Meggendorfers Humoristische Blätter.
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eben saubere ksufeisen gereinigt hatte, und so war denn in einem
Augenblicke aus dem Spritzerchen auf dem schneeweißen Aleide
ein ganzer schwarzer Lrdteil geworden. Nleine Freundin war
allerdings ein Lngeh aber doch auch nebenbei Mensch und noch
dazu einer vom schwachen Geschlechte, und so traten ihr beim
Anblicke dieses Außgeschickes, vielleicht aus gekränkter Litelkeitz
vielleicht aus Furcht vor Schelte ihrer Lltern, die Thränen in
die Augen. Mannhaft oder vielmehr frauenhaft will sie sie
schnell trockncn, doch nimmt sie in der Lrregung dazu das Un-
glückstuch, das sie noch in der lsand hielt. Ich habe noch nie
einen Nkenschen in so kurzer Zeit so schmutzig werden sehen.
Als sie ihrcn Mißgriff entdeckte,
wurde sie, soweit ich unter dem
frisch aufgetragenen Schwarz
erkennen konnle, pulerrot, und
nun perlten auch dicke Thränen,
sich mühsam ihren N)eg auf
den wangen bahnend, aus
ihren Augen.
Gerade so, als ob es sein
müsse, kommt in diesem kriti-
schen Augenblicke meinerFlamme
Mutter vorbei. wie sie mich
vor ihrem plötzlich zum Schreckcn
gewordenen Töchterlein stehcn
sieht, stürzt sie auf mich los
und fordert mit nicht allzu-
großer Liebenswürdigkeit eine
Lrklärung, wie ich dazu käme,
ihre Tochter so zu besudeln.
Schnell will ich zur Lntschul-
digung, uin den Sachverhalt zu
erklären das hufeisen aus der
Tasche ziehen. Doch war an
ihm unglücklicherweise noch ein
Nagel, der in den Stoff einge-
drungen war, und ritsch-ratsch . . . mit dem ksufeisen zugleich
zeige ich der bestürzten Frau Mutter einen abgerissenen Schoß-
teil meines funkelnägelneuen Rockes. viel mehr weiß ich von
dieser angenehmen Scene nicht mehr — nur, daß ich Lntschul-
digungen stammelnd davonschlich, und auf dem Lseimwege wie
ein Pferd beim Seitengange ging und meinen Rücken dem
jetzt in der Mittagsstunde zahlreicher werdenden jdublikum
zu verbergen trachtete. Die Schlangenmenschen schienen mir
damals die beneidenswertesten Geschöpfe und, wenn ich jetzt
manchmal Areuzschmerzen habe, so schiebe ich es immer zurück
auf die verrenkungen meines Rumpfes, die ich damals machte,
um meinen Schaden den vor-
übergehendcn zu verbergen.
vor unserem ksause wollte
ich noch das bjufeisen, das die
ganze Unthat angerichtet hatte,
wegwerfen, da kam ein Fuhr-
mann schreiend und schimpfend
auf mich zu: so wären die feinen
lscrren Studenten, armenLeuten
nehmen sie die verlorenen
Sachen weg, die könnten sich
dann die Augen aus dem Ropfe
suchen, aber er wolle es der
Polizei anzeigen. Bei all diesen
Ungeheuerlichkeiten, die der
Rollkutscher vorbrachte, traf
mich am ineisten das lVort:
Polizei. Denn, da fielen mir
Bruchstücke meiner ziemlich
minimalen juristischen Uennt-
nisse ein. Das war ja Lund-
unterschlagung, was ich mir
hatte zu Schulden kommen
lassen; ich, ein angehender
königlicher Beamterl — Vrdentlich froh war ich, als sich der
schrcicnde Rosselenker beruhigte, und sich mit dem Lisen und
meinen beiden lctzten Thalern, die ich ihm zur Besänftigung
iiberreicht hatte, zu seinem wagen zuriickzog. Seit dieser
Zeit bin ich, wie Sie viclleicht gehört haben, bcgeisterter An-
hänger der Ukotorwagcn.
