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Neggendorsers Humoristische Blätter.
nun, wo er sie brauchte, lag fie sechs 5tunden entfernt, bei
seinem früheren ÜZuartierwirt, einem dicken Bäckermeister. Und
dieser Rerl war zu faul, sie ihm zeitig zuzusenden und brachie
ihn durch seine Bequemlichkeit in diese verdammte Lage. Er
hätte ihn erwürgt, wenn er ihn zur Btelle gehabt hätte; er
hätte ihn erdrosselt, aber sicher.
Ukunkel war niedergekniet und bemühte sich eifrig, die
bsose herunterzuziehen, um die Stege schließen zu können, es
ging nicht. Lr zog wie ein verzweifelter. — Ritschl — der
eine Stegstreifen war abgerissen l Bummel sluchte. In dieser
verdammten Buxe sollte er Parademarsch machen und beim
ersten Schritt inußten die Stege reißen; zum Krankmelden war
es jetzt auch zu spät und kseld war fort; am Lnde kam der auch
zu spät zum Antreten und der blödsinnige Munkel auch.
„Donner und dorial" Bummel stampfte vor Unwillen, —
der andere Steg rieß ebenfalls. — Bummel sah Munkel an, —
er sagte kein lvort mehr. — Da hörte man draußen auf dem
Gange Tritte; es klopftl — „kferein!"
„Eine schöne Lmpfehlung von der Firma X., hier schickt
sie einekjose für den kjerrn Leutnant" — und vor den trunkenen
Augen Bummels entrollt er eine blendendweiße, tadellose Leinen-
hose. Im Nu war das Froschbeinkleid aus- und die gute ksose
angezogen. Ls klopftl
„Ljereinl"
Zwei Absätze klappten zusammen:
„Der kserr Regimentsschneider schickt Lserrn Leutnant die
besxrochene ksose und hofft, daß sie gut sitzen werde."
„bfimmelschockschwerenotl" — „Lsereinl"
„^err Vberleutnant Aöhler von der siebten Rompagnie
schickt hier ein Paket für den bserrn Leutnant und läßt sagen,
daß er nicht zur Parade komme."
„Alle ksriligenl jetzt habe ich vier Paradehosen I"
Da hörte man draußen ein schreckliches Gepolter und ein
schwerer Aörxer siel mit dumxfem Arach gegen die Zimmer-
thüre, daß sie aufsprang. Bursche kseld lag draußen mit hoch-
rotem Aopfe, nach Atem ringend, über jeder Schulter eine
blendendweiße paradehose. „kserr Leutnant l die eigene ksose ist
angekommenl" — „Und die andere, du Scheuermensch?" — „ksabe
ich auf dem ksinweg zur Station von einem hiesigen Schutz-
manne geliehen," meldete kseld, immer noch auf dem Boden
liegend. — Da brachen alle Schranken militärischer Subordi-
nation. Leutnant, Burschen und Brdonnanzen lachten, daß ihnen
die Thränen in die Augen traten. — Auf der Trepxe hört man
Schritte; — ein Gefreiter im Vrdonnanzanzuge I „Das parole-
buch für den Lserrn Leutnant."
„Scher dich zum Teufel, ich habe keine Zeit mehr vor der
Paradel"
„lferr Leutnant, der Befehl bezieht sich auf die parade,"
meldete die Drdonnanz und hielt Bummel das aufgeschlagene
Parolebuch entgegen:
Komxagniebefehl:
„Zur heutigen Parade werden Tuchhosen angelegt."
Dem
(g^ist du ein Dichter, rege deine Schwingen,
Den Frühling preise und die linde Luft,
von Sonnenschein und Liebe kannst du singen,
von Nachtigallenschlag und Fliederduft.
Ls kling' dein Lied vom schönen grünen Rheine,
von blonden Mädchen und von goldnem lvein, —
von einem stillen, tiefen kvaldeshaine
Magisch durchglüb^ vom bleichen Mondenschein, —
von einem Zauberschloß, umblüht von Rosen,
von einem Ritter und der schönsten Fee,
von Liebesschwüren und von süßem Aosen,
von sel'gem Glück und herbem Abschiedsweh.
Dichier.
Dann sing im Lied von einem Rönigskinde
Und einem jungen Schäfer brav und treu,
von heißen Aüssen unter blüh'nder Linde,
von Schuld und Sterben und von bittrer Reu'.
Von einer Bauernmaid in blonden Locken
lNit dem Gebetbuch in der braunen kjand,
Von Sonntagsfrieden und von Kirchenglocken
Und Sonnenschein, durchslutend rings das Land.
Vielleicht von Lerchen auch, im gold'gen Lichte
kjelljubelnd schwebend überm Aehrenfeld —
Aurz, es ist ganz egal was du besingst: Gedichte
Liest so wie so kein Teufel in der lvelt.
Max Grundmann.
Verantwortlicher Redakteur: Nkax Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in lvien I.
Verlsg von I. F. Schrriber tn München und Etzlrngen.
