Aleggendorfers Humoristische Blätter.
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unverheiratet, und unter solchen Umständen kann auch ein
professor galant sein. Dazu kam, daß er das Fräulein im
Stillen anbetete und längst schon in seinem Gehirn zwischen
Logarithmen und ÜZuadratwurzeln nach einer Möglichkeit forschte,
mit ihr näher bekannt zu werden. Wie ein Blitz durchzuckte
ihn der Gedanke, daß die ersehnte Gelegenheit jetzt erschienen
sei. Denn gibt es wohl eine bessere Gelegenheit, als diejenige,
die sich durch Gewährung ritterlichen Regenschirmschutzes dar-
bietet? Und Fräulein vogelmann entbehrte offenbar eines
Schirms, während das edle Naß von oben in ganz bedenklichen
Tropfen herabstürzte.
ksöflich grnßte der pro-
sessor, höflich wurde er wieder-
gegrüßt.
Da faßte er Ulut.
„Sie verzeihen, verehrtes
Fräulein, es regnet so — darf
ich mir die Freiheit nehmen,
Ihnen den Schutz meines
Regenschirms anzubieten?"
„Danke für Ihre Liebens-
würdigkeit, kserr profesfor,
aber ich bin selbst im Besitz
eines Schirms."
Der jdrofessor machte ein
höchst erstauntes Gesicht.
„N)o haben Sie ihn denn?"
„bsier — ich habe ihn
bloß nicht aufgespannt, weil
ich ja doch gleich zu ksause
bin." Dabei zog die junge
Dame ihren eleganten leichten
Schirm unter dem ihn verhül-
lenden Mantelet hervor.
„Dann freilich" — be-
merkte er verlegen.
„Aber Sie selbst, kserr
profesfor," riefFräuleinDogel-
mann lachend, „haben ja keinen
Schirm!"
„Ich? Ich habe mir eben
erst" — er hielt inne und
forschte ebenso angestrengt als
vergebens nach dem neuerwor-
benen Gegenstand. „Mahr-
haftig — fatal, ich habe ihn
gekauft, aber vergessen mitzu-
nehmen —"
„Da gehen Sie nur gleich
noch einmal zurück und holen
2ie ihn."
„Ia, wenn ich nur wüßte, wo ich ihn gekauft hatte,"
brummte Grübler verdrießlich.
„In welcher Straße war es denn?"
„Das weiß ich leider auch nicht mehr."
„Aber Sie können doch nicht in dem Regen nach Lsause
gehen — Sie wohnen so weit — wissen Sie was, kserr Professor,
degleiten Sie mich die xaar Schritte, ich leihe Ihnen meinen
2chirm."
Der Professor war es zufrieden — höchst beseligt ging er
nnt dem Schirm der jungen Dame nach bsause. Was lag ihm
an seinem eigenen verlorenen Paraxluie? ^atte er doch mit
Rosa vogelmann angeknüpft, das war die ksauptsache. Um
den errungenen Vorteil nicht wieder aufzugeben, gedachte er, ihr
den entliehenen Schirm höchst eigenhändig zurückzubringen. Am
nächsten Tage hatte er indessen Abhaltung, so machte er sich am
zweiten Tage vormittags zehn Uhr auf den N)eg. Das heißt,
er wollte flch auf den N)eg machen, aber — wo war der Schirm,
den er der jungen Dame mit herzlichem Dank zurückbringen
wollte? Ia, wo? Gestern Nkittag hatte er ihn noch gehabt.
N)o war er denn nur inzwischen gewesen? Richtig, auf der
Universitätsbibliotheki Sofort eilte er hin, um nach der ver-
lorenen Rostbarkeit zu fragen.
„Habe ich nicht gestern meinen Schirm stehen lassen?"
„Tin Schirm steht allerdings da, kserr Professor — ich habe
nicht gewußt, daß es der
Ihrige ist."
„Iawohl, es ist der meinige
— danke."
Gott sei Dank, er hatte
ihn wieder! N)as hätte Rosa
von ihm denken sollen, wenn
er das ihm anvertraute kseilig-
tum mit so auffälliger Miß-
achtung behandelt hätte?
Schnellen Schrittes wanderte
er nach dem ksause, wo sie
mit ihrer Mutter, einer ver-
witweten Frau Airchenrat,
wohnte. Beide Damen befan-
den sich zu ksause und der Pro-
fessor wurde mitgroßerFreund-
lichkeit emxfangen.
