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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 29.1897 (Nr. 327-339)

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Nr. 332
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https://doi.org/10.11588/diglit.28505#0064
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Meggen-orfers Humoristische Blätter.


ster aus seinen Kommandeur erkannt hatte doch rasch in der
Uniform und wenige Minuten vor Vs2 gellten die schrecklichen
Töne des Alarmsignals, das der Schwarze sicher selbst erfunden
hat, durch die stillen friedlichen Straßen.
Der Oberst rieb sich die pände und lächelte diabolisch.
Das war mal gelungen I Kun sollten Offiziere und Mann-
schaften zeigen was sie wert waren! pändereibend begab er
sich auf den Alarmplatz, den großen Markt.
Eine kleine Sorge hatte er wohl —: würde ihm der Ge-
freite auch pünktlich sein Pferd bringen? Ach was, es war ja
ein gewandter Bursche und er hatte ihn auch für einen solchen
Fall genauestens instruiert. Gleiches Spiel für alle! Er wollte,
als echter Soldat, auch nichts voraus haben!
Immer noch schmetterte der langgezogene Alarmruf durch
die Nacht, jetzt aber verzehn-, verzwanzigfacht, weil alle Trom-
peter denselben ausgenommen hatten und nachbliesen — es war
ein peidenlärm und die Fenster des Marktplatzes, in dessen
Mitte der Oberst erwartungsvoll stand, belebten sich mit den
Röpsen der erschreckten Einwohner. —
Zwölf Minuten nach dem ersten Signale! Wie das Wetter
schoß jetzt der Regimentsadjutant von Tretter um die Marktecke
und parierte, salutierend, sein Pferd vor dein Obersten, der ihn
mit den Worten: „Sehr gut, mein lieber Tretter!" empfing
und sich dabei den Regen vom Gesichte wischte; denn eine
wahre Sündflut prasselte von dein rabenschwarzen Pimmel
hernieder. Die wenigen Laternen, welche den Marktplatz um-
säumten schienen alle Augenblicke unter dein Drucke des Sturmes
zu erlöschen — „von Visitation des Gepäckes und der Mann-
schaften" konnte da natürlich keine Rede sein — der Oberst
hatte das auch gar nicht im Sinne, dazu wollte er den Tag,
der im Mai ja doch ziemlich früh heraufkam, abwarten, das
konnte nach dec kleinen Felddienstübung geschehen, welche er
seinen Ulanen vorher noch bescheeren wollte.
Dreizehn Minuten nach dem ersten Signale! Der Oberst
schmunzelte: im Laufschritte kam der Gefreite mit dem Braunen
heran und ein zufriedenes Winken seitens seines perrn ward
dem Braven zu teil, der dann den Bügel hielt. Nun saß der
Gberst und er gestand es sich insgeheim, er war dessen froh.
Saperlott, wenn nun der Gefreite doch zu spät gekommen wäre
— es war doch immerhin ein Wagnis gewesen I
Trab — trab — trab — in geschlossenem Zuge und fest-
gefügt bog da eine Schwadron in den Platz ein. „Wer ist da?"
fragte der Oberst den Adjutanten. „Die dritte Schwadron, Ritt-
meister Nervlerl" entgegnete dieser und der Kommandeur
murmelte in den Bart: „Schöne Leistung! Zwanzig Minuten
nach dein ersten Signal. Alle Achtung!"
Nun hörte das Getrabe nicht mehr auf, eine Schwadron
kam um die andere bis alle fünf beisammen waren und der
Adjutant das Regiment „zur Stelle" melden konnte.
„Die perren Offiziere, wenn ich bitten darf!" Der ge-
wohnte lauschende Palbkreis entstand um den Obersten. Dar-
legung der angenommenen Idee; Abmarsch unter den vor-
schriftsmäßigen Formationen. Allmähliches Verklingen des puf-
geklappers — das Regiment war ausgerückt. —- Der Oberst war
hochbefriedigt. Der Alarm hatte ein außerordentlich günstiges
Resultat der Schlagfertigkeit des Regiments ergeben und auch
bei der Felddienstübung gingen die Meldungen so flott ein wie
bei hellichtem Tage, da konnte man, wenn auch der Vorbei-
marsch, der den Schluß bilden sollte, insofern befriedigte als
Anzug und Gepäck in wünschenswerter Verfassung waren —
schon eine brillante Kritik loslassen l

Und richtig, auch der Linzelvorbeimarsch nach Tagesan-
bruch gelang über Erwarten, Anzug u. s. w. waren tadellos —
und was die Kerls — Mann für Mann, — als sie an ihm
vorüberkamen, für fidele Gesichter machten I Na, da that jeden-
falls die Sonne das ihrige, sie räumte ja allmählich aus, am
Pimmel dort droben, mit dem lumpigen wolkengesiudel — ein
schöner Tag war angebrochen, in der Natur und in seinen:
Perzen! Nur der Regimentsadjutant und einige Offiziere
machten so eigentümliche Gesichter . . . „Die perren Offiziere zur
Kritik!"
Großes Lob entfloß dem Munde des Kommandeurs „.
Meine perren ich danke Ihnen", schloß er, „das Regiment war
einfach tadellos . . . jedes Pferd, jeder Mann, jeder
Unteroffizier und jeder Offizier!"
Und stolz ritt er heim, um sich aus den nassen Uniform-
stücken zu schälen, machte aber dabei eine Entdeckung, die ihn
fast umsinken ließ — — — er hatte in der Dunkelheit den
Rock des Gefreiten erwischt und als solcher sein Regiment
kommandiert!!

(Zs gehl in einem.


— „Du hast eben einen Korb von Fräulein Müller erhalten
und willst nun schon wieder bei Fräulein Meier anhalten?!"
— „Ja, schau, ich hab' halt grad' n Frack an!"

Verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und Verlag von I. F. Schreiber, beide in Eßlingen bei Stuttgart.
Geschäftsstelle in München» Schullertstraste 6.
 
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