Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 37.1899 (Nr. 432-444)

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.16698#0133
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Meggendorfers H u in o ri st i s ch e Blätter.

s25

Ländlich — sitllich.

^iemder (morgcns ungeduldig):

Frau tvirtin l"
tviriin: „Ia, das geht der Reihe nach, wie die Freinden
der tserr auf Nr. 5 noch i,n Gebrauch l"

„vor einer halben Stunde habe ich schon um ein tsandtuch geruse»,

gestern angekoininen sind; jetzt hat's

Der rveise Atinister.

Lin Nlärchen von W. Madcr.

war einmal ein Uönig, dcr war so weise, daß er nichts
untcrnahni, ohne znvor seinen INinister uni Rat gesragt
zu haben; wenn er dann des Ministers Ansicht wußte,
so konnte er ja noch innncr thun, was er wollte; und wenn
er dem Rate seines INinisters zuwider handeltc, so fiel es diescm
nicht cin, seinen Abschied einzureichen, denn er war zu gescheit,
als daß er seine eigene Ansicht fiir die allein richtige gehalten
hütte.

Als der Aönig alt wurde, dachte er daran, das Reich scineni
Sohne zu übergeben. Vainit war dor Ministcr wohl zufricdon,
nur nicinte er, der Prinz niiisse zuvor heiraten; dcnn wer nicht
gelernt habe, eine Frau zu regieren, der sei auch zuni Landesfürsten
untauglich.

Dcr Aönig seufzte, da er an seine Selige dachte; doch
nieinte er, es lasse sich viclleicht auch eine finden, die leicht zu
beherrschen sei. Der Prinz aber klatschte vor vergnügen in die
bsände, als er von den lfeiratspläncn hörte, denn er hatte schon
lange große Lust zuni lfeiraten, weil er noch ein unerfahrcner
Iüngling war.

So wurde denn bcschlossen, daß der frinz sich an allen
^ürstenhöfen der lvelt die prinzcssinnen ansehen sollte, uni die
beste unter allcn zu sciner Gemahlin zu wählen. „Aber wie
soll er die beste hcrausfinden?" fragte der König. „Der Schcin
trügt, und lveiber sind lveiber, die durchschaut man nicht
ohne Rö ntgen stra h len!" Nun waren aber danials die
Röntgcnstrahlcn iveit und brcit noch nicht entdeckt; allein dcr
weise Diinistcr stüstcrte deni Aönig einen so klugen plan ins

Ghr, daß dcr Aönig sich vor
Freudcn die tsändc rieb und so
schlau lächelte, als sei er selber
darauf gekoinmen; uud das bil-
dete er sich auch ein, denn so
oft ihin ein guter Rat seines
viinisters einleuchtete, glaubte
er hiutennach, er sci ihm sclber
eingcfallcn.

Der Prinz inachte sich als-
bald auf dic Reise und trug sein
Gcpäck in eincni ksandkoffer bei
sich, denn er reiste im strengsten
Inkognito; der üiinister aber
begleitete ihn und hatte nichts
bei sich, als einc Schachtel aus
Pappendeckel. So reisten sie
von einem Lande zum andern;
so vielc Rönigstöchter sie abcr
zu sehen bekamen, so gefiel ihnen
doch keinc einzige; dcnn sie
wollten eben nur die bcste,
und stelltcn darum hohc An-
forderungen Da fandcn sie,
daß die guten meist häßlich und
dumm waren, dic schönen uud
gcscheiten aber boshaft oder
hochmütig, oder mit andern
schlechtcn Ligenjchaftcn behaftet.

Lndlich kamcn sie an einen
lsof, da warcn drei Prinzeffinnen
von außerordentlicher Schönhcit
und dabci gut erzogen; dcnn der
Aönig, ihr vater, hatte zu ihrer
Lrziehuug die Rute fleißig gc-
braucht, weil er sagte, Prinzessinnen miißton mindestens cbcnso
gut erzogen werden, wie Bürgerstöchter, chcr noch etwas besser.

„Achl" sagte der Prinz, als er dic Prinzessinnen sah, „die
gefallen mirl Ich möchte gleich alle drei nehmen."

„Lsalt, haltl" erwiderte der Minister, „das geht bei uns
nicht, — es könnte auch schlimm ausfallen."

„Aber welche soll ich dann nehmen?" sragte der Prinz.

„Die bcstel"

„Ia, wenn ich wüßte, welche das istl"

„Das werden wir gleich heraushabcn," crklärte der Aiinister
voll Zuversicht; und er ging zu der Aeltesten und fragte i „lfast
Du dcn Prinzen lieb? Denn Du mußt wisscn, daß mcin Begleitcr
cin mächtiger Prinz ist, dcr nur inkognito reist."

„V, das wciß ich schon lange I" sagte die wunderschöne
Prinzoffin, „lieb habe ich ihn auch. ivird er mich auch hci-
raten?"

„Gemach, gemach I" erwiderte der Aünister, „was könntest
Du denn aus Liebe für ihn thun?"

„V l" sagte die Prinzessin, „Reichtum und Rang könnte
ich ihm opsern und ihn heiraten, wenn er sogar INez'er hieße
und nicht einmal „von", so lieb habe ich ihn l" Sie wußte abcr
gar wohl, daß er nicht Nieyer hieß, sondern ein richtiger
Prinz war.

Als der prinz ihre ivorte hörte, rief er gleich ausi „Das
ist gewiß die beste I Di e will ich nehmen I Solch eine Liebe, solch
ein cdles, opferwilliges iferz — nein, das sindet man nicht
alle Tagel"

„Nur Gcduld!" sagte der iNinister und er führtc dic Aönigs-
tochter abseits, slüsterte ihr etwas zu und öffnete seine Schachtci.
Aaum aber hattc die Prinzessin einen Bliek hineingeworsen, so
 
Annotationen