„So nehmen Sie denn,"
sagte er, indem er die Lnt-
deckung machte, daß er die
feierliche, für diesen edlen
Zweck wohleinstudierte An-
sxrache im Augenblick, da er
Rosagegenüberstand,vergessen
hatte — „so nehmen Sie denn
init gerührtestem Dank den
Schirm zurück, den Sie mir
so freundlich geliehen haben."
Er hielt ihr die ksand
mit dem Schirm entgegen —
Rosa lachte hell und laut.
„lherr Professor, das ist
ja gar nicht der meine."
„Nicht?" Lr sah höchst
bestürzt aus.
„Reine Ahnung — der
meine war erstens ein Damen-
schirm und das hier ist ein
kserrenschirm — zweitens war
der meine schwarz und der hier ist graublau, drittens war der
meine neu und dieser ist total verschossen."
U)elches Malheur! Natürlich entschuldigte er sich, dann
ließ er sich das genaue Signalement des richtigen Schirms
geben, worauf er die Damen mit dem Lntschluß verließ, sofort
Grsatz zu schaffen, da er auf das Wiederzumvorscheinkommen
des verlorenen Dbjekts doch nicht gut warten konnte.
Zufällig geriet er in die ksandlung, wo Rosa ihren Schirm
gekauft hatte, so daß er ganz genau denselben erhielt. Freude-
strahlend eilte er zu seiner Angebeteten, glücklich, ste wiedersehen
zu können und seine verpflichtung abzutragen. Nlan unterhielt
sich wieder vortrefflich; Rosa war geistvoll gewesen, lustig, eine
Stunde rann im Fluge dahin, der professor schwelgte im siebenten
Seme Änsichi.
Lsungerkünstler: „Ich möchte in Ihrem Ltablissement eine
vierwöchentliche ksungervorstellung geben!"
N)irt (der gerade eine delikate Gänsekeule vertilgt, mitleidig) ^ „Isier, pro-
bieren Sie einmal, dann wird Ihnen die verrückte Idee schon
vergehen!"
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unverheiratet, und unter solchen Umständen kann auch ein
professor galant sein. Dazu kam, daß er das Fräulein im
Stillen anbetete und längst schon in seinem Gehirn zwischen
Logarithmen und ÜZuadratwurzeln nach einer Möglichkeit forschte,
mit ihr näher bekannt zu werden. Wie ein Blitz durchzuckte
ihn der Gedanke, daß die ersehnte Gelegenheit jetzt erschienen
sei. Denn gibt es wohl eine bessere Gelegenheit, als diejenige,
die sich durch Gewährung ritterlichen Regenschirmschutzes dar-
bietet? Und Fräulein vogelmann entbehrte offenbar eines
Schirms, während das edle Naß von oben in ganz bedenklichen
Tropfen herabstürzte.
ksöflich grnßte der pro-
sessor, höflich wurde er wieder-
gegrüßt.
Da faßte er Ulut.
„Sie verzeihen, verehrtes
Fräulein, es regnet so — darf
ich mir die Freiheit nehmen,
Ihnen den Schutz meines
Regenschirms anzubieten?"
„Danke für Ihre Liebens-
würdigkeit, kserr profesfor,
aber ich bin selbst im Besitz
eines Schirms."
Der jdrofessor machte ein
höchst erstauntes Gesicht.
„N)o haben Sie ihn denn?"
„bsier — ich habe ihn
bloß nicht aufgespannt, weil
ich ja doch gleich zu ksause
bin." Dabei zog die junge
Dame ihren eleganten leichten
Schirm unter dem ihn verhül-
lenden Mantelet hervor.
„Dann freilich" — be-
merkte er verlegen.
„Aber Sie selbst, kserr
profesfor," riefFräuleinDogel-
mann lachend, „haben ja keinen
Schirm!"
„Ich? Ich habe mir eben
erst" — er hielt inne und
forschte ebenso angestrengt als
vergebens nach dem neuerwor-
benen Gegenstand. „Mahr-
haftig — fatal, ich habe ihn
gekauft, aber vergessen mitzu-
nehmen —"
„Da gehen Sie nur gleich
noch einmal zurück und holen
2ie ihn."
