Bleggendorfers L) u in o r i st i s ch e BIätter.
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Äigene Kchuld.
„pful Teufel, riecht Lr nuch Schnaps!" — „Da sind nur Sie selber schuldig, lserr Baron." — „tvas ich? tvie komnu
Lr zu dieser Unverschäintheit?" — „5ie hcib'n eben a fcinere Bos' mie i'! I' riech' cibsolut nirl"
ungetellt einein einzelnen Sieger zuteil wird, sondern, daß es
stets heißt, es sei einer Reihe gleichwerliger Arbeiten der Preis
zuerkannt; und dann wird entmeder um dcn Preis gelost, odcr
er wird unter die verschiedenen Sieger geteilt. Sollte, sagte
ich inir ost, niemals meine — pardon! — einc Arbeit so unbedingt
iiber alle andern hervorragen, daß sie allein des jdreises würdig
erschiene? Dieser Umstand kam mir merkwiirdig, iim nicht zu
sagen rätselhaft vor, und ich konnte ihn mir nie erklären, bis
ich selber Preisrichter wurde. Nun aber bin ich in der Lage,
allcn, die sich sür die Sache interessieren, also, so viel ich wohl
annehmen darf, allen Zeitgcnosseii, das Gcheimnis zu cnthüllen.
Ein reicher Gönner (er war überhanpt Gönner, besonders
aber auch niein Gönner) besaß in seiner Bibliothek das Ukanu
skript eines alten Gcdichtes von eineni berühmten versasser. Als
er einmal seinc Bibliothek durchmusterte, sand er zu seinem
Schrecken, daß das Pergament von den Mäusen zernagt worden
und die ksälste des Poems mitsamt dcm Namen dcs verfassers,
den er vergessen hatte, ein Vpfer der Zerstörung gcworden war.
Die Sache ging ihm nahe, und er entschloß sich, wie dies
ja mit antiken Statuen öfters gemacht wird, das Gedicht
restaurieren zu lassen. Damit dies aber aus die bestmögliche
Weise geschehe, erließ er ein Preisausschreiben.
Ich hatte die Lhre, bei dieser Gelegenheit mit noch zwei
andern bedeutenden Männern zum Preisrichter ernannt zu
werden.
Das vorhandeue Lruchstück, wclchcs im Preisausschreiben
veröffentlicht wurde, lautete, wie dcr Lescr sich wohl erinnern
wird, wenn er selber an der Bewerbung teilgenommen hat,
solgendermaßen:
Im ros'gen Abendstrahle Lag . . .
Ls stand im tiefen Thale . . .
vom Himnicl fiel es golden Aus sei . . .
Der Duft der Blütendolden .
Ich schau' hinaus ins Blau . . .
Und wie ich sehnend schaue, . . .
bsier inuß ich einsam schmachlen . . .
lvaruni nicht thät ich achten . . .
B wer doch schlürfen könnte . . .
lvenn mir der ksiinmcl gönnt . . .
U)as nützt mich all dies Glänz . . .
Da doch in diesen Grenzen . . .
Vbgleich in weiser voraussicht der Termin möglichst früh
gestellt worden war, liefen doch über tövon Arbeiten ein.
Ieder Preisrichter hatte sür sich sämtliche Liuläufe zu prüfen
und das würdigste Gedicht auszuwählen.
Die Masse wäre nie zu bewältigen gewcsen, wcnn wir
uns nicht über einige Grundsätze geeinigt hätten, nach welchen
von vornherein die größte Anzahl dcr Mannskripte von der
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Äigene Kchuld.
„pful Teufel, riecht Lr nuch Schnaps!" — „Da sind nur Sie selber schuldig, lserr Baron." — „tvas ich? tvie komnu
Lr zu dieser Unverschäintheit?" — „5ie hcib'n eben a fcinere Bos' mie i'! I' riech' cibsolut nirl"
ungetellt einein einzelnen Sieger zuteil wird, sondern, daß es
stets heißt, es sei einer Reihe gleichwerliger Arbeiten der Preis
zuerkannt; und dann wird entmeder um dcn Preis gelost, odcr
er wird unter die verschiedenen Sieger geteilt. Sollte, sagte
ich inir ost, niemals meine — pardon! — einc Arbeit so unbedingt
iiber alle andern hervorragen, daß sie allein des jdreises würdig
erschiene? Dieser Umstand kam mir merkwiirdig, iim nicht zu
sagen rätselhaft vor, und ich konnte ihn mir nie erklären, bis
ich selber Preisrichter wurde. Nun aber bin ich in der Lage,
allcn, die sich sür die Sache interessieren, also, so viel ich wohl
annehmen darf, allen Zeitgcnosseii, das Gcheimnis zu cnthüllen.
Ein reicher Gönner (er war überhanpt Gönner, besonders
aber auch niein Gönner) besaß in seiner Bibliothek das Ukanu
skript eines alten Gcdichtes von eineni berühmten versasser. Als
er einmal seinc Bibliothek durchmusterte, sand er zu seinem
Schrecken, daß das Pergament von den Mäusen zernagt worden
und die ksälste des Poems mitsamt dcm Namen dcs verfassers,
den er vergessen hatte, ein Vpfer der Zerstörung gcworden war.
Die Sache ging ihm nahe, und er entschloß sich, wie dies
ja mit antiken Statuen öfters gemacht wird, das Gedicht
restaurieren zu lassen. Damit dies aber aus die bestmögliche
Weise geschehe, erließ er ein Preisausschreiben.
Ich hatte die Lhre, bei dieser Gelegenheit mit noch zwei
andern bedeutenden Männern zum Preisrichter ernannt zu
werden.
Das vorhandeue Lruchstück, wclchcs im Preisausschreiben
veröffentlicht wurde, lautete, wie dcr Lescr sich wohl erinnern
wird, wenn er selber an der Bewerbung teilgenommen hat,
solgendermaßen:
Im ros'gen Abendstrahle Lag . . .
Ls stand im tiefen Thale . . .
vom Himnicl fiel es golden Aus sei . . .
Der Duft der Blütendolden .
Ich schau' hinaus ins Blau . . .
Und wie ich sehnend schaue, . . .
bsier inuß ich einsam schmachlen . . .
lvaruni nicht thät ich achten . . .
B wer doch schlürfen könnte . . .
lvenn mir der ksiinmcl gönnt . . .
U)as nützt mich all dies Glänz . . .
Da doch in diesen Grenzen . . .
Vbgleich in weiser voraussicht der Termin möglichst früh
gestellt worden war, liefen doch über tövon Arbeiten ein.
Ieder Preisrichter hatte sür sich sämtliche Liuläufe zu prüfen
und das würdigste Gedicht auszuwählen.
Die Masse wäre nie zu bewältigen gewcsen, wcnn wir
uns nicht über einige Grundsätze geeinigt hätten, nach welchen
von vornherein die größte Anzahl dcr Mannskripte von der