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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 31.1897 (Nr. 354-366)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20913#0088
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

Arühreif.

Lilfertig rafft er ein xaar Banknoten ein, um sein kseim
vor den Alauen des Gläubigers zu retten und verläßt die Aeusche.

Aber kauin hat er die Thüre hinter sich, da schreckt sein
!Veib zusammen ob eines gräulichen Fluches, der im Flur die
wände erdröhnen macht. Mit einem Satz ist der Breuninger
wieder in der Stube, knirscht mit den Zähnen und ringt die
ksände. „ksimmeldonnerwetterelement, weib, hiaz is's g'fahlt!" —

Zitternd, mit bebenden Lipxen hebt sie die thände gegen
ihn, augenblicklich ahnt sie die nahende Uatastroxhe.

Die Faust donncrt er auf den Tisch und ringt nach worten.
Lndlich sammelt er sich zn der Schreckenskunde: „Die Gräfin
kimmtl"

Lrbleichend bricht das Weib in zeterndes Alagen aus, und
der Bub fällt in rührendem Familiengefühle mit erheblichem
Geschrei ein. Der Aeuschler rafft sich auf: „Stad seidsl Und
du, Leni, schleunig ins Bett — hiaz hilf, was helfen kann."
Lr drängt ste trotz ihres Sträubens auf das Lager, wirft die
Decke über sie und türmt ein gewaltiges Ueberbett darauf: „Und
hiaz denk, wie's bei der Veverl g'wesen is, und verrat dich nit,
sunst is alls aus und verspielt!"

Angstvoll krempelt die sxrachlose Breuningerin die ksülle
vom Gesichte: „Aber — Aasxer —"

„Stad seil Sie wird glei einarumpeln."

„Aber Aasxer — 's Aindl"

„Sagradibix, a Uind brauchst ah, däs hätt ih glei vergessenl"
stöhnt der erfinderische Gatte, faßt mit derben Fäusten den
Aleinen und hebt ihn zur Mutter ins Bett. Rasch umwickelt er
den Aopf des Buben, der nicht weiß, wie ihm geschieht, mit einem
geblumten Umhängtuch, das er ihm noch bis an die Nase herab-
zieht, und schärft ihm ein: „ksansl, hiaz sei brav und rühr dich
nitl Mach d' Augen zu und sei mäuserlstadl"

Schleunig schiebt er die roten vorhänge vor die kleinen
Fenster, da xocht's an die Thüre.

Linen Jammerblick sendet das Lhepaar der Gräfin ent-
gegen, die, in weichen pelz gehüllt, den dämmerigen Raum betritt.
Leise und fürsorglich wandelt sie gegen das armselige Lager.
„Nun Breuningerin, wie gehts ihr?" Die Angeredete wendet
ihr Nase und Augen zu. „Ulatt, Frau Gräfin — soviel matt
— bin ih halt."

„Das wird stch geben, liebe Frau. Und wo ist das Kleine?
Ist's ein Bub oder ein Mädel?"

„A Bua", bedeutet der vater, der sich die schweißtriefeude
Stirne trocknet, „schlafen thut er grad, allweil schlafen."

„Ist er wohl gesund?"

„Ah wohl, gsund schon, aber allweil schlafen thut er halt."

Die Gräfin neigt sich trotz dieser deutlichen Mahnung zur
Oorsicht über das Bett und hebt behutsam das geblumte Tuch.
„Lin kräftiger weltbürger, ei, ei, überraschend kräftig! Jst er
schon getauft? lvie heißt er denn, der Kleine?"

Da schlägt das vermeintliche Neugeborene die Augen auf
und schmettert in die Stille des Gemachs: „Breuninger ksansl
h°aß ihl"-

Anfang und Schtuß aus dem Reitetagebuch von
Nräutein AnverMgt.

Mauchzende wogen in tosender ksast

Drängen einander ohn' Ruhe und Rast,

Sxritzen gen lhimmel den schäumenden Gischt —>

Seebad vorüber — und wieder war's nischtl

Geht's nicht zu lvasser, so geht's wohl zu Land —
Trügerisch ist ja die lvelle, der Sand.

Steig' ins Gebirge ich kühnlich jetzt noch —
lvollen wir wetten? Ich heirate dochl

Schneidig.

Dame (zum Lieutenant): „Nun, kserr Lieutenant, war die Fahrt
übers lNeer nicht fad?"

Lieutenant: „V, nein, saß den ganzen Tag an Deck, las
Romane, . . . Ligarretten geraucht uud das Meer als
Aschenbecher benütztl"

Är bteibt.

Baron <zu seinem pächter) „Lebche, ich muß Dich entlassen. Schon
seit Iahren zahlst Du keinen Zins. Das geht so nicht
mehr. Du mußt gehen."

Lebche: „kserr Baron, gutester Baronleben, ich bitt' ergebenst
zu warten — die Lrnte —"

Baron: „Ach wasl Das hast Du mir schon zehnmal gesagt. Ich
duld' es nicht länger. Marsch, mach' daß Du fortkommst." —

Baron: „Nun, was giebt's noch?"

Lebche: „kserrBaron — ichhab mer besonnen. Ichbleib'weiter."

verantwortlicher Redakteur: Max Schreiber. Druck und verlag von I. L. Schreiber in Lßlingen bei Stuttgart.

Geschästsstellq in München, Schubertstraste 6.
 
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