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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 37.1899 (Nr. 432-444)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16698#0102
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Illeggendorfers Humoristische Blätter.

9-s

Dte Theorie Kchenk aus dem Kasernenhos.

ItnterostlZier (stch mit einem ungeschickten Rckruten
plagend): „Rerl, hätte Jhre Mutter doch mehr Zucker
gegessenl"

Modern.

GötheundSchillerl Altinodische Seelenl
Wie lang' hätt' inan die sich schon abgewöhnt,
Menn inan, wo eig'ne Gedanken sehlen,

Nicht gar so bequem sie citieren könnt'I W.

Von der lKühne.

kserr (zum Theaterdirektor)^ „Mas haben Sie denn da
für alten verschlissenen Aram? ksaben wohl einen
Trödlerladen erworben?"

— „B, neinl Das ist die Garderobe snr die moder-
nen Stiicke."

Das blaue Wanö.

sHährend einer Zwischenpause der Tanzstunde
I / verließ stuck. jur. jdalmer den schwülen Saal,
^ um sich draußen im Gange an der Uühle

des Abends zu laben. Dieselbe Absicht hatte Fräulein
Gretchen und so gcschah es, daß sich die beiden im
Gange trafen. Palmer begrüßte diese günstige Ge-
legenheit mit Freuden, um dem süßen Ainde, wenn
auch nur durch die Blume, die seligen Gefühle zu
schildern, welche es in seinem Lserzen erweckt hatte.

Grctchen war sehr liebenswürdig und Palmer
glaubte nun, seinen Gefühlen einen deutlicheren Aus-
druck verleihen zu dürfen. „Wie herrlich Ihnen dieses
blaue Band steht, Fräulein Gretchenl V, wie liebe
ich dieses Band — ich muß es küssenl" Bei diesen
worten drückte er einen ausgiebigen Auß, bevor sich
Gretchen versah, auf . . . nun, wie man will, auf das
blaue Band oder auf den schneeigen ksals.

„V, Sie ... I" Schmollend entfernte sich Gretchcn.

An demselben Abend wagte sich jdalmer nicht
wieder in die unmittelbare Nähe seines Lieblings,
denn er hatte Gewissensbisse. —

In der nächsten Tanzstunde war Gretchen wieder >
sehr liebenswürdig und jdalmer solgerte daraus, daß
sie ihm schon verziehen habe. Tr erwartete voll Un-
geduld die Zwischcnpause: ob sie wohl wieder auf den
Gang hinaus kommen wird?I

Und richtig — sie kaml Palmer gesellte sich
wieder zu ihr und wußte gar viele angenehme Neuig-
keiten zu berichten. Natürlich vermied er sorgfältig
jede Anspielung auf das Außattentat in der letzten
Tanzstunde. Als er endlich nicht mehr wußte, was er
noch erzählen sollte und das Gesxräch stockte, griff
Gretchen wie zufällig an das blaue ksalsband, blickte
ihn mit den hellcn Ainderaugen seltsam nachdenklich
und doch so treuherzig an und sagte:

„Schauen Sie, Lserr palmer, in meiner Zerstreut-
heit hab'ich heute wieder das blaue Band genominenl"

Matth. Mayer.

verantwortlicher Redakteur: Ulax Schreiber. Druck von I. F. Schreiber, beido in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn sür Herausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Ulohr in lVien I.

VerlAg von I. F. Schreibrr in München und Etzlingrn.
 
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