Neggendorsers Humoristische Blätter.
nun, wo er sie brauchte, lag fie sechs 5tunden entfernt, bei
seinem früheren ÜZuartierwirt, einem dicken Bäckermeister. Und
dieser Rerl war zu faul, sie ihm zeitig zuzusenden und brachie
ihn durch seine Bequemlichkeit in diese verdammte Lage. Er
hätte ihn erwürgt, wenn er ihn zur Btelle gehabt hätte; er
hätte ihn erdrosselt, aber sicher.
Ukunkel war niedergekniet und bemühte sich eifrig, die
bsose herunterzuziehen, um die Stege schließen zu können, es
ging nicht. Lr zog wie ein verzweifelter. — Ritschl — der
eine Stegstreifen war abgerissen l Bummel sluchte. In dieser
verdammten Buxe sollte er Parademarsch machen und beim
ersten Schritt inußten die Stege reißen; zum Krankmelden war
es jetzt auch zu spät und kseld war fort; am Lnde kam der auch
zu spät zum Antreten und der blödsinnige Munkel auch.
„Donner und dorial" Bummel stampfte vor Unwillen, —
der andere Steg rieß ebenfalls. — Bummel sah Munkel an, —
er sagte kein lvort mehr. — Da hörte man draußen auf dem
Gange Tritte; es klopftl — „kferein!"
„Eine schöne Lmpfehlung von der Firma X., hier schickt
sie einekjose für den kjerrn Leutnant" — und vor den trunkenen
Augen Bummels entrollt er eine blendendweiße, tadellose Leinen-
hose. Im Nu war das Froschbeinkleid aus- und die gute ksose
angezogen. Ls klopftl
„Ljereinl"
Zwei Absätze klappten zusammen:
„Der kserr Regimentsschneider schickt Lserrn Leutnant die
besxrochene ksose und hofft, daß sie gut sitzen werde."
„bfimmelschockschwerenotl" — „Lsereinl"
„^err Vberleutnant Aöhler von der siebten Rompagnie
schickt hier ein Paket für den bserrn Leutnant und läßt sagen,
daß er nicht zur Parade komme."
„Alle ksriligenl jetzt habe ich vier Paradehosen I"
Da hörte man draußen ein schreckliches Gepolter und ein
schwerer Aörxer siel mit dumxfem Arach gegen die Zimmer-
thüre, daß sie aufsprang. Bursche kseld lag draußen mit hoch-
rotem Aopfe, nach Atem ringend, über jeder Schulter eine
blendendweiße paradehose. „kserr Leutnant l die eigene ksose ist
angekommenl" — „Und die andere, du Scheuermensch?" — „ksabe
ich auf dem ksinweg zur Station von einem hiesigen Schutz-
manne geliehen," meldete kseld, immer noch auf dem Boden
liegend. — Da brachen alle Schranken militärischer Subordi-
nation. Leutnant, Burschen und Brdonnanzen lachten, daß ihnen
die Thränen in die Augen traten. — Auf der Trepxe hört man
Schritte; — ein Gefreiter im Vrdonnanzanzuge I „Das parole-
buch für den Lserrn Leutnant."
„Scher dich zum Teufel, ich habe keine Zeit mehr vor der
Paradel"
„lferr Leutnant, der Befehl bezieht sich auf die parade,"
meldete die Drdonnanz und hielt Bummel das aufgeschlagene
Parolebuch entgegen:
Komxagniebefehl:
„Zur heutigen Parade werden Tuchhosen angelegt."
Dem
(g^ist du ein Dichter, rege deine Schwingen,
Den Frühling preise und die linde Luft,
von Sonnenschein und Liebe kannst du singen,
von Nachtigallenschlag und Fliederduft.
Ls kling' dein Lied vom schönen grünen Rheine,
von blonden Mädchen und von goldnem lvein, —
von einem stillen, tiefen kvaldeshaine
Magisch durchglüb^ vom bleichen Mondenschein, —
von einem Zauberschloß, umblüht von Rosen,
von einem Ritter und der schönsten Fee,
von Liebesschwüren und von süßem Aosen,
von sel'gem Glück und herbem Abschiedsweh.
Dichier.
Dann sing im Lied von einem Rönigskinde
Und einem jungen Schäfer brav und treu,
von heißen Aüssen unter blüh'nder Linde,
von Schuld und Sterben und von bittrer Reu'.
Von einer Bauernmaid in blonden Locken
lNit dem Gebetbuch in der braunen kjand,
Von Sonntagsfrieden und von Kirchenglocken
Und Sonnenschein, durchslutend rings das Land.
Vielleicht von Lerchen auch, im gold'gen Lichte
kjelljubelnd schwebend überm Aehrenfeld —
Aurz, es ist ganz egal was du besingst: Gedichte
Liest so wie so kein Teufel in der lvelt.
Max Grundmann.
Verantwortlicher Redakteur: Nkax Schreiber, Druck von I. F. Schreiber, beide in Lßlingen bei Stuttgart.
In Vesterreich-Ungarn für kjerausgabe und Redaktion verantwortlich: Robert Mohr in lvien I.
Verlsg von I. F. Schrriber tn München und Etzlrngen.