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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 37.1899 (Nr. 432-444)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16698#0082
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Meggendorfers ^umoristjsche Blätter.

Der Zali„.

oiii flottgehendcs Uohiengeschäft und hat aus seinen schwarzen
Ldelsteinen schon manchen goldenen Gedanken herausbuchstabiert.
Frank war schon länger verheiratet, wir beide waren iimner
Freunde geblieben. Er hörte inich mit gelassener Mene an
und riet mir zuin Schluß, nur hiibsch rnhig zu bleiben. Die
Sache sei nicht weiter von Belang. Es sei vieliiiehr nur ein
Oersuch meiner Frau, mich unter den jdantosfel zu bringen.

,Aber nur nicht nachgcben/ sagte er, ,sonst hast Du bei
Deiner Frau fiir immer verloren. Menn sie die Nutzlosigkeit
dieses Putschcs einsieht, wird sie ganz von selbst wieder zurück-
komnien.' Ich glaubte ihm und ging beruhigt wieder heim.
Aber ich wartete Tag fiir Tag vergebcns auf meinen Fliicht-
ling, und endlich wurde ich sehr böse.

Wenn ich ihr so gar nichts mchr galt,
daß sie mich auf dieso Art allein lassen
konntc, wenn sie sogar noch von ihren
Eltern in ihrem verwerflichen Trotz
bestärkt wurde, so mochte sie denn
auch bleiben, wo sie war. Iliein thaus
sollte sie denn auch nicht wieder betreten;
ich befahl dem Mädchen, dem inzwischen
auch schon eine Ahnung des Geschehe-
nen aufzudämmern schien, meiner Frau,
falls sie etwa konimon sollte, nur gleich
an der Thnre zu sagen, daß sie wiedcr
umkehren möchte. Auf jeden Fall hatte
ich jetzt ebensoviel Recht, eine Scheidung
zu beantragen, als sie. Aber während
ich mich in solche Gedanken hineinredetc,
horchte ick doch oft auf, wenn im Flnr
eine weibliche Stimme mit dem Alädchen
sprach. Nein, das war sie wieder nicht.

Es war spät am Abend, als mir
das Dieustmädchen noch eine jdatientin
meldete, und gleich als Lntschuldigung
hinzufügte: die Dame habe das Gesicht verhüllt, ste hat jeden-
falls Schmerzen, denn sie that sehr ungeduldig und wünschte
sehr bestimmt, noch heute Abend vorgelassen zu werden. Ich
wars das Iournal, in dem ich gelesen, mürrisch zur Seite.
,Nicht einmal des Abends um zehn Uhr hat man Ruhe. Aönute
sie nicht ebensogut morgen friih wieder kommen? Aber wenn
Frauen eine Alcinigkcit haben, glauben sie gleich sterben zu
miissen? Ich ging in das Zimmer. Die Dame saß in einer
halbdunklen Lcke mit fast ganz vom Tuche bedeckten Gcsicht,
aus dcm nur die Augen unheimlich zu mir hcrüberleuchteten.
Auf meine Frage antwortetc sie, daß sie arge Schmerzeu im
Zahn habe, und daß sie mich deshalb noch so spät aussuche,
uui durch incine hilsreiche tsaud einer schlaflosen Nacht zu

entgehen. Sie sagte das mit zitternder, vor Aufregung leise
bebcndcr Stimmc. Sichcr hatte sie nur die äußerste j)ein hier-
hergetricben. Ich bat sie, ihr Tuch abzulegen. Zu meiner
verwunderung nahm sie jedoch in ihrer vermummung im
Vperationssessel Platz. Ich rückte ein Licht in die Nähe nnd
sagte noch einmal: ,Sie müsscn natürlich ihr Tuch ablcgen,
nicine Dame; so wcit sind wir leider noch nicht, daß wir Ihnen
mit X-Strahlcn in den Mund sehen können? Sie stieß einen
leisen Seufzer aus, während ihre Brust wogte. Natürlich
wieder so eine Schwachnervigc, dachte ich, die jetzt am liebsten
wieder draußen auf der Straße sein möchte. Aber jetzt griff
sie mit schneller Lsand empor, und im nächsten Augenblick starrte
ich in das bleiche Gesicht —meiner Frau.
,Du, Marga?' rief ich bestiirzt, ,was
soll das bedeuten?' Und dann wachte
der ganze Zorn wieder auf, den ich in
den letztcn Tagen gegen sie herumge-
tragcn hatte. ,Nun, wagst Du es jeht
auf einmal, wiedcr in das ^aus Deines
Uianues zurückzukchrcn, der Dich so
schwcr mißhandelt hat, daß Du Lhe-
scheidung wolltest!?'

Sie war vollftändig in sich zusam-
mengesunken. ,verzeihe, Uiax/ ant-
wortete sie endlich mit weinerlicher
Stimme, ,ich war im Unrecht. Ich sehe
es ein. Und um es Dir zu beweisen,
sitze ich hier.' Und dann mit einem
kleinen schalkhaften Lächeln, währcnd
ihr doch die Thränen aus den Augen
fielen: stvohlan, therr Zahnarzt, walte
jetzt Deines Amtes. UAederhole, was
Du damals thatest, und wofür ich Dir
nach manchcr gut durchschlafenen Nacht
schon dankbar gewesen bin. Du wirst
dann cinsehen, wie sehr ich mein Unrecht wieder gut zu macheu
wünsche, dcnn Du weißt ja, wie sehr ich das blitzende Instrument
in Deiner bsand siirchte.' Ich legte die Zange sort und. . . gab
meiner kleinen Frau einen herzhaften Auß. Seit jener Zeit
habcn wir uns nicht wieder gezankt. wenn es aber fast unver-
meidlich schcint, dann führt eines das andere hieher vor jenes
Aästchen, in dcm wir jenen Zwietrachtszahu zum Andenken auf-
bewahren, und dann gibt jedes nach." — Max schwieg. In der
Portiere hinter uns raschelte es. Dic lächelnde Frau INarga trat
ein. Als ich später ging und draußen an dem geöffneten Fenstcr
vorbeikam, trug mir der wind solgende worte von ihr zu: „ksöre
Max, weshalb giug Dein Freund Ldwin so nachdcnklich fort?"
„Ich will Dir's verraten," antwortete Ukax, „er will heiratcn."

,^?>inder," sagt dcr Schulinspcktcr,
czhI; „wenn ma' siede' will a Lier,
was ischt do vor ällem uötig,
wenn er's') wisset, saget's mir?"

Vierchemle. (Schwäbisch.)

Und die Ainder älle schreiet:
„lsopfa braucht ma' halt und Uialzl
„Richtigl Aber liebe Ainder,
Lbbes^) sonst nah jede'salls?"

Und die Ainder älle gucket
Bei der Frog' verwundert drei',
Und uet ei'm vou älle z'samma
Fcillt die kjauptsach', 's lvasser, ei!

„Aber b'sinnet euch doch, Ainderl
Zu dem Uialz und üopfa na''')

Braucht ma' — F'ritzlc, Du »uischl's wissal
U?as uoh, daß ma' siede' ka'?"

') Uir's. 2) ctwas. ^) lächelt. ^') Tüte.

Und des Brauermichle's Fritzle
Sagt — es schmezclev) »o' so
Und macht no 's profitlichst G'sichtle:

„Lbbes aus 'ma Güggle^) uoh!" G. Teuffcr.

verantwortlicher Rcdakteur: Max Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Desterreich-Ungarn für lherausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlkifl von I. F. Schreiber in Miinchen und Estlingen.
 
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