„Ia, wenn ich nur wüßte, wo ich ihn gekauft hatte,"
brummte Grübler verdrießlich.
„In welcher Straße war es denn?"
„Das weiß ich leider auch nicht mehr."
„Aber Sie können doch nicht in dem Regen nach Lsause
gehen — Sie wohnen so weit — wissen Sie was, kserr Professor,
degleiten Sie mich die xaar Schritte, ich leihe Ihnen meinen
2chirm."
Der Professor war es zufrieden — höchst beseligt ging er
nnt dem Schirm der jungen Dame nach bsause. Was lag ihm
an seinem eigenen verlorenen Paraxluie? ^atte er doch mit
Rosa vogelmann angeknüpft, das war die ksauptsache. Um
den errungenen Vorteil nicht wieder aufzugeben, gedachte er, ihr
den entliehenen Schirm höchst eigenhändig zurückzubringen. Am
nächsten Tage hatte er indessen Abhaltung, so machte er sich am
zweiten Tage vormittags zehn Uhr auf den N)eg. Das heißt,
er wollte flch auf den N)eg machen, aber — wo war der Schirm,
den er der jungen Dame mit herzlichem Dank zurückbringen
wollte? Ia, wo? Gestern Nkittag hatte er ihn noch gehabt.
N)o war er denn nur inzwischen gewesen? Richtig, auf der
Universitätsbibliotheki Sofort eilte er hin, um nach der ver-
lorenen Rostbarkeit zu fragen.
„Habe ich nicht gestern meinen Schirm stehen lassen?"
„Tin Schirm steht allerdings da, kserr Professor — ich habe
nicht gewußt, daß es der
Ihrige ist."
„Iawohl, es ist der meinige
— danke."
Gott sei Dank, er hatte
ihn wieder! N)as hätte Rosa
von ihm denken sollen, wenn
er das ihm anvertraute kseilig-
tum mit so auffälliger Miß-
achtung behandelt hätte?
Schnellen Schrittes wanderte
er nach dem ksause, wo sie
mit ihrer Mutter, einer ver-
witweten Frau Airchenrat,
wohnte. Beide Damen befan-
den sich zu ksause und der Pro-
fessor wurde mitgroßerFreund-
lichkeit emxfangen.
„So nehmen Sie denn,"
sagte er, indem er die Lnt-
deckung machte, daß er die
feierliche, für diesen edlen
Zweck wohleinstudierte An-
sxrache im Augenblick, da er
Rosagegenüberstand,vergessen
hatte — „so nehmen Sie denn
init gerührtestem Dank den
Schirm zurück, den Sie mir
so freundlich geliehen haben."
Er hielt ihr die ksand
mit dem Schirm entgegen —
Rosa lachte hell und laut.
„lherr Professor, das ist
ja gar nicht der meine."
„Nicht?" Lr sah höchst
bestürzt aus.
„Reine Ahnung — der
meine war erstens ein Damen-
schirm und das hier ist ein
kserrenschirm — zweitens war
der meine schwarz und der hier ist graublau, drittens war der
meine neu und dieser ist total verschossen."
U)elches Malheur! Natürlich entschuldigte er sich, dann
ließ er sich das genaue Signalement des richtigen Schirms
geben, worauf er die Damen mit dem Lntschluß verließ, sofort
Grsatz zu schaffen, da er auf das Wiederzumvorscheinkommen
des verlorenen Dbjekts doch nicht gut warten konnte.
Zufällig geriet er in die ksandlung, wo Rosa ihren Schirm
gekauft hatte, so daß er ganz genau denselben erhielt. Freude-
strahlend eilte er zu seiner Angebeteten, glücklich, ste wiedersehen
zu können und seine verpflichtung abzutragen. Nlan unterhielt
sich wieder vortrefflich; Rosa war geistvoll gewesen, lustig, eine
Stunde rann im Fluge dahin, der professor schwelgte im siebenten
Seme Änsichi.
Lsungerkünstler: „Ich möchte in Ihrem Ltablissement eine
vierwöchentliche ksungervorstellung geben!"
N)irt (der gerade eine delikate Gänsekeule vertilgt, mitleidig) ^ „Isier, pro-
bieren Sie einmal, dann wird Ihnen die verrückte Idee schon
vergehen!"