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Meggendorfers humoristische Blätter: Zeitschr. für Humor u. Kunst — 43.1900 (Nr. 510-522)

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https://doi.org/10.11588/diglit.20908#0064
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Lnün a cteux.


2It1e )ungfer (die nach langem Lischen einen Brautigam geangelt): „En^>!ich ZU Zlveii!

Die Rübe.

Militär-tzllmore;ke von Freiherr ». Schlicht.

eutnant Wurm war das, was man im allgemeinen und
im besondern „eine Riibe" nennt. Lr trug die Lpau-
lettes nun schon vier Iahre auf seinen Schultern, aber
er hatte sich in dieser Zeit weder innerlich noch äußerlich zu
seinem vorteil verändert. Er war keine bsautS; er war klein
von Fignr, er war fast zu klein für einen Gffizier, der den
großen Mannschaften seines Zuges allein schon durch das Auf-
treten vor dcr Front imponieren soll — groß an ihm war nur
der Aopf, der in gar keinem verhältnis zu den übrigen Ab-

mesfungen seines Aörpers stand, und
noch größer als groß waren seine
Ghren. Nein, er war nicht schön —
um so mehr hatte er nach der Meinung
seines Herrn Vberst die verd—ammte
verpflichtung, in jeder Hinsicht seine
Schuldigkeit zu thun und zu beweisen,
daß man trotz eines solchen Lxterieurs
ein hervorragender Gffizier sein kann.
wurm gab seinem Aommandeur in
gewisser Hinsicht recht, aber vorläufig
dachte er nicht daran, die Lrmahn-
ungen seines vorgesetzten zu befolgen
— dazu war es immer noch Zeit, es
wäre nach seiner Meinung geradezu
unheimlich gewesen, wenn sein Gberst
an einem so jungen Gsfizier, wie er
es war, nichts mehr auszusetzen ge-
habt hätte. Das gab es nicht, dafür
war er ja die Rübe des Gffizierskorps.

wäre lvurm ein gewöhnliches
Muskeltier, ein Musketier gewesen,
so hätte das Urteil seiner vorgesetzten
über ihn gelautet: dick, dumm, faul
und gefräßig; da er aber den Vorzug
hatte, Leutnant zu sein, drückte man
sich über ihn etwas gebildeter aus:
Neigung zur Aorpulenz, wenig beanlagt,
phlegmatisch, starker Esser; das klang
zwar etwas anders, war aber iin
Grunde genommen genau dasselbe.

Für die Untergebenen ist es ein
Glück, oder ein Unglück — es kdmmt
darauf an, von welcher Seite man
die Sache betrachtet — daß die vor-
gesetzten über dieselbe Sache ganz
verschiedene Ansichten haben und so
ging es ihnen auch mit ihrem Urteil
über Leutnant Wurm. Oie einen,
an der Spitze monsieur >s comman-
äeur, der kserr Gberst, hielten ihn für
dumm, die anderen, an der Spitze sein
Major und Bataillonskommandeur,
hielten ihn für äüßerst helle. wie
immer, lag auch hier die wahrheit
in der Uütte: er war keine Leuchte der
wissenschaft, aber er war auch nicht
auf den Aopf gefallen ; er hatte immer
guten Ulutterwitz und zuweilen Lin-
fälle, um die ihn ein weit Alügerer
hätte beneiden können.

Lbenso schlecht wie ihn sein Dberst behandelte, ebensosehr
protegierte ihn sein Major; der that das einmal, um seinen
Aommandeur, mit dem er wie Aatze und ksund stand, so-
weit zu Lrgern, wie es ihm innerhalb der engen Grenzen der
Disziplin und Subordination möglich war, dann aber auch, weil
ihm wurms ganze Art gefiel. Seine Vorgesetzten-Seele war
durch den Uommiß noch nicht so verknöchert, daß sie nicht noch
on Ausnahme-Menschen Gefallen fand.

. wurm war bei scinem Major (die Leute sagen: Matschor)
snkant gätä und wo dieser ihm ein fremdes Aommando, das
zwar nicht immer ehrenvoll war, aber dafür häufig eine Aom-
mando-Zulage einbrachte, „zuschanzen" konnte, that er es und
 
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