Meggendorfers Huinoristische Blätter.
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produktioncn boten zwar nichts besonderes Neues und waren
auch keineswegs im Vergleich zu seinen übrigen Ronkurrenten
hervorragend. In den Rahmen aber und in der Darbietungs-
weise wie er seine Aünste zeigte, erschienen fie selbst der verwöhnten
ssunesse äores interessant. ksinzu kam noch, daß er mit größter
Raffiniertheit seine körperlichen Vorzüge auszunützen verstand,
und ganz besonders sesselte die Damen sein träumerischer Blick,
welchen er bei der Darstellung diverser posen zu ihnen herüber
schweifen ließ.
Die holde Weiblichkeit war sich schon längst klar, daß
Cinsivallo kein Artist im gewöhnlichen Sinne und auch kein
Artistenkind gewesen sein konnte. Sein ganzes Lxterieur wies
schondarauf hin, daß sich hier ein vollendeter Gentleman xroduzierte.
Lag doch in seiner Arbeit, in seinein Auf- und Abtreten etwas
ganz Apartes, wie man es selten von den Athleten zu sehen be-
kommt. Und so hatten sich schon viele darüber die Aöpfe zerbro-
chen: wer (Linsivallo im gewöhnlichen Leben sei. Niemand konnte
aberAufschluß geben, selbstdiecy- _
linderbedeckten Reiseonkels nicht,
welche doch jeden Artisten von
Renomee kennen und überhaupt
alles wissen. Schließlich appel-
lierte man an die Aellner und
sonstigen Angestellten des Thea-
ters; aber auch diese zuckten be-
dauernd die Achseln. Von den
bei jeder Vorstellung anwesen-
den Dainen machte sich besonders
eine ungefähr vierunddreißig
Iahre alte Blondine durch ein
unverkennbares Interesse an
unserem Athleten bemerkbar.
Ls war Frau Z., eine bekannte
und chice Lebedame, die zwar
keineswegs hübsch, aber dennoch
verführerisch in den Augen der
kferrenweltgelten konnte. Schon
seit vielen Tagen kämpste sie
mit dem begehrlichsten Ver-
langen, etwas Näheres über
den geheimnisvollen Artisten zu
erfahren. Sie spickte die Aellner
mit den reichlichsten Trinkgeldern
und zog schließlich Or. Zk., den
bekannten Berichterstatter der
größten Lokalzeitung ins Ver-
trauen, doch alle Recherchen
verliesen mit einem negativen
Resultat. Nun blieb nur noch
der Direktor des Spezialitäten-
Theaters übrig, der ganz be-
stimmt die Auskunft geben
konnte. Allein solche kferren
sind immer verschwiegen, wenig-
stens so lange, als die Artisten
in ihrem Lngagement sind.
Schon waren zwanzig Tage
der vergeblichsten Bemiihungen
verstrichen. Frau Z. sand nir-
gends Ruhe und wies alle Lin-
ladungen ihrer Freunde zurück,
>hre Zeit gänzlich weiteren Lr-
mittelungsversuchen widmend.
Je mehr sie übcr den Gegenstand
ihrer wünsche nachdachte, desto mehr kam sie zu der Lrkenntnis,
daß er ganz bestimmt ein Mitglied der besseren Gesellschaft,
vielleicht gar ein Baron sein mußte. Gar zu oft hatte sie gehört,
daß es in der Artistenschaft unzählige Llemente gibt, die zu
etwas Besserem geboren, aber durch irgend eine leichtsinnige,
wenn auch nicht unehrenhafte kfandlung unfähig wurden, sich
ferner in diesen Areisen zu halten. Sie „gingen unter die
Artisten," indem sie ihre bisherige sportliche Thätigkeit nun
auf der Bühne gegen angemessene Gage zeigten und daselbst
so lange wirkten, bis sie sich eine genügende Anzahl blauer
Lappen gespart, um dann wieder gänzlich von dem Brettl zu
verschwinden. kfatte sie doch erst kürzlich in einer Zeitung ge-
lesen, daß sich ein überschuldeter Freiherr durch seine Bicycle-
künste im variete ein ansehnliches vermögen erworben. kvarum
sollte also Linsivallo, der vielleicht durch Zufall auch seine
artistischen Fähigkeiten entdeckte, nicht ebenso gut ein Baron
sein? (Fortsetzung nächste Seite.)
Der geöitdete Schrlsterlehr6ng.
Lehrling: „Meester, hier hat een Aunde een paar zerrissene Stiebeln zur Konsultation
jebracht."
