Neggendorfers Humoristische Blätter.
Ls ist erreicht.
III.
Am selben Tage kehrte Madame Z. in ihre Stadtwohnung zurück, um
daselbst die bevorstehende große Reinigung zu überwachen. Aurz nach Tisch
konnte sie sich aber nicht mehr ausrecht erhalten; das gewohnte Mittags-
schläfchen forderte seine Rechte. Anfangs störte sie das unaufhaltsame Ge-
xlapxer der Domestiken, ohne welches nun einmal ein so außergewöhnlicher
Tag nicht vor sich gehen kann, nicht besonders, aber die Mädchen trieben
es durch ihr lautes Lachen schließlich gar zu toll, so daß Madame mißmutig er-
wachte und sich nach der Aüche begab, um dort Ruhe zu stiftcn.
Als sie daselbst die Thüre öffnete, stand das Aammerkätzchen auf der
Schwelle.
„Mas in aller Welt geht denn hier eigentlich vor?" herrschte Madame
das Mädchen an, das keineswegs betroffen und in einem sort kicherte.
„Ach, Madame l" antwortete statt ihrer die fesche Aüchenfee und zeigte
mit der Lsand nach einem Schornsteinseger, welcher Madame Z. den Rücken
kchrte und sich am kserde zu schaffen machte, „der Schwarze da ist doch ein
gar zu drolliger Aerll Und hiibsch, wie bildhübsch der Mensch istl Sehen
Sie nur seinen Schnurrbart an, die neueste Facon, na wie heißt sie doch?"
„Ts ist erreichtl" platzte der schwarze Adonis heraus und drehte sich
militärisch grüßend nach Madame Z. um.
Wie vom Blitz getroffen sank diese bei seinem Anblicke zusammen. Eine
Vhnmacht, eine wirkliche Ghnmacht war über sie gekommen, als sie in
dem Schornsteinfeger ihrcn Athleten, ihren Liebling aus dem Spezialitäten-
Theater erkannte.
IV.
Tinsivallos Debüt war beendet und niemand wußte, woher er gekommen
und wohin er gegangen. Am selben Tage begab sich Or. X. in das
Direktionsbureau und bat den Variete-Lhef um eine private Unterredung.
Sie wurde ihm gern gewährt.
„Also über den Athleten wollen Sie etwas wissen?" meinte der Direktor.
„Nein Gott, Lber dcn Menschen weiß ich selbst nichts und kenne den Mann
nicht einmal seinem richtigen Namen nachl"
„Aber Sie müssen ihn doch vorher irgendwo gesehen haben, ehe Sie ihn
engagierten und müssen doch wissen, woher er kam und was er srüher war?"
sragte der erstaunte Zeitungsmensch. „Das weiß ich auch. Lr war bis
gestern noch Schornsteinseger und hat erst seit heute sein ksandwerk nieder-
gelegt. Das kam so. Ich hatte als Athlet den auch Jhnen bekannten
ksantelmann für den vorigen Spielplan engagiert, doch gleich am Tage seiner
Ankunft that er sich weh, so daß seine Nummer ausfallen mußte. Am
nächsten Morgen erschien bsantelmann in meinem Privatcomptoir und ver-
langte eine Unterredung. Wissen Sie, Direktorchen — erzählte dieser —
Sie sollen durch meinen Ausfall keinen Schaden, im Gegenteil großen
Nutzen habcn. Da bin ich gespannt — antwortete ich, — doch schießen
Sie los. Gut, kommen Sie mit nach der Garderobe und sehen Sie sich
einen bildhiibschen Aerl an, der mit Leichtigkeit meine Gewichte hantiert.
Ich sage Ihnen, wenn ich den Aerl zurechtstutze, gibt's eine brillante
Nummer. Sie zahlen mir meine Gage wie bisher und schon nach seinem
zweiten Auftreten steht es Zhnen frei, vom Dertrage zurückzutreten. — Ich
habe alles bewilligt und Sie haben ja selbst gesehen, daß diese Nummer zog.
Sie war eine Attraktion im vollsten Sinne des Wortes und glauben Sie
mir, so lange mein variete besteht, habe ich noch.nie so zahlreiches Damen-
publikum gehabt. Dasselbe war ja geradezu in den Mann vernarrtl Aein
Mensch auf der Erde hat wohl so vielc Liebesbriefe empfangen wie er.
bsier liegen sie noch alle und könnte man damit im Druck bequem ein ganzes
Aonservationslexikon ausfiillen. Abends rannte man ihm auf der Straße
nach, aber der Mensch war ja keusch wie Ioseph und wußte allen Schlingen
aus dem Ivege zu gehen. Ich habe ihm oft dieserhalb meine verwunder-
ung ausgedrückt und bekam immer nur die poetische Antwort:
Wenn mich erst cine hat,
Ljaßt mich die ganze Stadt."
„Und was ist aus ihm geworden?"
„Lr hat sich mit Hantelmann zusammengethan. Sie machen eine
neue, eine Duett-Nummer; aber wohin sie gegangen sind, — das wissen
die Götter."
