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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 37.1899 (Nr. 432-444)

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https://doi.org/10.11588/diglit.16698#0146
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s38

Meggendorfers Humoristifche Biätter.

Line GeseNschafts-Linladung.

cinige Familien auftrcibft, die Mitleid und Lrbarmen mit uns
habcn, es geht nicht, es geht absolut nicht l Ich habe nichts im
H§usi: — es gcht nicht, es geht bei dem besten willen nicht."
Aber es mußte gehen und es ging.

tferr von Aestorff raste durch die Stadt und lud seino Gäste
ein; Frau Marie fuhr mit einer Droschke von cinem Ladcn zum
andern und machte Besorgungcn, dcr Diener putzte alles Silber
und allc Lampen, dio Mädchen waren in der Aiiche beschäftigt —
allcs in ficbcrhafter Thätigkeit.

Als Kestorff nach zwei Stuuden nach ksaus kam, hatte er
dic Zusage von vier verheiratcten Vffizieren und zwei Jung-
gesellcn, im ganzen waren sie nun vierzehn Personen.

Ls war sünf Uhr nachmittags, im kfause herrschte ein
Durchcinander wie auf einem Iahrmarkt, da klingelte es an
der Thiire und snr den ksausherrn wurde ein Bricf abgegeben.

„Doch hoffcntlich keinc Absagc?" fragte seine Fran, „>onst
mußt Du Dich noch cinmal auf den bvcg machon, weniger als
vicrzehn können wir auf keincn Fall sein."

Lr öffnete das Billet und las und las.

„vcrftchst Du das?" fragte er und rcichte sciner Frau die
Zeilen und mit lauter Stimmc las sie:

„Lieber Aestorsfl

AIs ich mich heute Mittag bei Jhnen zu heute
Abcnd ansagtc, wußte ich nicht, daß meine Fran schon bei
dem Regierungsrat tfaasc siir hcute Abend zugesagt hattc,
die hcutc Morgen nns niiindlich eingeladen haben. So
muß ich Ihnen, so leid es mir thut, doch nun wiedcr eine
Absagc schicken. Ich bedaurc dies aufrichtig und wcrde
morgcn mit nieiner Frau kommcn, um mich noch persönlich
bei Ihrer sehr verehrten Frau Gemahlin und bei Ihnen
zu entschuldigen. Mich bcruhigt etwas, die Thatsache, daß
Sie ja ursprünglich nicht aus uns gerechnet hatten — so
habcn Sie jctzt wenigstens nicht nötig, die Tischordnung
zu ändern.

Mit bestcni Gruße Ihr

v. Bendheim

Dbcrst und Rogimentskommandeur."

Da klirrten in dcr Aiiche eine Unzahl zn Boden sallcnder
Leller.

„Laß nur dic Gnädige das nicht hörcn," riet die Röchin
mit lauter Stinime.

Aber „die Gnädige" hörte nichts — ihr war alles einerlei
— was lag daran, ob das Gcschirr in Scherbcn ging oder
nicht? — Sie war, als sic Bcsorgungen machte, in einem Ladcn
mit dcr Frau Regierungsrat ljaase zusammcngetroffcn und hatte
ihr die Gcschichte ihrer Gesellschaft erzählt.

Mit keiner Silbe hatte die bjaase crwähnt, daß sie selbst
am Abend den Bbcrst erwartete, nur cin paarmal hatte fic
gesagt: „Das ist ja sehr interessant."

Daß die lsaase diese Neuigkcit nicht für sich behielt, sondern
sie hcute Abend dem Uonimandeur und was noch schlimmer
war, dcr Uommandeuse erzählen würde, stand selsensest.

Nie und niminer aber durfte das geschehcn und so machte
sich kscrr von Uestorff, mit einem Blumenstrauß „bewaffnet",
denn auf den wcg, um die wegcn ihrer Geschwätzigkeit gc-
fürchtete Frau Rcgierungsrat um Stillschweigen zu bitten.

Schon nach ciner kleincn halben Stunde kehrte er zuriick.
„Nun? war sie zu hause?" fragto seine Frau, ängstlich in
seinem Gesicht lcsend, „und was hat sie Dir geantwortet?"

Linen Augenblick zögerte kserr von Uestorff noch, dann
sxrach er: „Sie sagte zu mir: ,Wie schade, daß Sie nicht einen
Augenblick eher kamen, ich habe Bertha, mein Mädchen, geradc
mit der interessanten Neuigkeit zur Stadt geschickt ü"

Da gab die kleine Frau jeden weiteren widerstand auf
und demütig bcugte sie sich vor dem Anvermeidlichen.

Rangkreit.

<Mu glaubst, daß ich mich dir vergleiche?"

<^2 So sprach der Adlcr stolz zum bfahn;

„Du klebst der niedcrn Scholle an,

Indessen ich auf kühner Bahn
Des Äthers höchste ksöh'n durchstreichc
Und srei auf krastbegabter Schwinge
Zur Uönigin des Tages dringe.

Ring dich zu gleichen Strebcns Flug
Lmpor erst aus dcs ksofes Lngc,

Lmxor aus jener stumxsen Mongc,

Die ringsum ihrc Nester bauen;

Dann crst erwirbst du Recht und Fug,

Mit eincm dlug' mich anzuschauen."

„Mit einem Aug' dich anzuschauen I"

Lrwiderte der ^ahn voll wut;

„Iedwcdos Auge ist zu gut,

Solch hohlen lsochmut anzusehon!

was ist dcin seichtcs Thun und Streben?

lfochfahrcnd reden und sich blähen

Und aus weltfremden, ödcn Gleisen

Lin unfruchtbares, eitles Ureisen.

Du bist ein blühender Phantast,

Lin Schwärmer übergroß nnd hast
Die Ahnung nicht vom wahren Lebon.

Da kann ich dir ein Beispicl gebenl
was frommt das Trachten in die weite,

Das Streben, das zum Lsimmel drängt?

Dem zeigt das Glück die goldne Seite,

Der treulich an der Scholle hängt;

Und jedcr neue Tag gebiert
Dem ncues Iseil und neuen Segen,

Der nie aus seincs Strcbens Wegen,

Den Boden untcrm Fuß verliertl"

Da rief ein Sxatz voll kjohn und Tückc
Aus einer sichern Mauerlückc:

„Lin jeder sieht von euch den Sparren

Des andern nur — und beidc seid ihr Narrenl"

Paul Lang.

Kasernenhosbluten.

Unterossizier: „Na Meier, an Ihnen ist wirklich jeder
Zoll cin — Uamel l"

— „Der Uerl macht 'n Gesicht, wie 'n Uarpsen in der
Fastenzeit I"

verantwortlicher Rcdaktcur: Max Schrcibcr. Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Besterreich-Ungarn sür kjerausgabc und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in wien I.
Verlag von I. F. Srhreiber in Miinchen und Estlingen
 
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