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produktioncn boten zwar nichts besonderes Neues und waren
auch keineswegs im Vergleich zu seinen übrigen Ronkurrenten
hervorragend. In den Rahmen aber und in der Darbietungs-
weise wie er seine Aünste zeigte, erschienen fie selbst der verwöhnten
ssunesse äores interessant. ksinzu kam noch, daß er mit größter
Raffiniertheit seine körperlichen Vorzüge auszunützen verstand,
und ganz besonders sesselte die Damen sein träumerischer Blick,
welchen er bei der Darstellung diverser posen zu ihnen herüber
schweifen ließ.
Die holde Weiblichkeit war sich schon längst klar, daß
Cinsivallo kein Artist im gewöhnlichen Sinne und auch kein
Artistenkind gewesen sein konnte. Sein ganzes Lxterieur wies
schondarauf hin, daß sich hier ein vollendeter Gentleman xroduzierte.
Lag doch in seiner Arbeit, in seinein Auf- und Abtreten etwas
ganz Apartes, wie man es selten von den Athleten zu sehen be-
kommt. Und so hatten sich schon viele darüber die Aöpfe zerbro-
chen: wer (Linsivallo im gewöhnlichen Leben sei. Niemand konnte
aberAufschluß geben, selbstdiecy- _
linderbedeckten Reiseonkels nicht,
welche doch jeden Artisten von
Renomee kennen und überhaupt
alles wissen. Schließlich appel-
lierte man an die Aellner und
sonstigen Angestellten des Thea-
ters; aber auch diese zuckten be-
dauernd die Achseln. Von den
bei jeder Vorstellung anwesen-
den Dainen machte sich besonders
eine ungefähr vierunddreißig
Iahre alte Blondine durch ein
unverkennbares Interesse an
unserem Athleten bemerkbar.
Ls war Frau Z., eine bekannte
und chice Lebedame, die zwar
keineswegs hübsch, aber dennoch
verführerisch in den Augen der
kferrenweltgelten konnte. Schon
seit vielen Tagen kämpste sie
mit dem begehrlichsten Ver-
langen, etwas Näheres über
den geheimnisvollen Artisten zu
erfahren. Sie spickte die Aellner
mit den reichlichsten Trinkgeldern
und zog schließlich Or. Zk., den
bekannten Berichterstatter der
größten Lokalzeitung ins Ver-
trauen, doch alle Recherchen
verliesen mit einem negativen
Resultat. Nun blieb nur noch
der Direktor des Spezialitäten-
Theaters übrig, der ganz be-
stimmt die Auskunft geben
konnte. Allein solche kferren
sind immer verschwiegen, wenig-
stens so lange, als die Artisten
in ihrem Lngagement sind.
Schon waren zwanzig Tage
der vergeblichsten Bemiihungen
verstrichen. Frau Z. sand nir-
gends Ruhe und wies alle Lin-
ladungen ihrer Freunde zurück,
>hre Zeit gänzlich weiteren Lr-
mittelungsversuchen widmend.
Je mehr sie übcr den Gegenstand
ihrer wünsche nachdachte, desto mehr kam sie zu der Lrkenntnis,
daß er ganz bestimmt ein Mitglied der besseren Gesellschaft,
vielleicht gar ein Baron sein mußte. Gar zu oft hatte sie gehört,
daß es in der Artistenschaft unzählige Llemente gibt, die zu
etwas Besserem geboren, aber durch irgend eine leichtsinnige,
wenn auch nicht unehrenhafte kfandlung unfähig wurden, sich
ferner in diesen Areisen zu halten. Sie „gingen unter die
Artisten," indem sie ihre bisherige sportliche Thätigkeit nun
auf der Bühne gegen angemessene Gage zeigten und daselbst
so lange wirkten, bis sie sich eine genügende Anzahl blauer
Lappen gespart, um dann wieder gänzlich von dem Brettl zu
verschwinden. kfatte sie doch erst kürzlich in einer Zeitung ge-
lesen, daß sich ein überschuldeter Freiherr durch seine Bicycle-
künste im variete ein ansehnliches vermögen erworben. kvarum
sollte also Linsivallo, der vielleicht durch Zufall auch seine
artistischen Fähigkeiten entdeckte, nicht ebenso gut ein Baron
sein? (Fortsetzung nächste Seite.)
Der geöitdete Schrlsterlehr6ng.
Lehrling: „Meester, hier hat een Aunde een paar zerrissene Stiebeln zur Konsultation
jebracht."