Ls ist erreicht.
III.
Am selben Tage kehrte Madame Z. in ihre Stadtwohnung zurück, um
daselbst die bevorstehende große Reinigung zu überwachen. Aurz nach Tisch
konnte sie sich aber nicht mehr ausrecht erhalten; das gewohnte Mittags-
schläfchen forderte seine Rechte. Anfangs störte sie das unaufhaltsame Ge-
xlapxer der Domestiken, ohne welches nun einmal ein so außergewöhnlicher
Tag nicht vor sich gehen kann, nicht besonders, aber die Mädchen trieben
es durch ihr lautes Lachen schließlich gar zu toll, so daß Madame mißmutig er-
wachte und sich nach der Aüche begab, um dort Ruhe zu stiftcn.
Als sie daselbst die Thüre öffnete, stand das Aammerkätzchen auf der
Schwelle.
„Mas in aller Welt geht denn hier eigentlich vor?" herrschte Madame
das Mädchen an, das keineswegs betroffen und in einem sort kicherte.
„Ach, Madame l" antwortete statt ihrer die fesche Aüchenfee und zeigte
mit der Lsand nach einem Schornsteinseger, welcher Madame Z. den Rücken
kchrte und sich am kserde zu schaffen machte, „der Schwarze da ist doch ein
gar zu drolliger Aerll Und hiibsch, wie bildhübsch der Mensch istl Sehen
Sie nur seinen Schnurrbart an, die neueste Facon, na wie heißt sie doch?"
„Ts ist erreichtl" platzte der schwarze Adonis heraus und drehte sich
militärisch grüßend nach Madame Z. um.
Wie vom Blitz getroffen sank diese bei seinem Anblicke zusammen. Eine
Vhnmacht, eine wirkliche Ghnmacht war über sie gekommen, als sie in
dem Schornsteinfeger ihrcn Athleten, ihren Liebling aus dem Spezialitäten-
Theater erkannte.
IV.
Tinsivallos Debüt war beendet und niemand wußte, woher er gekommen
und wohin er gegangen. Am selben Tage begab sich Or. X. in das
Direktionsbureau und bat den Variete-Lhef um eine private Unterredung.
Sie wurde ihm gern gewährt.
„Also über den Athleten wollen Sie etwas wissen?" meinte der Direktor.
„Nein Gott, Lber dcn Menschen weiß ich selbst nichts und kenne den Mann
nicht einmal seinem richtigen Namen nachl"
„Aber Sie müssen ihn doch vorher irgendwo gesehen haben, ehe Sie ihn
engagierten und müssen doch wissen, woher er kam und was er srüher war?"
sragte der erstaunte Zeitungsmensch. „Das weiß ich auch. Lr war bis
gestern noch Schornsteinseger und hat erst seit heute sein ksandwerk nieder-
gelegt. Das kam so. Ich hatte als Athlet den auch Jhnen bekannten
ksantelmann für den vorigen Spielplan engagiert, doch gleich am Tage seiner
Ankunft that er sich weh, so daß seine Nummer ausfallen mußte. Am
nächsten Morgen erschien bsantelmann in meinem Privatcomptoir und ver-
langte eine Unterredung. Wissen Sie, Direktorchen — erzählte dieser —
Sie sollen durch meinen Ausfall keinen Schaden, im Gegenteil großen
Nutzen habcn. Da bin ich gespannt — antwortete ich, — doch schießen
Sie los. Gut, kommen Sie mit nach der Garderobe und sehen Sie sich
einen bildhiibschen Aerl an, der mit Leichtigkeit meine Gewichte hantiert.
Ich sage Ihnen, wenn ich den Aerl zurechtstutze, gibt's eine brillante
Nummer. Sie zahlen mir meine Gage wie bisher und schon nach seinem
zweiten Auftreten steht es Zhnen frei, vom Dertrage zurückzutreten. — Ich
habe alles bewilligt und Sie haben ja selbst gesehen, daß diese Nummer zog.
Sie war eine Attraktion im vollsten Sinne des Wortes und glauben Sie
mir, so lange mein variete besteht, habe ich noch.nie so zahlreiches Damen-
publikum gehabt. Dasselbe war ja geradezu in den Mann vernarrtl Aein
Mensch auf der Erde hat wohl so vielc Liebesbriefe empfangen wie er.
bsier liegen sie noch alle und könnte man damit im Druck bequem ein ganzes
Aonservationslexikon ausfiillen. Abends rannte man ihm auf der Straße
nach, aber der Mensch war ja keusch wie Ioseph und wußte allen Schlingen
aus dem Ivege zu gehen. Ich habe ihm oft dieserhalb meine verwunder-
ung ausgedrückt und bekam immer nur die poetische Antwort:
Wenn mich erst cine hat,
Ljaßt mich die ganze Stadt."
„Und was ist aus ihm geworden?"
„Lr hat sich mit Hantelmann zusammengethan. Sie machen eine
neue, eine Duett-Nummer; aber wohin sie gegangen sind, — das wissen
die Götter."