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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 29.1897 (Nr. 327-339)

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Nr. 327
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https://doi.org/10.11588/diglit.28505#0014
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Meggendorfers humoristische Blätter.

Lin Künstler
die er alle Niitgemacht und Adele weihte er in die Kunst der
Pinselführung ein.
Nun konnte sie, wonach sie sich so lange gesehnt, ein Ge-
spräch mit einem Künstler über die Kunst führen, über Farben-
mischung, Farbengebung, Helldunkel, Freilicht und Pinselführung.
Sie schwelgte. Und „er" wußte so deutlich und praktisch darüber
zu sprechen, daß selbst Papa, der sonst „von den: Kram" nicht
viel hielt und einen gewöhnlichen Bilderbogen von einem Menzel
nicht zu unterscheiden vermochte, sich dafür interessierte.
Adele war beseligt. Mie ein schöner Traum erschien ihr
alles. Erft das Lachen der anderen weckte sie aus ihren
Träumereien, sie blickte auf und sah, wie der interessante Maler
und Papa mit ihren Bierseideln, die sie sich aus der Schiffs-
Kantine herbeigeholt, anstießen, sie schienen schon ganz be-
freundet. Papa trank auf die Kunst, „Herr panske oder
Frosrhke" (so ungefähr war ihr sein Name erschienen) „aufs
Geschäft."
„Er" mußte ein Künstler sein, der ganz in seinem Berufe
aufging, für andere Dinge schien er wenig Interesse zu hegen.
Als sie einmal den Versuch machte, in ihrer höheren Töchter-Stim-
mung, auf Poesie und das Märchenland Indien und Sakuntala zu
kommen, war er ehrlich genug, ihr einzugestehen, daß er von
Puntala oderSchun-
tala oder wie die
indischeStadt heißen
möge, wenig ge-
lesen habe.
Auch im Mal-
de, wo sich die Fest-
genossen lagerten,
blieb er ihr Kava-
lier. Er schaffte
alles herbei, Stühle
und Teller, besorg-
te, indem er unter
dem Schlachtruf
„tinis Doloniae"
vier Professoren der
Bildhauerkunst um-
stieß, mit Todes-
verachtung die nötige Maibowle, kurz machte sich nützlich, wo
er konnte.
Sie trafen auch Tousine Martha im Malde. Martha
spazierte mit ihrem Bruder und dessen Freunde, dein Bild-
hauer. Nun brauchte Adele nicht mehr zurückzustehen, auch
ihr Begleiter war ein Künstler.
Und überdies erschien ihr ein Maler poetischer als ein Bild-
hauer, der so viel mit schmutzigem Lehm zu thun habe, während
ein Farbendichter, (wie sie sich ihrer Tousine gegenüber oft
schwärmerisch ausgedrückt) sofort die Poesie auf die Leinwand
zaubere.
Mas war das aber für ein ironisches Lächeln, mit dem
ihre Tousine, nachdem ihr der Bildhauer etwas ins Ohr ge-
flüstert, sie begrüßte? M die Künstler sind ein neidisches
Völkchen dachte sie und vielleicht — doch, wozu sich über den
Neid des Bildhauers oder auch den der Tousine den Kopf zer-
brechen ?
„Er" war ein interessanter Mensch und auf dem Nachhause-
wege waren auch Papa und Mama darin einig, daß perr
panske oder Froschke „ein sehr ein netter Mensch" sei. Adele
hielt ihn noch für mehr, für viel mehr als nett. — Der


interefiante nette Mensch hatte Papa seine Visitenkarte ge-
geben und versprochen, bald seinen Besuch zu machen.
Im Toupe der Eisenbahn war es zu finster die Visiten-
karte zu entziffern, aber in: Restaurant, das sie unterwegs noch
aufsuchten, bezähmte Adele ihre Neugier nicht mehr. Sie las
(und wurde bleich, daß Mama sie erschrocken ansah)

per mann Franske
Pinsel-Fabrikant.

Und darum konnte er so gut über „pinselsührnng" sprechen
und Grundton und weiche und harte Linien: Und darum waren
ihm alle Maler bekannt.
O ihre Illusionen I Aber Papa und Mama waren durchaus
nicht so erschüttert, wie das arme Töchterlein, das bis zur Selckta
gegangen war und Thopinsche Nocturnen spielte und aus
Molffs „Tannhäuser" eitierte.
Und wer weiß, was trotzdem noch daraus wird. Er trägt
doch immerhin einen Schlapphut und einen wild genial ge-
schlungenen Schlips, sieht interessant aus und macht die Künstler-
feste initl
Adele wird es sich vielleicht doch noch überlegen.


Günstige Gelegenheit.
Richter: „. . . . Aber warum mischten Sie sich denn plötzlich
in die Rauferei?"
Angeklagter: „Schaun Euer Gnaden, ich wollt' mir halt so
wie so 'n Zahn ziehen lassenl"

König Humor.
s ist pumor? Ein schöner Regenbogen
Ain Firmaments farbig ausgespannt,
Ein hoher Leuchtturm in des Lebens Mögen,
Der glänzt, wenn schon die letzte possnung schwand


Auf dieser Melt buntscheckiges Getriebe,
Auf kleine Eitelkeit und Zwergenlist,
Wehmütig lächelnd, — doch voll Menschenliebe
Blickt stolz herab der wahre pumorist. A. H.

Umgekehrtes Verhältnis.
— „Ich sehe nun schon seit einer Viertelstunde den perrn
Professor dort auf demselben Platze stehen!"
— „Da hat sicherlich diesmal der Schirin in Gedanken
den Professor stehen lassenl"

Verantwortlicher Redakteur: Mar Schreiber. Druck und Verlag I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München: Schuüertstraste 6.
 
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