Meggendorfers Humoristische Blätter.
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Der starke Nrerrnd.
Iin Herzen der Frau Glanzmeier stieg ein furchtbarer Grimin auf; sie
wäre am liebsten ihrer Rivalin, welche ihr abermals zuvorgekoinmen war und
nun einen neuen Diwan besaß, der nur in einein Lxemplar zu haben war, in
die ksaare gefahren. 2o mußte sie aber mit lächelndem Ntunde die Aaffeetasse,
welche ihr von ihrer Rivalin gereicht wurde, dankend entgegennehmen, und wäh-
rend der großen Redeschlacht, die sodann begann, faßte sie den entschiedenen
Lntschluß: „Ich muß auch so einen Diwan bekommen l Aoste es, was es wollel" —
Frau Glanzmeier war kaum zu Lsause angelangt, als sie auch sofort ihrem
Manne ihr Leid zu klagen begann. Sie habe es viel schlechter als die Frau ^jnger-
nagel, sie fühle sich zurückgesetzt gegen dieselbe, die Fingernagel habe schon wieder
etwas Neues bekommen, einen schönen Dekorationsdiwan." —
„Liebes Läthchen, Fingernagel hat einen größeren Gehalt als ich und kann
sich dies erlauben."
„Als ob es immer nur auf den Gehalt ankämel Dafür bin ich sparsam,
halte jeden Groschen fest und versage mir jede Freude. Aber ich sehe, du hast
kein Gefühl für deine Frau, dir ist es gleichgiltig, ob sie von dieser Fingernagel
verhöhnt wird, ja, verhöhnt wird; denn warum hätte sie sich sonst einen Diwan ange-
schafft, da doch der alte noch ganz gut war? Aber nur um mich zu ärgern
und zu verhöhnen." — Frau Glanzmeier nahm ihr Taschentuch und traf alle
Anstalten zu einem ausgiebigen Thränengusse.
„Aber Aäthchen, sasse dichl Du weißt, ich vertrage das bveinen nicht. lvas
willst du eigentlich?"
„Was ich will? Das fragst du noch? D, diese Gefühllosigkeitl — was ich
will, sragt er? Linen Diwan will ich, einen neuen Diwan, wie ihn die Finger-
nagel hat."
„Du sollst ihn haben." —
„Du guter braver Mann." —
„Aber ich stelle Bedingungen."
„Bedingungen?"
„Ja. Du wirst, wenn du den Diwan hast, deine Rivalin doch einmal gründ-
lich geschlagen haben. Versprich mir, daß ich dann wieder mindestens dreimal in
der Woche ausgehen darf." —
„Aber lieber Rarl solche Bedingungenl" —
„Liebe Aäthe! denk doch nur an deinen Triumxh, wie sich die Frau Finger-
nagel ärgern wird." —
„Ich versxrechel Also ich kann morgen den Diwan bestellen?"
„Ia. Das kannst du." — —
Am nächsten u.age stand schon zeitig am Morgen Frau Glanzmeier im
Laden des Möbelhändlers. Wie groß war ihr Lrstaunen, als sie dort einen
ganz gleichen Diwan gewahrte, wie ihn die Frau Fingernagel hatte.
„Das ist ja gerade ein solcher Diwan wie der, welchen 5ie der Frau Gerichts-
sekretär verkauft haben?"
„Ia, genau derselbe," lautete die Antwort des Nöbelhändlers, der vorher
genau instruicrt worden war.
„Aber Frau Fingernagel sagte doch, ihr Diwan wäre ein Unikum und gar nicht
in einem zweiten Stück erhältlich?" Der Möbelhändler zuckte vielsagend die
Schultern.
„Ist er zu haben?"
„Lr steht Ihnen, gnädige Frau, sofort zur verfügung." —
„Da hab' ich sie einmal gründlich erwischt, die Ausscheiderin," dachte Frau
Glanzmeier, als sie nach ksause ging. „Modelll In einem einzigen Stück nur
zu habenl — Ia, du sollst Augen machen, mein Schatz. wenn du bei mir einen
Zwillingsbruder von deinem Modell siehst. Ich werde dich entlarven — vor der
ganzen Gesellschaft — wartel" — —
Zwei Tage sind abermals vergangen. Ietzt erwartete wieder Frau Glanz-
meier ihre Gäste zum Aaffee. Die Damen kommen und bewundern den schönen
Diwan, der genau so aussehc wie jener bei der Frau Gerichtssekretär. Manches
höhnische, spitzige Wort fällt über diese Aufschneiderin, die sich rühmte, einen
Diwan zu besitzen, der ein Modell, ein Unikum sei, und alles sreut sich schon
boshast auf die Niederlage, welche diese Dame erleiden soll. Da öffnet sich die
Thüre und diese selbst tritt herein. Sie scheint den neuen Diwan gar nicht zu
bemerken. Aber Frau- Glanzmeier kann ihren Triumph nicht mehr erwarten. Sie
ruft: „wie gefällt Ihnen mein neuer Diwan, Frau Sekretär?"
Diese wirft, als ob sie das ominöse Möbelstück erst jetzt bemerken wiirde, einen
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Der starke Nrerrnd.
