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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 37.1899 (Nr. 432-444)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16698#0144
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Meggendorfers Humoristrs che Blätter.

f36

„ . . . Im Lifer des Sxiels hatten wir bei unsrem Skat gar nicht gemcrkt, wie spät
es geworden," fuhr Lscrr Rcntier Liigenwald in seiner Lrzählung fort, „und warcn ordcntlich
crstannt, als die Airchturmuhr mit dumpfen Tönen die Mitternachtsstundc verkiindete. Ich will
gerade einon Grand mit vieren ansagen, da — was erblicko ich, rückwärts schauend? Sitzt
hinter meinem Stuhle ganz gemiitlich ein Goist und macht don ,Aiebitz°."

Zum Uebergang.

(Dnkel (zuni Noffen, der Slu>
deut ist): „Nun, nachdem
Dir der Arzt den Alko-
hol griindlich verbotcn,
gewöhnst Du Dich doch
langsam ans Wasser?"

— „B ja l bsab' heute schon
drei Gognacgläscr
voll getrunken!"

Ärklärung.

<^t°arum so oft mein
Auge dir

Lrscheint von Gliick crsiillt?
Komm her und lies vom
Auge mir

Die wahrheit unverhüllt:

Mein Auge muß ein
Spiegel sein,
lVirft jodes Bild zuriick,
Und sieht mein ganzes
Gliick hinein,

Sieht auch heraus mein
Glückl Herbusti.

Gul gewähli.

A: „Wie, Sie glaubon, daß
Ihr Bräutigam einmal
cinen recht folgsamcn
Ehegattcn abgibt?"

Fräulein: „Ia, den hat
bereits seine Wirt-
schafterin unter dem
Pantossell"

§lne Gesellschafks-Linluduug.

völlig rätsclhaft — es fehlt nur noch, daß sie auch noch eine
Brigade erhält, imstando dazu ist sie. Dcr Frau trauc ich
allcs zu."

„Aber Aind, Du redest Dich ja ganz in Wut und Zorn,"
sagte cr verwundcrt, „mein kserz ahnte ja nicht, daß ihr so viel
unter eurer Kommandeuse leidon müßt. So freue ich mich
doppelt und dreifach, daß diese Gesellschaft an Deinen Aoch-
töpfen voriibergeht. Ich will Dir aber noch eine andere, frcu-
digc Mitteilung machen. Ich habe mir unterwcgs ausgerechnet,
daß dies Fest uns, alles in allem, doch ungefähr zweihundert
INark gekostet hätte — ausgegeben hätton wir sio doch und
darum habe ich beschlossen, morgen cin paar Tago Urlaub zu
nehmen und mit Dir nach Berlin zu fahren."

Sie jubelte laut auf und hing glücksolig an scinem bsals.
„Das ist zu schönl — zu herrlich l — wie lange wollen wir denn
fortbleiben?"

„Das kommt darauf an, wie der Vberst morgen bei Laune
ist," gab er zur Antwort, „auf jeden Fall miissen wir abcr am
nächstcn Mttwoch wieder hier soin; wir miissen doch wenigstens
so thun, als ob wir unsere Gesellschaft gäben."

Am nächsten Nkorgen war große Regimentsübung, der
Ltatsmäßige führte, der bscrr Gberst schwcbte als Aritikus über
dom Ganzen. Der Bberst schalt schon gleich zu Boginn ganz
gewaltig, so daß sich jeder sagte: wenn cr sich jetzt schon so
v»rausgabt, was bleibt dann für den Schluß?

Man muß stets die Wirkung zu steigern suchen, sie niemals
abschwächen, das ist eine alte Geschichte aus der Zeit vor der
Lrschaffung der Welt.

Da sah der Aommandeur den Bberleutnant von Aestorff.
Lr ritt auf ihn zu und gab ihm sogar die bsand: „Sie waren so
liebenswürdig uns einzuladen — es thut uns wirklich ganz
außerordentlich leid, — wir hätten gerade in Ihrem bsauso
so gern einen Abend zugebracht."

„Ich weiß zwar, daß das alles nur Redensarten sind und
daß Du jedcm anderen genau dasselbe sagen würdest," dachtc
Aestorff, „abcr die Gelegenheit ist günstig, eigentlich wollte ich
nur droi Tage Urlaub haben, aber wenn Du so gnädig bist, kommst
Du untcr füns nicht weg," und er trug sein Anliegen vor.

Aber die Gnadensonne des Aommandeurs verwandelte sich
plötzlich in eincn Gewittersturm: „kserr, glauben Sie, daß Sie
nur Bffizier sind, um auf Urlaub gehen zu können? Das gibt
es nicht, da könnte jeder kommen."

„Aber es kommt doch nicht jeder," dachte Aestorff, „und
außerdem nützt Dir Dein Schelten doch nichts, ich will nach
Berlin und solglich muß ich auch dorthin."

So inachte er denn sein „dienstlichstes" Gesicht und sagte:
„Ich bitte sehr um verzeihung, bserr Gberst" (um verzeihung
bittet man immer, wenn man mit einem vorgesetzten spricht),
„ich bitte schr um Verzeihung, aber dringende Geschäste rufen
mich nach der Residenz."
 
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