Neggendorfers Hurnorisiische Biätter.
8ö
die er in all seincn Meisen
besang.
Die Mädchen aber, die seine
Glutblicke aufsingcn und seine
Liebcslieder hörten, meinten,
es gälte ihnen; er aber rcdete
sie nicht an, sondern zog vor-
über, ob die schwellenden Lip-
pen auch noch so verheißungs-
voll lächelten. Fort, immer zu,
ob er die Gine finden möchtel
Schon wollte Schwermut
sein jung kserz gewinnen, da
er suchte, suchte und nie fand:
sie ist auf Lrden nicht zu fin-
den, dachte er dann trüben
lNutes und eine Stimme
flüsterte ihm zu: „Pflücke die
Rosen zur Rosenzeit, pflllcke
die Rosen am Mege und nimm
Dich in acht, daß Du nicht iiber
dcm Suchen nach einem Traum-
qebilde, die Zeit dcr Rosen
versäumst und schließlich leer
ausgehest." Dann aber sprach
er wieder zu sich selbst: „Wenn
ich die Line nicht soll sinden,
so mag ich keine." Und so
wanderte er fort, Lieder der
Sehnsucht auf den Lippen und
sehnendc Liebe im bserzen.
Da geschah es eines Tages,
daß er durch einen dunkeln
Tannenwald wanderte; in der
Abenddämmerung sah er's so
golden durch die Stämme und
Zweige schimniern, daß er
dachte: „Mie prächtig geht
doch die Sonne unter, und
nirgends ist ihr Glanz so ent-
zückend, als wenn sie die
scheidenden Strahlen in das
Dunkel des Tannenwaldes sen-
det!" Da er aber näher zusah,
bewegte sich der Schein, und
als er durch die Zweige sich
Bahn brach, fand sich's, daß es das goldene Lockenköpfchcn
eines lieblichen Mägdleins war, das er sür die Sonne gchalten,
und nur der widerschein des untergehenden Glutballes spiclte
in den schimmernden ksaaren.
Und wie er die Iungfrau bewundernd betrachtete, so daß
sie errötend die Augen zu Boden senktc, da jauchzte es in seinem
kierzen: „Sic ist's, sie, dic ich bis heute vergeblich gesuchtl"
Die Iungfrau, da sie sich von ihrem ersten Schrecken erholt
hatte, wollte fliehen; er aber ergriff sie rasch bei der Ljand und
scinen flehenden Blicken und bittenden worten konnte sie nicht
widerstchen. Und wie er ihr erzählte, wie lang er sie mit
Sehnen gesucht, und daß er nimmer von ihr lassen könne, nun
er sie gefunden, da blickte sie schamhaft und doch selig lächelnd
ihn an.
„Nun hab' ich mein Liebchen gewonnenl
Ihr Auge strahlt himmlisch und klar,
N)ie die Glut von verlöschenden Sonnen
So leuchtet ihr goldcnes kjaarl"
So sang Iung-Spielmann noch einmal, dann aber ver-
stummten seine Lieder, denn er hatte vor Aüssen und Aosen
und Lieben keine Zeit noch Ruhe, neue weisen zu ersinncn,
und das höchste Glück, wie der herbste Schmerz läßt sich nicht
in worte fassen: es leuchtet im kjerzen und strahlt aus den
Augen, aber die Lippen verstummen und die Lieder flattern
davon, denn sie sind zu schwach solche Seligkeit auszusingen.
Nun zog Iung-Spielmann mit seinem Lieb in ein reben-
umranktes ksäuschen am waldcssaum; die grünen, blumigen
Matten dehnten sich davor aus, von krystallklarem Bächlein
durchflossen; wie Ainderspielzeug standen in der Ferne die
weißcn kjäuscr der Städtchen und Dörfer mit ihren roten
Dächern im Grünen; hinter dcm ksäuschen aber rauschte der
Mald, und die Nögel sangen und die Rehlein lugten zwischen
den Stämmen hervor.
Iung-Spielmann und sein Lieb lebten in Glück und Liebc
dahin. Aber die welt war zu nah. Aus Dörscrn und Städten
zozen Leute vorbei und die alten Lieder Iung-Spielmanns
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die er in all seincn Meisen
besang.
