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Meggendorfers Humoristische Blätter.
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daß da eine schreckliche Blamage seiner harrte. Mindestens ein
lächerlicher Druckfehler oder dergleichen. Nun fiel cs ihm schwer
aufs Gewissen, daß er die Revision des Blattes versäumt hatte-
Möglichst unauffällig machte er sich aus dem Staube, um im
nächsten Aaffeehaus mit zitternder Stimme die'l„Tagespost" zu
verlangen. „Ist eben in der ksand" — meinte der Kellner im
Vorbeilausen. L>ie viertelstunde, bis der alte bebrillte kserr das
Blatt durchgesehen hatte, verging unserm Iournalisten wie eine
Twigkeit. Aber gottlobl Der Leser legte die Zeitung mit
ernster tluene bei Seite — er hatte nichts Lächerlichcs gefundenl
lvie ein Stoßvogel stürzte Kroner auf das Blatt und begann
es mit fieberhaster Lile zu durchfliegen.
Leitartikel, politische Uebersicht — alles in Vrdnung. Ihm
wurde immer schwüler, denn nun kam sein Ressort an die Reihe :
„Lokal- und Tageschronik" — da plötzlich fährt er wie von
einer Tarantel gestochen in die bsöhe:
tigen Zornesadern an den Schläfen. Oie Setzer standen wie
die armen Sünder herum.
„Wer hat die Napoleonnotiz hinaufgegeben?" platzte Uroner
atemlos herein. „bserrl" schrie der Lhef mit höchster Fistelstimme,
„sind Sie verrückt oder wollen Sie uns zu Grunde richten?"
Ietzt fand Aroner seine Ruhe wieder. <Lr reckte sich stolz
empor und sagte seierlich: „kserr Redakteur, ich gebe Ihnen
mein Threnwort, daß ich unschuldig binl" Statt jeder
Antwort überreichte ihm der Lhef einen kleinen, vsrgilbten
Ausschnitt: „Letzte Nachricht" etr. Dem praktikanten kam das
Format und die Papiersorte bekannt vor; er drehte das Blättchen
um — seine Regenbogennotiz! Ietzt erinnerte er sich auch,
wie Fritz der Laufbursche, heute Nachmittag gcstolpert war,
wie ihm der Zettcl entfiel und er täppisch darnach haschte —
er hatte ihn dann eben verkehrt abgegebenl
(Letzte Nachricht.) NAe man uns kurz vor Schluß des
Blattes telegraphiert, hat sich Aaiser Napoleon III., der bekannt-
lich sehr leidend war, von seinem Unwohlsein erholt und wird
sich nächste Woche nach
versailles begeben.
Aroner strich sich stöhn-
end über die schweißbedeckte
Stirne. „Zahlenl" brüllte
er, daß die wenigen Gäste
unwillig aufblickten und das
Büffettfräulein erschreckt auf-
wachte. Oann machte er
noch eine Bewegung, als
wollte er das Blatt in die
Tasche verschwinden lassen.
Aber was half's? Die
Blamage war ja schon in
alle ksäuser der Stadt ge-
tragen worden! Ietzt raffte
er sich auf und eilte wut-
entbrannt in die
Setzerei. Iver konnte
ihm diesen Streich
gespielt haben?
Tausend Ulöglich-
keiten kreuzten sein
ksirn — aber es waren
schließlich alles Un-
möglichkeiten. Als er
vor die Druckerei ge-
langte, sah er, daß sie
noch beleuchtet war.
Die Untersuchung
war also schon im
Zugel
Gben fand er
das gesamte Perso-
nal versammelt. Der
dicke Redakteur ging
mit dröhnenden
Schritten auf und ab:
die sieischigen bsände
auf dem Rücken, mit
rotem Aoxs und tüch-
Zu schtank.
Nun war dcr Irrtum bald aufgeklärt. Der Redakteur war
zwar noch keineswegs besänftigt, doch klang es schon nach ab-
ziehendem Gewitter, als er dcn jungen bserrn anherrschte:
„Dann streicht man eben die ungiltige Seite mit Rotstift durch,
_ bsudribusch!" — „Nachher ist
leicht redenl" meinte Kroner —
im Stillen. Aber das erlösende
Schlußwort, das die Redaktions-
tragödie in cine ksumoreske ver-
wandelte und selbst die ver-
bitterten Züge dcs gestrengen
Redakteurs erhellte, hat doch
unsec alter Netteur en paZss
gesprochen. Lr steckte seinen
weißen Ropf zwischen die
Streitenden und sagte be-
gütigend:
„Lntschuldigen S', meine
kserren, daß ich mich einmische;
aber ich bin ja seit vierzig
Zahren bei der Zeitung und
hab' solche Sachen auch mit-
gemacht.
Da gibt's nur ein
Mittel: nix drüber
reden l Da kommt
nir 'raus! viel-
leicht merkt's
keiner von den
Abonnenten."
Soldat <zu seiner Aöchin): „Rieke, det is wohl ecnc modcrne Ivurst?"
Vier-
versprechende
Äinteilung.
Gattin: „Sag
mal, Mann, um
welcheStundehast
du letzte Nacht
eigentlich deine
bseimkehr aus
dem lvirtshaus
verübt?"
