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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 39.1899 (Nr. 458-470)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20267#0133
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217eggendorfers Humoristische Blätter.

s25

Locken aus der Stirne streifend. „Ich war
gestern bei den INenschen und denen geht es
schlecht — ich könnte dir nur von Not und
Llend erzählen —"

„Das höre ich gernl" ruft die erste
wieder und in ihren dunklen Angen blitzt
es auf. „von Not und Llend —"

„Ia —" fällt die gute Fee mit einem
sanften Lächeln auf den Lipxen ein, „und doch
fand ich mitten in Not und Llend ein Kind
so schön und rein wie ein Lngel — ich
neigte mich über die N)iegc — und da lächelte
mich das kleine, kleine Wesen so süß an —"

„Auch mich hat eines angelächelt," sagt
die böse Fee, „und hat nach mir die kleinen
Arme ausgestreckt und seine Augen waren
so blau, so sonnig wie der lhimmel — sast
wäre ich wieder sortgegangenl"

„Und du gingst nicht?" ruft die gute
Fee, die zarten lsände faltend.

„Du hast ihm doch ein Angebinde ge-
geben?"

„Ia — drei Gaben, die besten, die ich
habel"

„U)as gabst du?"

„Talent, kserzensgüte und — Bescheiden-
heitl Das ist doch genug, nicht?" und sie
lacht leicht auf.

„M, dul" entgegnete die gute Fee. „IVie
böse bist du — wie elend wird er scinl"

„Aber du hast deinen Lngel doch be-
glückt?" fragt die andere spöttisch.

„Ich gab ihm, was ihn glücklich machen
wird —" versetzt die gute Fee „Ulittelmäßig-
keit, kerzenskälte und Unverschämthcit! —
Doch sieh l" und sie weist nach Msten, wo ciu
matter, schimmernder Fleck am östlichenksimmel
zu gliminen beginnt, — „es wird Tag —
komml"

Und im Nu sind sie verschwunden. — —

Uiwerdaullch.

Gattin: „Du hast nach dem Lssen Nkagen-
schmerzen bekommen?"

Neugeadelter: „Ia, das kommt gewiß von
der bürgerlichen Aüche."

Auf der Vicinalbahu.

Fremdor: „U)as ist das, daß der Zug houte
so pünktlich um 5.M ankommt?"

Stationsvorsteher: „I wo I Das ist doch
der vorige Zug, der mn hier sein
solltel"

(Lhescheidungsproleß im Iahre 2000.

— „Was haben Sie sonst gegen Ihren kserrn

Gemahl anzusühren, Frau Doktor Zlnna
Mez>er?"

— „Seit zwei Iahren verweigert cr mir stets,

sogar auch an unscrn Pchilisterabenden,
den bsausschlüssel I"

'^>ezemberabend — durch den Nebelflor

Bricht kaum der Gaslaternen trüber Schein,

Ich schreite durch das hohe Gitterthor
Und wandle in dem düstern Park ailein.

Nichts regt sich hier — die Psade sind verschneit,
Die kahlen Bäume schneebedeckt und schwer,

Den Uindersxielplatz deckt ein Leichenkleid,

Die Seuszerbänklein sind vcrwaist und Icer.

verstummt ist längst der Vöglein buntc Schar,

Der Triton im gefror'nen kleinen See,

Er speit nicht mehr, Diana trägt im Lsaar
Ein silberglänzend Diadem aus Schnee.

Der Großstadtlärm tönt wie von ferne her,
lhier aber ist es seierlich und still,

Ringsum das ungeheu're lhäusermeer,

isier — ungekannt — ein winterlich Jdyll. W.

)Legrüudeter Verdacht.

„Du bist so verdrossen, weil Dein Schwiegervater so hartnäckig über die Nkit-
gift Deiner Zukünftigen schweigt?"

„Ia, ich fürchte nämlich, dieses Schweigen ist kein Gold."
 
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