Die Mädchen aber, die seine
Glutblicke aufsingcn und seine
Liebcslieder hörten, meinten,
es gälte ihnen; er aber rcdete
sie nicht an, sondern zog vor-
über, ob die schwellenden Lip-
pen auch noch so verheißungs-
voll lächelten. Fort, immer zu,
ob er die Gine finden möchtel
Schon wollte Schwermut
sein jung kserz gewinnen, da
er suchte, suchte und nie fand:
sie ist auf Lrden nicht zu fin-
den, dachte er dann trüben
lNutes und eine Stimme
flüsterte ihm zu: „Pflücke die
Rosen zur Rosenzeit, pflllcke
die Rosen am Mege und nimm
Dich in acht, daß Du nicht iiber
dcm Suchen nach einem Traum-
qebilde, die Zeit dcr Rosen
versäumst und schließlich leer
ausgehest." Dann aber sprach
er wieder zu sich selbst: „Wenn
ich die Line nicht soll sinden,
so mag ich keine." Und so
wanderte er fort, Lieder der
Sehnsucht auf den Lippen und
sehnendc Liebe im bserzen.
Da geschah es eines Tages,
daß er durch einen dunkeln
Tannenwald wanderte; in der
Abenddämmerung sah er's so
golden durch die Stämme und
Zweige schimniern, daß er
dachte: „Mie prächtig geht
doch die Sonne unter, und
nirgends ist ihr Glanz so ent-
zückend, als wenn sie die
scheidenden Strahlen in das
Dunkel des Tannenwaldes sen-
det!" Da er aber näher zusah,
bewegte sich der Schein, und
als er durch die Zweige sich
Bahn brach, fand sich's, daß es das goldene Lockenköpfchcn
eines lieblichen Mägdleins war, das er sür die Sonne gchalten,
und nur der widerschein des untergehenden Glutballes spiclte
in den schimmernden ksaaren.
Und wie er die Iungfrau bewundernd betrachtete, so daß
sie errötend die Augen zu Boden senktc, da jauchzte es in seinem
kierzen: „Sic ist's, sie, dic ich bis heute vergeblich gesuchtl"
Die Iungfrau, da sie sich von ihrem ersten Schrecken erholt
hatte, wollte fliehen; er aber ergriff sie rasch bei der Ljand und
scinen flehenden Blicken und bittenden worten konnte sie nicht
widerstchen. Und wie er ihr erzählte, wie lang er sie mit
Sehnen gesucht, und daß er nimmer von ihr lassen könne, nun
er sie gefunden, da blickte sie schamhaft und doch selig lächelnd
ihn an.
„Nun hab' ich mein Liebchen gewonnenl
Ihr Auge strahlt himmlisch und klar,
N)ie die Glut von verlöschenden Sonnen
So leuchtet ihr goldcnes kjaarl"
So sang Iung-Spielmann noch einmal, dann aber ver-
stummten seine Lieder, denn er hatte vor Aüssen und Aosen
und Lieben keine Zeit noch Ruhe, neue weisen zu ersinncn,
und das höchste Glück, wie der herbste Schmerz läßt sich nicht
in worte fassen: es leuchtet im kjerzen und strahlt aus den
Augen, aber die Lippen verstummen und die Lieder flattern
davon, denn sie sind zu schwach solche Seligkeit auszusingen.
Nun zog Iung-Spielmann mit seinem Lieb in ein reben-
umranktes ksäuschen am waldcssaum; die grünen, blumigen
Matten dehnten sich davor aus, von krystallklarem Bächlein
durchflossen; wie Ainderspielzeug standen in der Ferne die
weißcn kjäuscr der Städtchen und Dörfer mit ihren roten
Dächern im Grünen; hinter dcm ksäuschen aber rauschte der
Mald, und die Nögel sangen und die Rehlein lugten zwischen
den Stämmen hervor.
Iung-Spielmann und sein Lieb lebten in Glück und Liebc
dahin. Aber die welt war zu nah. Aus Dörscrn und Städten
zozen Leute vorbei und die alten Lieder Iung-Spielmanns