Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 39.1899 (Nr. 458-470)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.20267#0120
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Neggendorfers Humoristische Blätter.

U2

<Mch üin in aller Cottesfrüh'

Meinem herxigen Lchatz liegegnet,
Va hab' ich den fonnigen Frühtingstag
Voll freudiger Hoffnung gefegnet.

Lch nickte ihr xu »nd btickte ihr nach
Und fandte ihr ein paar Güffe
Und freute mtch, datz mir an diesem Tag
Noch 'mas Liebes begegnen müffe.

Und frehe! ich hatte mich nicht getünscht,
Gerechtigt ermies srch mein Hoffen;
Denn ich habe am setben Vormittag
Äuch noch „Lie andre" getroffen.

E. Staus.







Das isi freilich eiwas gary anöeres.

n dem rauschenden wildbache, der iin felsigen Thale
herabstiirzt, liegt ein kleines Blockhaus. Das ganze Iahr
iiber steht es einsam oben im Gebirge, nur wenn der
Hochsommer seinen Einzug gehalien, dann öffnen sich Thiiren
und Fenster; fiir einige wochen nehmen im Tannenwalde er-
holungsbediirftige Städter ihren Aufenthalt, soweit der Platz
in der kleinen bsiitte es gestattet. Heuer aber hat sich schon
sriiher als gewöhnlich ein Bewohner eingefunden. Kaum be-
gannen die Fichten neue Sxrossen zu treiben, so hatte schon der
Professor T. aus der nahen Stadt die würzige Lust des Hoch-
gebirges aufgesucht, um Heilung von den Folgen der Influenza
zu finden, die ihn im winter mit ihrem unliebsamen Besuche
beehrt hatte und die sich so heimisch bei ihm gefiihlt, daß sie
denselben stets ohne Einladung einigemale wiederholt hatte.
Nur langsam kehrten die verlorenen Aräfte wieder; zu weiten
Sxaziergängen reichten sie noch nicht, und so saß denn der Pro-
fessor meist auf einem Felsblock in der Nähe der Hiitte und sah
den Holzarbeitern zu, die gefällte Bäume in das Thal hinab
trifteten.

Ls war eine schwere Arbeit, die hier verrichtet wurde.
Bis unter die Arme standen die Leute in dein Bache, der von
den eisbedeckten Bergspitzen, aus denen er hoch oben entquoll,
eisiges Schneewasser mit sich führte. Trotz ihrer triefenden
Rleider, die sie nie tauschten, waren die Arbeiter guter Dingo,
scherzten heiter und freuten sich, wenn der professor abends an
ihrem Lagerfeuer sich einfand und mit ihnen xlauderte.

Mehrere wochen waren vergangen. Auch im Hochgebirge
brannte die Sonne heiß, ihre Strahlen zitterten durch die
Tannenzweige, im wildbach floß nicht mehr Schneewasser, auf
den Gebirgssxitzen war der Schnee verschwunden, nur einige kleine
Schueefelder versteckten sich verschämt in schattigen Schluchtcn.
Dem Profesfor rann auf seinen weiten Touren der Schweiß in
Strömen und schon öfter war er am Bache stehen geblieben und
halte mit sich gekämpft, ob er es wagen solle, ein Bad in der
kr^stallklaren einladenden Flut zu nehmen oder nicht. An einem
besonders heißen Iulitage erneuerte sich in seiner Brust der
Munsch, und der Professor unterlag. Rasch entledigte er sich
seiner Aleidung und sprang in den schäumenden Gischt des
Baches, der von Fels zu Fels zornig aufschlug. Während der
Badende voll Uebermut sich im wasser tummelte, kamen gerade
seine Freunde, die Holzfäller des weges daher. Der erste
erblickte den Professor und blieb dann starr stehen, ohne
eines wortes mächtig zu sein. Als er die Rede wieder ge-
funden hatte, rief er winkend seine Genossen herbei: „Rommt,
kommt und seht den kserrn aus der Stadt im ivasser." Lilig
liefen die guten Leute herbei, betrachteten den Badenden und
gaben ihrem Lrstaunen durch Ausrufe der höchsten Verwunder-
ung Ausdruck. Der Professor vermochte sich den Grund ihres
Erstaunens nicht zu erklären. Anfangs glaubte er, das Zarl-
gefühl dieser Naturkinder sei verletzt, denn wiederholt riefen sie
sich die worte zu: „Seht, er ist mit nackter bsaut im Wasser."
Schließlich löste sich das Rätsel. Der älteste unter ihnen trat
 
Annotationen