Meine Freundin war seit diesem Abenteuer fiir mich un-
nahbar,; und, da ich mich ziemlich lächerlich gemacht hatte, zog
ich es,vor, anstatt dort Lrsxarnisse zu machen, meinem Lltern-
hause baldmöglichst den Rücken zu kehren. Und ich schwor mir,
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eben saubere ksufeisen gereinigt hatte, und so war denn in einem
Augenblicke aus dem Spritzerchen auf dem schneeweißen Aleide
ein ganzer schwarzer Lrdteil geworden. Nleine Freundin war
allerdings ein Lngeh aber doch auch nebenbei Mensch und noch
dazu einer vom schwachen Geschlechte, und so traten ihr beim
Anblicke dieses Außgeschickes, vielleicht aus gekränkter Litelkeitz
vielleicht aus Furcht vor Schelte ihrer Lltern, die Thränen in
die Augen. Mannhaft oder vielmehr frauenhaft will sie sie
schnell trockncn, doch nimmt sie in der Lrregung dazu das Un-
glückstuch, das sie noch in der lsand hielt. Ich habe noch nie
einen Nkenschen in so kurzer Zeit so schmutzig werden sehen.
Als sie ihrcn Mißgriff entdeckte,
wurde sie, soweit ich unter dem
frisch aufgetragenen Schwarz
erkennen konnle, pulerrot, und
nun perlten auch dicke Thränen,
sich mühsam ihren N)eg auf
den wangen bahnend, aus
ihren Augen.
Gerade so, als ob es sein
müsse, kommt in diesem kriti-
schen Augenblicke meinerFlamme
Mutter vorbei. wie sie mich
vor ihrem plötzlich zum Schreckcn
gewordenen Töchterlein stehcn
sieht, stürzt sie auf mich los
und fordert mit nicht allzu-
großer Liebenswürdigkeit eine
Lrklärung, wie ich dazu käme,
ihre Tochter so zu besudeln.
Schnell will ich zur Lntschul-
digung, uin den Sachverhalt zu
erklären das hufeisen aus der
Tasche ziehen. Doch war an
ihm unglücklicherweise noch ein
Nagel, der in den Stoff einge-
drungen war, und ritsch-ratsch . . . mit dem ksufeisen zugleich
zeige ich der bestürzten Frau Mutter einen abgerissenen Schoß-
teil meines funkelnägelneuen Rockes. viel mehr weiß ich von
dieser angenehmen Scene nicht mehr — nur, daß ich Lntschul-
digungen stammelnd davonschlich, und auf dem Lseimwege wie
ein Pferd beim Seitengange ging und meinen Rücken dem
jetzt in der Mittagsstunde zahlreicher werdenden jdublikum
zu verbergen trachtete. Die Schlangenmenschen schienen mir
damals die beneidenswertesten Geschöpfe und, wenn ich jetzt
manchmal Areuzschmerzen habe, so schiebe ich es immer zurück
auf die verrenkungen meines Rumpfes, die ich damals machte,
um meinen Schaden den vor-
übergehendcn zu verbergen.
vor unserem ksause wollte
ich noch das bjufeisen, das die
ganze Unthat angerichtet hatte,
wegwerfen, da kam ein Fuhr-
mann schreiend und schimpfend
auf mich zu: so wären die feinen
lscrren Studenten, armenLeuten
nehmen sie die verlorenen
Sachen weg, die könnten sich
dann die Augen aus dem Ropfe
suchen, aber er wolle es der
Polizei anzeigen. Bei all diesen
Ungeheuerlichkeiten, die der
Rollkutscher vorbrachte, traf
mich am ineisten das lVort:
Polizei. Denn, da fielen mir
Bruchstücke meiner ziemlich
minimalen juristischen Uennt-
nisse ein. Das war ja Lund-
unterschlagung, was ich mir
hatte zu Schulden kommen
lassen; ich, ein angehender
königlicher Beamterl — Vrdentlich froh war ich, als sich der
schrcicnde Rosselenker beruhigte, und sich mit dem Lisen und
meinen beiden lctzten Thalern, die ich ihm zur Besänftigung
iiberreicht hatte, zu seinem wagen zuriickzog. Seit dieser
Zeit bin ich, wie Sie viclleicht gehört haben, bcgeisterter An-
hänger der Ukotorwagcn.
Meine Freundin war seit diesem Abenteuer fiir mich un-
nahbar,; und, da ich mich ziemlich lächerlich gemacht hatte, zog
ich es,vor, anstatt dort Lrsxarnisse zu machen, meinem Lltern-
hause baldmöglichst den Rücken zu kehren. Und ich schwor mir,