Meggendorfers Humoristische Blätter.
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daß da eine schreckliche Blamage seiner harrte. Mindestens ein
lächerlicher Druckfehler oder dergleichen. Nun fiel cs ihm schwer
aufs Gewissen, daß er die Revision des Blattes versäumt hatte-
Möglichst unauffällig machte er sich aus dem Staube, um im
nächsten Aaffeehaus mit zitternder Stimme die'l„Tagespost" zu
verlangen. „Ist eben in der ksand" — meinte der Kellner im
Vorbeilausen. L>ie viertelstunde, bis der alte bebrillte kserr das
Blatt durchgesehen hatte, verging unserm Iournalisten wie eine
Twigkeit. Aber gottlobl Der Leser legte die Zeitung mit
ernster tluene bei Seite — er hatte nichts Lächerlichcs gefundenl
lvie ein Stoßvogel stürzte Kroner auf das Blatt und begann
es mit fieberhaster Lile zu durchfliegen.
Leitartikel, politische Uebersicht — alles in Vrdnung. Ihm
wurde immer schwüler, denn nun kam sein Ressort an die Reihe :
„Lokal- und Tageschronik" — da plötzlich fährt er wie von
einer Tarantel gestochen in die bsöhe:
tigen Zornesadern an den Schläfen. Oie Setzer standen wie
die armen Sünder herum.
„Wer hat die Napoleonnotiz hinaufgegeben?" platzte Uroner
atemlos herein. „bserrl" schrie der Lhef mit höchster Fistelstimme,
„sind Sie verrückt oder wollen Sie uns zu Grunde richten?"
Ietzt fand Aroner seine Ruhe wieder. <Lr reckte sich stolz
empor und sagte seierlich: „kserr Redakteur, ich gebe Ihnen
mein Threnwort, daß ich unschuldig binl" Statt jeder
Antwort überreichte ihm der Lhef einen kleinen, vsrgilbten
Ausschnitt: „Letzte Nachricht" etr. Dem praktikanten kam das
Format und die Papiersorte bekannt vor; er drehte das Blättchen
um — seine Regenbogennotiz! Ietzt erinnerte er sich auch,
wie Fritz der Laufbursche, heute Nachmittag gcstolpert war,
wie ihm der Zettcl entfiel und er täppisch darnach haschte —
er hatte ihn dann eben verkehrt abgegebenl
(Letzte Nachricht.) NAe man uns kurz vor Schluß des
Blattes telegraphiert, hat sich Aaiser Napoleon III., der bekannt-
lich sehr leidend war, von seinem Unwohlsein erholt und wird
sich nächste Woche nach
versailles begeben.
Aroner strich sich stöhn-
end über die schweißbedeckte
Stirne. „Zahlenl" brüllte
er, daß die wenigen Gäste
unwillig aufblickten und das
Büffettfräulein erschreckt auf-
wachte. Oann machte er
noch eine Bewegung, als
wollte er das Blatt in die
Tasche verschwinden lassen.
Aber was half's? Die
Blamage war ja schon in
alle ksäuser der Stadt ge-
tragen worden! Ietzt raffte
er sich auf und eilte wut-
entbrannt in die
Setzerei. Iver konnte
ihm diesen Streich
gespielt haben?
Tausend Ulöglich-
keiten kreuzten sein
ksirn — aber es waren
schließlich alles Un-
möglichkeiten. Als er
vor die Druckerei ge-
langte, sah er, daß sie
noch beleuchtet war.
Die Untersuchung
war also schon im
Zugel
Gben fand er
das gesamte Perso-
nal versammelt. Der
dicke Redakteur ging
mit dröhnenden
Schritten auf und ab:
die sieischigen bsände
auf dem Rücken, mit
rotem Aoxs und tüch-
Zu schtank.
Nun war dcr Irrtum bald aufgeklärt. Der Redakteur war
zwar noch keineswegs besänftigt, doch klang es schon nach ab-
ziehendem Gewitter, als er dcn jungen bserrn anherrschte:
„Dann streicht man eben die ungiltige Seite mit Rotstift durch,
_ bsudribusch!" — „Nachher ist
leicht redenl" meinte Kroner —
im Stillen. Aber das erlösende
Schlußwort, das die Redaktions-
tragödie in cine ksumoreske ver-
wandelte und selbst die ver-
bitterten Züge dcs gestrengen
Redakteurs erhellte, hat doch
unsec alter Netteur en paZss
gesprochen. Lr steckte seinen
weißen Ropf zwischen die
Streitenden und sagte be-
gütigend:
„Lntschuldigen S', meine
kserren, daß ich mich einmische;
aber ich bin ja seit vierzig
Zahren bei der Zeitung und
hab' solche Sachen auch mit-
gemacht.
Da gibt's nur ein
Mittel: nix drüber
reden l Da kommt
nir 'raus! viel-
leicht merkt's
keiner von den
Abonnenten."
Soldat <zu seiner Aöchin): „Rieke, det is wohl ecnc modcrne Ivurst?"
Vier-
versprechende
Äinteilung.
Gattin: „Sag
mal, Mann, um
welcheStundehast
du letzte Nacht
eigentlich deine
bseimkehr aus
dem lvirtshaus
verübt?"