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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 32.1898 (Nr. 367-379)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20912#0063
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Meggendorfers Hurnorifiische Blätter.


Benno gab sich alle Miihe, die Ursache dieser Stimmungs-
änderung bei seiner Frau zu erforschen. — vergeblich. Doch
rang sich ein: „Ach Ulama! Ach Mama!" über ihre Lippen.

Aha, dachte Benno, das bseimweh beginntl So früh schon?

Lr versuchte sie nnn zn trösten, er wollte ihr die Gegend
zeigen, nannte sie mit tausend Aosenamen. - - Alles half nichts.

Sie drückte ihr Uöpfchen in die wagenecke und war nicht
dazu zu bewegen, ihn auch nur anzuschauen.

Schon war die nächste Station in Sicht. Der mitreisende
Dicke beugte fich zum Fenster hinaus und rief: „Schwager in
Baschau kneipen wir eins! "

Lvchen horchte auf uud fing plötzlich au zu weinen: „Ich
will nach lsause zu Ulama und Paxa. Bring mich nach
hausel —"

Nun wußte sich Benno keinen Rat mehr. Der Dicke war
auch ausmerksani geworden und lächelte vielsagend. lvas
thun?

„Aind", wagte er einzuwenden — „Aind Du bist krankl
Bald sind wir bei meinen
Eltern, die pflegen Dich I
M Lvchen sage es mir,
wo es Dir fehlt, mein

tferzblättchen?-

vielleicht unterbrechen
wir die Reise und befra-
gen hier einen Arzt?"

Er inochte vor-
bringen, was er wollte,
sie weinte nur um so
heftiger. Und schließlich
stieß sie mit den Füßchen
anf:

„Nach lsause will ich!

Bring mich nach ksausel
Sofortl" — befahl siel

Schon hielt der
Wagen. Sie trocknete
ihreThränen,verschmähte
seine bsilfe beim rlusstei-
gen und that, als wenn
nichts geschehen wäre,
nur ihn beachtete sie
nicht.

„Schwagerl" — rief
cr dem postillon zu, der
auf dem Bocke saß — „Schwager, ich muß die Reise unterbrechen.
Ukeldet es meinen Lltern, wir könnten erst mit der nächsten jdost
kommen, müßtcn hier etwas ausruhen, da meine Frau leicht unwohl
geworden sei. — Behüt Luch Gottl" — Der Postillon versxrach
sosort nach Ankunft den Lltern Bennos die Störung schonend
mitzuteilen, wünschte der gnädigen Frau gute Besserung, lüftete
den Hut: „Behüts Gottl" — und schon rolltc der Postwagen
dahin.

Benno wollte nun seine Frau bewegen, mit in das Gast-
haus zu kommen. Lin Zimmer sei gewiß aufzutreiben und
wenn sie ausgeruht sei, dann wäre wohl auch alles wieder gut.

Aber davon wollte Lvchen durchaus nichts wissen.

„Line Droschkel Sofortl" befahl sie — „dann nach Schwaren-
bcrg zurück und mit dem nächsten Zuge zu meinen Llternl"

Ls blieb Benno nichts anderes übrig, als sich zu fügen.
Der Wirt stellte ein Gefährt und im Galopx ging es dem
Bahnstädtchen zu. Lvchen sprach kein lvort mehr und Benuo
hatte Zeit, auch seinen Gedanken freien Lauf zu lassen. Das
geht ja gut an, dachte er. Ja, ja, Papa Lxcellenz hatte doch
recht. Jn der Lhe verwandelt sich das lveib in wunderbarer

lveise! — Brrrl-Die Frau wird ihres lNannes Atcistcrin

und die gern getragenen Sklavenkettchen des Brautstandes ver-
wandeln sich in klirrende Aetten, die schwer abzuschütteln sind.

— Nun, Paxa und Mama Lxcellenz würden ihm helfen, das
wußte er, denn Lvchen war nun nicht mehr das verzogene
Töchterlein, sie war seine Frau, die Frau des wohlbestellten
Amtsrichters Benno von Uuhnen. Daran ließ sich nicht mehr

rütteln. —-Gewiß bäumte sich die jungfräuliche Seele

seines Lvchens auf gegen die kserrschaft des Mannes. Ls war
sicher die Reaktion auf den Taumel der letzten vierundzwanzig
Stunden. Aufregung — nichts als Aufregungl Der ersten
Lrschlaffung im Bahnwagen war das Lrwachen gefolgt und
nun probierte die Frau zum ersten Male die kserrschaft ihres
willens, sie schwang den Pantoffel. In eigentümlicher lveise
zwar, aber ganz würdig der Launen, die sein Lvchen ihm be-
reits als Braut zu kosten gegeben und die er als gereister
Mann belächelt und entschuldigt hatte, wie ein Lrwachsener
die Launen eines Aindes entschuldigt. Sein Lvchen war ja

erst achtzehn Iahre alt,
da ließ sich gewiß in Güte
und Liebe noch manches
am Lharakter ändern l
— — So sxann sich
Gedanke an Gedanke,
ohne daß Benno eine
rechte Lrklärung für das
verhalten seiner jungen
Frau sand. Aber schon
war Schwarenberg in
Sicht. Der nächste Iug
ging auch bereits nach
einer halben Stunde ab,
durch ein Telegramm
wurden Lvchens Eltern
von der Rückkunft ver-
ständigt, denn erst nach
Mitternacht konnte die
Ankunft in der Residenz
erfolgen. — Rein lvort
fiel zwischen den beiden.
Ls gab nicht bsunger und
Durst, keine Ermüdung.
— Line lange Fahrt.
Doch endlich fuhr der
Lilzug in die Bahnhofs-
halle der Residenz ein, Papa und Mama Lxcellenz, die Gesell-
schaftsdame, drei Tanten und zwei Dienstboten erwarteten die
Rückkehrenden.

Die lvartenden jubelten, als sie das j)aar unversehrt dem
Bahnwagen entsteigen sahen, denn man hatte in großer Angst
um Lvchens Befinden geschwebt.

„Aber Ainder, Ainder I" — schnarrte Paxa Lxcellenz — „was
soll das heißen?" — —

Benno grüßte alle. Lvchen warf ihr Aöxfchen stolz in den
Nacken.

„Lrst nach lsause" — kommandierte sie —, „dann werde ich
sprechen. Jch bin schmählich betrogen — schmählich l"

— Ihre Stimme klang gexreßt.

„Donnerwetter, bserr Schwiegersohnl" näselte Lxcellenz,
„was soll das heißen?"

„Ich bin sxrachlos, Lserr Schwiegerpaxa, der Teufel soll das
Rätsel lösenl Jch kann es nichtl"

Benno war nun ärgerlich geworden, das war ihm doch zu
stark; aber eine Auseinandersetzung auf der Straße mußte er
vermeiden.

Vatenl-Vnreau-Ginrichirmg.

Gast: „Ich bilt' Sie, was sind denn das für sonderbare Apparate auf den j)ulten?l"
Bureauchef: „Das ist sehr praktisch! Wenn einer der Beamten einnickt, so setzt er
durch die Aörxerschwere den Apparat in Bewegung und durch die Rlöppel wird
 
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