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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 37.1899 (Nr. 432-444)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16698#0101
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

9Z

Vom guten Kuckuck.

^^^7ama machte mit Hanserl in diesem Frühjahre den
I ersten waldsxaziergang; xlötzlich fing der Unckuck
zu rufen an. „Schnell greif in die Taschel" sagte
Mama, „und sieh nach, ob auch Geld darin ist; denn weißt Du,
die Leute sagen, der Uuckuck sei ein sehr guter vogel; wenn
man seinen Ruf zum erstenmal im Iahre hört und man hat
gerade Geld in der Tasche, so bewirke der Uuckuck, daß das
Geld in der Tasche im ganzen Iahre nicht ausgeht."

Mit Wonne versicherte der Aleine, daß in seiner Tasche
wirklich „drei Areuzerln" vorhanden seien.

Wenige Tage sxäter war es, da Nama eben Lsanserl zu
Lett gebracht, ihn sein Nachtgebct hatte sprechen lassen, den
rosigen Ulund gekiißt hatte und sich eben cntfernen wollte, als
sie sich am Aermel sestgehalten fiihlte.

„Mama," ertönte leise Lsanserls Stimmchen, „ich muß Dir
noch was sagcn."

„Nun, ksanserl? Du hast doch heute nichts angestellt?"

„Dh ncin l Ulama; aber weißt Du, das vom Ruckuck . . .
das was Du neulich gesagt hast, .... was die Leute sagen,
— das ist ganz wahr. Der Auckuck ist ein sehr guter Dogel;
mir hat der gute Auckuck hcut' schon Geld gemacht."

„Ia, wie denn Lsanscrl? Wohcr hast Du Geld?"

„Vom vetter Gustav."

„Aber pfui l Lsanserl, Du hast Dir doch vom vetter Gustav
nicht Geld schenken lassen?"

„Schenken nicht, Mama; verdient habe ich mir das Geld;
noch drei Areuzerln zu den drcien, die Du mir neulich ge-
geben hast."

„Ia wie hast Du aber das Geld verdient? Mas hast Du
dafiir gethan?"

,Fcut' gezählt hab' ich, Mama."

„Leut' gezählt? Wie ist denn das?"

„Ia weißt Du Mama, heut' Abend vor dem Nacht-
mal, wie Du so lang in der Aüche warst, da war ich
mit dem vetter Gustav und mit der Tante Alitzi in
der Mohnstube und da hat der vetter Gustav gesagt:

„lsanserl, paß auf! Schau zum Fenster hinaus und
zähl' die Leut', die vorübergehen und immer, wenn
Du zchn gesehen hast, bekonimst Du ein Areuzerl; Du
darfst Dich aber nicht umschauen, sonst gibt's nichts und
Du mußt dann wieder von eins anfangen." Da hab'
ich gezählt und mich nicht umgeschaut und es sind
dreimal zehn Leute vorübergegangen und ich hab' drei
Areuzer dafiir bekommen. Der Auckuck ist doch sehr
gut, Mama."

Mama küßte schweigend den kleinen Leutezähler
und dachte nach, wie lang es wohl dauere, bis dreimal
zehn Leute die abgelegene Gasse passierten, gegen welche
die wohnstube lag.

Tags darauf, zur Mittagszeit, stand Mama vollauf
beschäftigt in der Aüche; da kam vetter Gustav, der
flotte ksörer der Rechte und auf Dauer der Studien-
zeit Lsausgenosse der Familic, des Lveges und steckte
den Aopf zur Aüchenthür herein. „Guten Tag, Base,
immer fleißig, Du Muster dcr deutschen ksausfraul"

Mama wandte sich dem Redner zu: „Nun gott-
lobl jetzt wird es bald nicht mehr nötig sein, daß ich
mich so xlage; wir werden unser ksauswesen auf vor-
nehmen Fuß stellen und so viel Dienerschaft halten, daß
ich gar nichts mehr zu thun haben werdel"

„lvieso, verehrte Base?" fragte ahnungslos der
vetter.

„Nun, Du gibst uns ja die Mittel dazul"

„Ich?"

„Aber stelle Dich doch nicht so arglos; wir werden eben alle
uns nur mit Leutzählen beschäftigen und wcnn wir dies von
früh bis abends thun, so verdienen wir von Dir ohne sonder-
liche Nühe Geld genug zu einem bcquemcn ksaushalte." Mit
von Röte übergossenem Gesichtc murmeltc der vetter: „Aber
wahrhaftig, Base, ich verstehe Dich nicht," und war im nächsten
Augenblicke aus der Aüche verschwunden.

von dieser Zeit an hatte Mama nie mehr in der Aüche
zu thun, wenn Tante Mitzerl zu Besuch kam und zugleich
vetter Gustav daheim war. F. S.

Die fragenden Äugen.

<^)7ichts konnt' bei meinem Lieb' mich so entzücken,
Als ihr ins tiefe blaue Aug' zu blicken.

Das that ich oft und that es gerne,

Ls waren wie zwei helle Sterne
Diese fragenden Augen.

Lin Iahr verging; wird's cinmal etwas spät
So um die Zeit —, wo es auf ; Uhr geht,
Und komm' ich mühsam tastend in mein tsaus.
Lsu, — schrecklich sehen sie da aus —

Diese fragenden Augen.

Haha.

Das gestohlene Ktilleken.
 
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