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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 43.1900 (Nr. 510-522)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20908#0036
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28

INeggendorfers Humoristische Blätter.

Der Nurchttofe.

Der entführte Don Iuan.

/^s war in der goldlgen, unvergeßlichen Fuchsenzeit, im ersten Semester
M8. wir hatten einen Senior, zu dem sich die Fnchse nur mit
andächtigen Blicken aufzuschauen trauten. Lr war beriihmt wegen seiner
Furchtlosigkeit.

Unzählige schauderhafte Geschichten von ihm zirkuliertcn in der kleinen
Universitätsstadt und woben um sein Haupt einen L^eiligenschein. Der
Senior war ein kleines, gutmiitig aussehendes Rerlchen, dem man seine zur
Sage gewordene Furchtlosigkeit nicht angesehen hätte. wir, das heißt ich
und fünf Rollegen, die wir an einem G^mnasium maturiert hatten, konnten
uns schwer darein finden, in dem kleinen Senior einen großen Heiligen
anzuerkennen und anzubeten, und da wir eines Tages von ihm einen
tüchtigen Rüffel erhielten, beschlossen wir, uns an ihm zu rächen und seine
Furchtlosigkeit auf die j)robe zu stellen.

wir wußten, daß unser Senior parterre wohnte und stets bei
offenen Fenstern den Schlaf des Gerechten, oder eventuell auch Bezechten,
schlief. Auf das hin bauten wir unsern j)lan. U)ir sechs beschlossen bei
Nacht bei ihm einzusteigen und ein Geistertänzchen um sein Bett aufzu-
führen. Da unser Senior bekanntlich einen sehr gesunden Schlaf hatte,
und die N.-er polizei ob ihrer wachsamkeit bei Tage berühmt war, so stand
uns kein b)indernis bei der Ausführung unseres planes im wege. N)ie
beschlossen, so gethan. Es war eine mondhelle Nacht, als wir sechs, in
das Linnen der Unschuld gehüllten verschworenen, in die Bude unseres
5eniors einstiegen, uns malerisch um sein Bett gruppierten und etwas zu
tanzen anfingen, — was weder ?3.8 cke ^natre noch ein walzer war.
Doch unser Tanz, der jedem Tanzmeister die Haare zu Berge stehen gemacht
und ihn aus der b^aut hätte fahren lassen, hatte auf unseren Senior
gar keine Nirkung. N)ir mußten zu energischeren lNitteln greifen, und
fingen an, unseren Tanz mit dem schönsten wagnerlärm zu begleiten. Dies
hatte die erhoffte Nirkung. Unser Opfer wacht auf, schaut sich um,

springt mit einem Satz aus dem Bett, reißt das Leintuch herunter-

-hüllt sich darin ein und fängt an--mit uns

zusammen um sein eigenes Bett herumzutanzen. —

Linige Augenblicke waren wir baff vor Ueberraschung, dann brachen
wir in ein homerisches Gelächter aus. Ich konnte frei nach Schiller sagen:
„Lr zählt die b^äupter seiner Lieben und statt sechse zählt er siebenl" Nach-
dem wir uns ausgelacht hatten, was eine ziemliche weile dauerte, nahmen
wir insgesamt unseren weg, diesmal der Rürze halber, durchs Fenster
in die — Rneipe — um dort unsern Senior unzähligemale hochleben zu
lassen. von dem Tage, besser gesagt von der Nacht an, war er auch sür
uns sechs ein Heiliger. Rudolf Hermann.


Verabredung.

Nerteidiger (zum Ange-
klagten): „Sie können nicht
weinen? Gut, so bedecken
Sie nur im rechten Augen-
blick Jhr Gesicht mit den
b^änden, ich bin auch Bauch-
redner und werde für Sie
schluchzenl"

Dffen.

Bräutigam: „Ist es dir
auch nicht zu wenig, daß
ich nur ein Schuster-
geselle bin?"

Dienstmädchen: „ D, durch-
aus nicht; unsere Röchin
hat jetzt einen Feldwebel,
und die hat auch rnit
einem Schustergesellen
angefangenl"

Der entführte Don Zuan.

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