Meggendorfers Humoristische Blätter.
59
kleine Mathilde, nun plötzlich zu wildfremden Menschen kommen
sollte; des weiteren fiel ihm sein eigenes Bedauern über sein un-
gaslliches kseim und seine gegenwärtige Verlassenheit ein und
schließlich sproßte aus diesem dreifachen Bedauern ein prächtiger
Gedanke empor, der ihm, je länger er ihn xrüfte, desto glücklicher
erschien. Gewiß, so war es zweifellos das beste: er würde von jetzt
an einen kleinen, bescheidenen bsausstand führen und Mathildchen
zu flch nehmen. Sie konnte dann ihre hauswirtschaftlichen
Studien fortsetzen, brauchte sich nicht unter fremden Leuten her-
umschubsen zu lassen, und er hätte ein für allemal jemand bei
sich im bsause. Sorgen wollte er für sie in echt väterlicher IVeise,
und so war beiden geholfen.
Dazu müßte er allerdings eine anständige, wenn auch
kleine Familienwohnung haben; aber vielleicht stand im ksause
eine passende Wohnung leer; wenigstens durfte er es aus einer
neulichen Bemerkung Frau Bauers entnehnen.
Rurz entschlossen trank er den Aaffee, den ihm das Dienst-
mädchen gebracht hatte, warf sich dann in sein besseres ksabit
und klopfte bei „der Bauern" an, indes das INädchen seine
lvohnung in Vrdnung brachte.
Frau Thilde Bauer war nicht wenig überrascht, als bjerr
Bernhard Griesler in vollem Michs und zu so ungewohnter
Stunde bei ihr vorsprach; jedenfalls aber müssen wir konsiatieren,
daß Frau Thilde kserrn Griesler mit herzlicher Liebeswürdigkeit
in das Staatszimmer hineinkoinplimentierte und ihn dort zum
Sitzen einlud.
Dnkel Bernhard geriet doch einigermaßen in Verlegenheit,
wie er der lvirtin die Angelegenheit auf die kürzeste und
klärlichste Art darlegen sollte; aber schließlich schritt er nach
mehreren Anläufen und mißglückten Linleitungen mutig ans
werk.
„Ls ist eine recht heikle Sache," begann er, „deretwegen
ich Sie aufgesucht habe."
Frau Thilde sah ihn erwartungsvoll an, und da sie sah,
daß er sie nicht ansah, sondern seine Blicke verlegen in allen
winkeln herumspazieren ließ, so merkte sie wohl, daß es in
der That eine recht heikle Sache sein müsse.
„Sehen Sie, Frau Bauer, man kommt doch so allgemach in
die Iahre, wo man anfängt, sich ein wenig einsam zu sühlen
— hm — hin —"
Frau Thilde sxürte, wie ein leichtes Rot in ihre runden
Wangen stieg. Sie zupfte, mit einem innerlichen Lächeln das
sie durch eine recht aufmerksam - ernste INiene zu verdecken
suchte, die Falten ihres Aleides glatt und zählte von nun an
in gründlicher weise die hellen Flecke auf dem Texxichmuster.
„Ich habe eingesehen, daß ich mein Leben, wie es jetzt ist,
nicht weiter führen kann und nicht weiter sühren darf. Nein,
das geht so nicht,"
Frau Thilde seufzte tief aus.
„Ich muß in der That jemand bei mir haben, der für
mich ein wenig Liebe und Sorglichkeit übrig hat, und für den
ich ebenfalls sorgen kann."
Frau Thilde ergriff mit ziemlichem Ungestüm seine bfand,
drückte sie herzlich und sagte mit abgewandtem Gesicht:
„So ist es recht; das ist brav von Ihnen, kferr Griesler,
und es gibt ganz gewiß noch eine Seele, die gern für Sie sorgt
und die Sie liebt und die Ihrer Fürsorge auch wert ist."
Ärmrmlerung.
