Meggendorfers k/urnorisiische Blätter.
15
Tragödie.
s treibt ein alter kjummer
Bei Nacht um kselgoland,
5eit Monden keinen Lchlummer
Der arme Alte fand.
„V kfummermaid, du schlanke,
Ntein' süße Unrast du,
Du bist's, um die ich kranke,
D gib mir meine Ruls.l"
Und als die Sonne golden
Entstieg dein blauen Uteer,
Da bot er seiner ksolden
Zum Bunde kserz und Scher'.
Sie sah verliebt ihn grinsen,
Ls war fast nicht mehr schön —
Da schwamm sie in die Binsen
Und ward nicht mehr geseh'n.
Der Alte fuhr von hinnen
In einen fernen Fjord,
Nicht lockt' ihn mehr das Nlinnen,
Er sann auf grausen Nord.
Am wilden Iahn der Rlippe,
Da schärft' er seine Scher'
Und schnitt die Lebensstrippe
Sich durch — und war nicht mehr.
Georg Kiesler.
Der Nrack.
Humoreske von Karl v. Junker.
w
^ie kseines beiden edlen polen Rrapulinsky und wasch-
lawsky gemeinsam nur ein kfemd im Besitze hatten, so
verhielt es sich bei den Freunden und Iimmerkollegen,
dem Nlediziner Faßl und dem sssuristen Stengl mit einem Frack. —
Besagtes Kleidungsstück, ein normaler Frack, war für den
stärker gebauten Lserrn Faßl sehr knapp, für den schlanken Lserrn
Stengl etwas weit. — Glücklicherweise hatten sie sehr selten Ge-
legenhest, von demselben Gebrauch machen zu müssen. Ls war daher
ein böser Zufall, daß beide an einem und demselben Tage „ihren
Doktor machen sollten."
Wie nun schon Iuristen für kitzliche Fälle bald Rat sinden, so
machte kserr Stengl alsbald in eine Tcke seines Sacktuches einen
tüchtigen Anoten und machte seinem Freunde den vorschlag, um den
Besitz des Frackes zu „zipfeln." — Das Glück war ihm beschieden,
indem er den Knoten zog. — Doch auch Lserr Faßl wußte sich zu
helfen, indem er einen Frack vom Rellner seiner Stammkneipe borgte.
Vbwohl beide kserren steißig gebüffelt hatten, ist ein Examen
r- bekanntlich immer ein schweißtreibendes Niittel. — Es wurde dem
cherrn Faßl mit Fragen hart zugesetzt, und, nach glücklicher Beantwortung in starken Schweiß versetzt, zog er sein Sacktuch, um
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Tragödie.
s treibt ein alter kjummer
Bei Nacht um kselgoland,
5eit Monden keinen Lchlummer
Der arme Alte fand.
„V kfummermaid, du schlanke,
Ntein' süße Unrast du,
Du bist's, um die ich kranke,
D gib mir meine Ruls.l"
Und als die Sonne golden
Entstieg dein blauen Uteer,
Da bot er seiner ksolden
Zum Bunde kserz und Scher'.
Sie sah verliebt ihn grinsen,
Ls war fast nicht mehr schön —
Da schwamm sie in die Binsen
Und ward nicht mehr geseh'n.
Der Alte fuhr von hinnen
In einen fernen Fjord,
Nicht lockt' ihn mehr das Nlinnen,
Er sann auf grausen Nord.
Am wilden Iahn der Rlippe,
Da schärft' er seine Scher'
Und schnitt die Lebensstrippe
Sich durch — und war nicht mehr.
Georg Kiesler.
Der Nrack.
Humoreske von Karl v. Junker.
w
^ie kseines beiden edlen polen Rrapulinsky und wasch-
lawsky gemeinsam nur ein kfemd im Besitze hatten, so
verhielt es sich bei den Freunden und Iimmerkollegen,
dem Nlediziner Faßl und dem sssuristen Stengl mit einem Frack. —
Besagtes Kleidungsstück, ein normaler Frack, war für den
stärker gebauten Lserrn Faßl sehr knapp, für den schlanken Lserrn
Stengl etwas weit. — Glücklicherweise hatten sie sehr selten Ge-
legenhest, von demselben Gebrauch machen zu müssen. Ls war daher
ein böser Zufall, daß beide an einem und demselben Tage „ihren
Doktor machen sollten."
Wie nun schon Iuristen für kitzliche Fälle bald Rat sinden, so
machte kserr Stengl alsbald in eine Tcke seines Sacktuches einen
tüchtigen Anoten und machte seinem Freunde den vorschlag, um den
Besitz des Frackes zu „zipfeln." — Das Glück war ihm beschieden,
indem er den Knoten zog. — Doch auch Lserr Faßl wußte sich zu
helfen, indem er einen Frack vom Rellner seiner Stammkneipe borgte.
Vbwohl beide kserren steißig gebüffelt hatten, ist ein Examen
r- bekanntlich immer ein schweißtreibendes Niittel. — Es wurde dem
cherrn Faßl mit Fragen hart zugesetzt, und, nach glücklicher Beantwortung in starken Schweiß versetzt, zog er sein Sacktuch, um