Iin Herzen der Frau Glanzmeier stieg ein furchtbarer Grimin auf; sie
wäre am liebsten ihrer Rivalin, welche ihr abermals zuvorgekoinmen war und
nun einen neuen Diwan besaß, der nur in einein Lxemplar zu haben war, in
die ksaare gefahren. 2o mußte sie aber mit lächelndem Ntunde die Aaffeetasse,
welche ihr von ihrer Rivalin gereicht wurde, dankend entgegennehmen, und wäh-
rend der großen Redeschlacht, die sodann begann, faßte sie den entschiedenen
Lntschluß: „Ich muß auch so einen Diwan bekommen l Aoste es, was es wollel" —
Frau Glanzmeier war kaum zu Lsause angelangt, als sie auch sofort ihrem
Manne ihr Leid zu klagen begann. Sie habe es viel schlechter als die Frau ^jnger-
nagel, sie fühle sich zurückgesetzt gegen dieselbe, die Fingernagel habe schon wieder
etwas Neues bekommen, einen schönen Dekorationsdiwan." —
„Liebes Läthchen, Fingernagel hat einen größeren Gehalt als ich und kann
sich dies erlauben."
„Als ob es immer nur auf den Gehalt ankämel Dafür bin ich sparsam,
halte jeden Groschen fest und versage mir jede Freude. Aber ich sehe, du hast
kein Gefühl für deine Frau, dir ist es gleichgiltig, ob sie von dieser Fingernagel
verhöhnt wird, ja, verhöhnt wird; denn warum hätte sie sich sonst einen Diwan ange-
schafft, da doch der alte noch ganz gut war? Aber nur um mich zu ärgern
und zu verhöhnen." — Frau Glanzmeier nahm ihr Taschentuch und traf alle
Anstalten zu einem ausgiebigen Thränengusse.
„Aber Aäthchen, sasse dichl Du weißt, ich vertrage das bveinen nicht. lvas
willst du eigentlich?"
„Was ich will? Das fragst du noch? D, diese Gefühllosigkeitl — was ich
will, sragt er? Linen Diwan will ich, einen neuen Diwan, wie ihn die Finger-
nagel hat."
„Du sollst ihn haben." —
„Du guter braver Mann." —
„Aber ich stelle Bedingungen."
„Bedingungen?"
„Ja. Du wirst, wenn du den Diwan hast, deine Rivalin doch einmal gründ-
lich geschlagen haben. Versprich mir, daß ich dann wieder mindestens dreimal in
der Woche ausgehen darf." —
„Aber lieber Rarl solche Bedingungenl" —
„Liebe Aäthe! denk doch nur an deinen Triumxh, wie sich die Frau Finger-
nagel ärgern wird." —
„Ich versxrechel Also ich kann morgen den Diwan bestellen?"
„Ia. Das kannst du." — —
Am nächsten u.age stand schon zeitig am Morgen Frau Glanzmeier im
Laden des Möbelhändlers. Wie groß war ihr Lrstaunen, als sie dort einen
ganz gleichen Diwan gewahrte, wie ihn die Frau Fingernagel hatte.
„Das ist ja gerade ein solcher Diwan wie der, welchen 5ie der Frau Gerichts-
sekretär verkauft haben?"
„Ia, genau derselbe," lautete die Antwort des Nöbelhändlers, der vorher
genau instruicrt worden war.
„Aber Frau Fingernagel sagte doch, ihr Diwan wäre ein Unikum und gar nicht
in einem zweiten Stück erhältlich?" Der Möbelhändler zuckte vielsagend die
Schultern.
„Ist er zu haben?"
„Lr steht Ihnen, gnädige Frau, sofort zur verfügung." —
„Da hab' ich sie einmal gründlich erwischt, die Ausscheiderin," dachte Frau
Glanzmeier, als sie nach ksause ging. „Modelll In einem einzigen Stück nur
zu habenl — Ia, du sollst Augen machen, mein Schatz. wenn du bei mir einen
Zwillingsbruder von deinem Modell siehst. Ich werde dich entlarven — vor der
ganzen Gesellschaft — wartel" — —
Zwei Tage sind abermals vergangen. Ietzt erwartete wieder Frau Glanz-
meier ihre Gäste zum Aaffee. Die Damen kommen und bewundern den schönen
Diwan, der genau so aussehc wie jener bei der Frau Gerichtssekretär. Manches
höhnische, spitzige Wort fällt über diese Aufschneiderin, die sich rühmte, einen
Diwan zu besitzen, der ein Modell, ein Unikum sei, und alles sreut sich schon
boshast auf die Niederlage, welche diese Dame erleiden soll. Da öffnet sich die
Thüre und diese selbst tritt herein. Sie scheint den neuen Diwan gar nicht zu
bemerken. Aber Frau- Glanzmeier kann ihren Triumph nicht mehr erwarten. Sie
ruft: „wie gefällt Ihnen mein neuer Diwan, Frau Sekretär?"
Diese wirft, als ob sie das ominöse Möbelstück erst jetzt bemerken wiirde, einen