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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 40.1900 (Nr. 471-483)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20911#0071
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Meggendorfers Humoristische Blätter.

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übrigen braucht der verehrte Leser keine Angst zu haben;
unsere Geschichte ist weniger gelehrt als lustig.

Um es kurz zu sagen: die lNoldaviten sind glasähnliche
Steine, die rnan irgendwo in Böhmen in der Nähe der Moldau
gesunden hat. !Vo diese Steine herkommen und wie sie ent-
standen sein mögen, darüber zerbrach sich die gesamte Missen-
schaft den Koxf. Die beiden profesforen Or. Streithahn und
Or. Gründlich waren Aoryxhäen auf dem Gebiete der Stein-
kunde, und als Roryxhäen hatten sie nicht nur das Recht,
sondern auch die jdflicht, sich einen Roxf extra zu zerbrechen.
Und so setzte sich denn jdrofessor Gründlich hin und schrieb flugs
ein Buch, in welchem er unwiderleglich und auf eine seinem
Namen Ehre machende N)eise nachwies, daß die Ntoldaviten
gar nichts anderes sein können, als Verglasungen von früheren
vulkanischen Ausbrüchen.

Raum hatte jdrofessor Streithahn dieses Buch gelesen, als
sich sein wissenschaftliches Gewisfen aufs äußerste gegen diese
Laienansicht, wie er sie nannte, empörte Sodann setzte er sich
ebenfalls hin und schrieb flugs ein um volle drei Bogen stärkeres
Buch, in welchem er zuerst haarscharf bewies, daß die Ansicht
seines lieben kferrn Uollega eine ununterbrochene Aette von
falschen Beobachtungen, schiefen Gedanken und irrtümlichen
Schlußfolgerungen sei, sodann aber als Triuinxh menschlichen
verstandes die scharfsinnige chypothese aufstellte (deren unumsiöß-
liche Richtigkeit er selbstverständlich aufs einleuchtendste darthat),
daß die Moldaviten gleichzeitig mit den Nteteoren als Trüminer
untergegangener Melten aus dem Weltraum auf die Trde
gelangt seien und auch ferner zu uns gelangen.

Darob natürlich eine ebenso scharfe wie scharfsinnige Ent-
gegnung von Seiten Professor Gründlichs, der ein geharnischter
Angriff von Professor Streithahn folgte, in welchem er sich in
allerlei dunklen Andeutungen von wissenschaftlichem Dilettantis-
mus erging und absolut gern zu wissen wünschte, was die sonst
hoch geschätzte Klarheit des Urteils bei seinem verehrten Rollega
getrübt haben könnte.

So war der Ntoldavitenkrieg im besten Gange. Er nahm
geradezu beängstigende Symptome an, als ein Naturalienhändler
beiden jdrofesforen je einen echten Noldaviten käuflich ablassen
konnte; denn nun konnte man doch dem Gegner mit den Resul-
taten eigener Untersuchungen und auf Grund exxerimenteller
Deduktionen zu Leibe rücken. Natürlich konnte der andere
ebenso viele und — noch drei mehr — eigene Untersuchungen und
exxerimentelle Deduktionen für seine Lsyxothese ins Feld führen,
und so tobte der Moldavitenkrieg in gesteigerter Erbitterung
weiter. 5chlimm nur, daß unser Liebesxärchen die Ariegskoften
zu tragen hatte. Es war nämlich hier wie bei den Ntontecchi
nnd Laxuletti: wei! ihre alten kfäuser in Fehde wider ein-
ander entbrannt waren, konnten sie zueinander nicht kommen,
und so hatten sie unter dem Moldavitenkrieg am meisten zu
leiden.

Meta war ein junges frisches Ding und so hübsch, wie sie
sich der verehrte Leser nur irgend vorstellen kann. 5ie stand
auf der Seite der Uraniten, denn professor Streithahn war ihr
Dater, und dessen Meinung war die snpreiwL lex für den
gesamten kfausstand. Lr behauxtete, daß die Moldaviten aus
dem weltraum herkämen, also uranischen Ursxrungs seien, und
folglich war Meta für den uranischen Ursxrung. professor
Gründlichs 5ohn aber, Or. ksans Gründlich, j)rivatdocent am
orientalischen Seminar, ein xrächtiger, forscher junger Mann,
ganz nach dem kserzen Metas, war Vulkanist, weil er auf die
wissenschaftliche Ueberzeugung seines gelehrten kferrn paxa,
der für den vulkanischen Ursxrung der Moldaviten kämxfte und
litt, Stein und Bein schwor.

Meta und ksans hatten sich schrecklich lieb, und anfänglich
hatten die Väter auch eigentlich gar nichts dagegen gehabt. Aber

— c'est la ^nerre! Die Rinder hatten, wenn sie zusammne
waren, die Streitaxt auch längst begraben. U)as kümmerte sie
der Schlachtruf: Lsie Uranistl ksie vulkanistl Sie waren ein-
ander gut, und zwar recht von kferzen gut, und dabei vergaßen
sie gewissenloser weise ganz, was sie ihren diversen Bätern
schuldig waren, und ließen Moldaviten Moldaviten sein.

5chließlich hatte die kriegerische Erbitterung der beiden
Gelehrten so zugenommen, daß sie ihren Rindern auf das
Strengste jeglichen verkehr miteinander untersagten, und als
der Aufstand auf beiden Seiten in hellen Flammen ausbrach . . .
nämlich Meta hatte ihrem jdaxa ihre Liebe und ihre kfoffnung,
Doktor chans seinem j)apa seine Liebe und seine kfoffnung
gestanden ... da sxielte sich in beiden Lagcrn das Gleiche ab:
ein furchtbares U)üten, ein kategorisches „Nimmermehrl" mit
dem feierlichen Gelübde, sich überhaupt nie wieder an den therrn
Gegner und seine Sipxe erinnern zu wollen, bis jener zur Ein-
sicht gekommen sei. (L°rts°tzu„g uächste Seite.)

Die schlanen Sennen.

„'s ist a sakrische Schinderei, dös Lsolz da auf die Alm
'nauf z' schlepxenl — Und jetzt haben wir erst den viertel !Veg.
Aber wart, ich hab' a Ideel — —

ksier werden wir diesen Zettel anschlagenl Ich bleib' hier, und
Du gehft hinauf und nimmst oben das Lfolz abl"
 
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