menschen. Schaff' mir wieder fugend
in mein Herz, und Du sollst frei sein!" Da
lächelte die gefangene Königin. Und sie
erhob den Arm langsam und sandte
einen Blick voll leuchtender Kraft auf
ein nahes Gehölz. Aller Augen
wandten sich dahin. Und wunder-
bar — aus der Erde erhoben sich
Säulen, eine schöne, große Halle
wuchs empor, plätschern und Rau-
schen von Fluten ward vernehm-
bar. Die Königin aber war
verschwunden. Voll Staunen
schritt der alte König mit
seinem Gefolge auf die Halle
zu, und viel Volks drängte
nach. Majestätisch erhob sich
der edle Bau, ehrwürdige,
dichtgekrönte Bäume be-
schatteten seinen Eingang.
Aus diesem trat, als der
König nahte, ein hehres
Weib. Das verneigte sich
mit holdem Ernste, und mit
einer Bewegung lud sie
den König ein, die Stufen
emporzusteigen. Die andern
hielt ihre Gebärde und Ehr-
furcht draußen zurück. Und
sie geleitete dann den König
durch das hohe Portal in
das Innere, weite Bogen
überwölbten, schimmernde Säu-
len umrahmten hier ein wohlge-
fülltes Bassin, in das aus einer
Oeffnung des Marmors ein klarer
Ouell seine plätschernde Fluten ergoß.
Und das Weib hüllte einen weißen
Mantel um den König und sprach:
„Durchschreite diese Flut , Herrscher
von Aphor; drüben wirst Du mich wieder-
finden!" Der König warf erst einige Blicke
auf die Pracht, die ihn umringte, dann stieg
er die Stufen hinab und durchschritt langsam
die klare Flut, die mit leiser Bewegung ihn
umspielte. Sollte er wirklich wieder jung
werden? So dachte er, langsam dahinschreitend.
Aber sein Haar, sein Bart blieben weiß; er fuhr
sich über die Stirn — nicht glätter waren ihre Run-
zeln. Und doch fühlte er ein Seltsames sein Herz
beschleichen — war das Jugend? Und seine schwach
gewordenen Augen, sie sahen nicht schärfer, aber wie
anders, ganz anders — war das Jugend?
Da war er drüben angekommen. Und als er die marmornen
Stufen emxorstieg, sah er jene hehre Frauengestalt wieder an
seiner Seite. Und sie nahm den weißen Mantel von ihm und
öffnete die Thüre des Ausgangs. Erstaunt stand da der alte
König. Durch die Lichtung eines dichtbelaubten Wäldchens sah
er eine entzückende Landschaft: blaue Berge, grüne Matten,
üppig reifende Fluren, Sonnenschein, Strahlen zum Greifen,
„welch Paradies läßt Du mich schauen?" wandte er sich an
seine Begleiterin. „Dein Land ist's was Du schaust, nichts
 
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