Direktor (ein-r Lchmierc, als das publikum alles mögliche wirst, den Schausxielern zuflSsternd): „Spielt's nur weiter, es k 0 m IN e n
lauter Gebrauchsgegenständel"
59
kleine Mathilde, nun plötzlich zu wildfremden Menschen kommen
sollte; des weiteren fiel ihm sein eigenes Bedauern über sein un-
gaslliches kseim und seine gegenwärtige Verlassenheit ein und
schließlich sproßte aus diesem dreifachen Bedauern ein prächtiger
Gedanke empor, der ihm, je länger er ihn xrüfte, desto glücklicher
erschien. Gewiß, so war es zweifellos das beste: er würde von jetzt
an einen kleinen, bescheidenen bsausstand führen und Mathildchen
zu flch nehmen. Sie konnte dann ihre hauswirtschaftlichen
Studien fortsetzen, brauchte sich nicht unter fremden Leuten her-
umschubsen zu lassen, und er hätte ein für allemal jemand bei
sich im bsause. Sorgen wollte er für sie in echt väterlicher IVeise,
und so war beiden geholfen.
Dazu müßte er allerdings eine anständige, wenn auch
kleine Familienwohnung haben; aber vielleicht stand im ksause
eine passende Wohnung leer; wenigstens durfte er es aus einer
neulichen Bemerkung Frau Bauers entnehnen.
Rurz entschlossen trank er den Aaffee, den ihm das Dienst-
mädchen gebracht hatte, warf sich dann in sein besseres ksabit
und klopfte bei „der Bauern" an, indes das INädchen seine
lvohnung in Vrdnung brachte.
Frau Thilde Bauer war nicht wenig überrascht, als bjerr
Bernhard Griesler in vollem Michs und zu so ungewohnter
Stunde bei ihr vorsprach; jedenfalls aber müssen wir konsiatieren,
daß Frau Thilde kserrn Griesler mit herzlicher Liebeswürdigkeit
in das Staatszimmer hineinkoinplimentierte und ihn dort zum
Sitzen einlud.
Dnkel Bernhard geriet doch einigermaßen in Verlegenheit,
wie er der lvirtin die Angelegenheit auf die kürzeste und
klärlichste Art darlegen sollte; aber schließlich schritt er nach
mehreren Anläufen und mißglückten Linleitungen mutig ans
werk.
„Ls ist eine recht heikle Sache," begann er, „deretwegen
ich Sie aufgesucht habe."
Frau Thilde sah ihn erwartungsvoll an, und da sie sah,
daß er sie nicht ansah, sondern seine Blicke verlegen in allen
winkeln herumspazieren ließ, so merkte sie wohl, daß es in
der That eine recht heikle Sache sein müsse.
„Sehen Sie, Frau Bauer, man kommt doch so allgemach in
die Iahre, wo man anfängt, sich ein wenig einsam zu sühlen
— hm — hin —"
Frau Thilde sxürte, wie ein leichtes Rot in ihre runden
Wangen stieg. Sie zupfte, mit einem innerlichen Lächeln das
sie durch eine recht aufmerksam - ernste INiene zu verdecken
suchte, die Falten ihres Aleides glatt und zählte von nun an
in gründlicher weise die hellen Flecke auf dem Texxichmuster.
„Ich habe eingesehen, daß ich mein Leben, wie es jetzt ist,
nicht weiter führen kann und nicht weiter sühren darf. Nein,
das geht so nicht,"
Frau Thilde seufzte tief aus.
„Ich muß in der That jemand bei mir haben, der für
mich ein wenig Liebe und Sorglichkeit übrig hat, und für den
ich ebenfalls sorgen kann."
Frau Thilde ergriff mit ziemlichem Ungestüm seine bfand,
drückte sie herzlich und sagte mit abgewandtem Gesicht:
„So ist es recht; das ist brav von Ihnen, kferr Griesler,
und es gibt ganz gewiß noch eine Seele, die gern für Sie sorgt
und die Sie liebt und die Ihrer Fürsorge auch wert ist."
Ärmrmlerung.
Direktor (ein-r Lchmierc, als das publikum alles mögliche wirst, den Schausxielern zuflSsternd): „Spielt's nur weiter, es k 0 m IN e n
lauter Gebrauchsgegenständel"